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Die Reise in die Dunkelheit

Die Reise in die Dunkelheit

Titel: Die Reise in die Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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Randbereichen.
    Wie so oft wurde ihre Räuberhöhle auch heute wieder von Schmugglern durchquert, die dafür einen stattlichen Wegezoll entrichteten. Jämmerlich quietschend öffneten sich die massiven Flügel des eisenbeschlagenen Tors und ließen eine Prozession gefesselter Frauen und Männer ein – Sklavennachschub für das Imperium der Veganer. Mit Gertenhieben trieben die Männer in den grünen Uniformen die lebende Ware an. Sie hatten es eilig, durch den Tunnel zu kommen, der in gefährlicher Nähe zu den Kontrollposten des Handelsrings verlief. Hinter dem letzten Sklavenhändler ging das Tor sofort wieder zu.
    Als in der Ferne ein Licht aufschien und sich das Dröhnen eines Motors näherte, fanden die Wachposten das nicht weiter beunruhigend. Wahrscheinlich eine Draisine von Schmugglern oder noch eine Karawane der Veganer. Schließlich gab es mehr als genug Gauner, die es vorzogen, die Zollposten der Sadowaja durch dieses Schlupfloch zu umgehen.
    Kurz darauf jedoch kam ein eisernes Ungetüm um die Kurve geschossen, das giftige Rauchwolken an die Tunneldecke spie. Das blendende Scheinwerferlicht und die rasende Geschwindigkeit des Zugs versetzten die Banditen kurzfristig in eine Schockstarre. Diese wenigen Sekunden reichten dem Aggressor, einen Großteil des Schussfelds zu überwinden . A ls die Kämpfer an der Maschinengewehrstellung endlich das Feuer eröffneten, war es bereits zu spät.
    Funken sprühend schlugen die Geschosse im Führerhaus ein und sprengten Fontänen rostiger Späne aus dem morschen Metall. Einer der Scheinwerfer bekam einen Volltreffer ab und zersprang in tausend Scherben. Ein paar Kugeln durchschlugen die Verkleidung des Führerhauses und pfiffen knapp über die Köpfe von Taran und Migalytsch, die sich dort zusammengekauert hatten. Doch die Lok ließ sich nicht mehr stoppen. Mit voller Geschwindigkeit raste der Zug gegen das Tor.
    Der Aufprall war so heftig, dass der Stalker zu Boden geworfen wurde. Obwohl er mit dem Hinterkopf unsanft gegen die Metallwand knallte, bekam er im letzten Moment Migalytsch zu fassen und verhinderte, dass der Alte sich beim Sturz sämtliche Knochen brach.
    Die spröde Barriere aus Holz zersplitterte explosionsartig. Scharfkantige Bruchstücke der Bretterwand flogen wie Geschosse durch die Luft und durchschlugen jeden menschlichen Knochen, der ihnen in die Quere kam. Die Schreie der verstümmelten Heiden hallten durch den Tunnel. Das Tackern des MG s war verstummt.
    »Die Pumpe! Schalt die Pumpe ein!«, krächzte Migalytsch hustend.
    Der Stalker hechtete zum Pult und schaltete die »Waschanlage« ein. Die Tunneldusche spritzte in sämtliche Richtungen . A lles, was in die Nähe des Zugs geriet, wurde mit Benzin übergossen: die vorbeirasenden Tunnelwände, die flüchtenden Bewohner und die Bretterhütten, die von der Lok zermalmt wurden. Die Heiden hatten den Fehler begangen, sie zu nahe am Gleis zu errichten. Das rächte sich nun . A b und zu rumpelte das eiserne Fossil, wenn es die Körper zu spät reagierender Banditen überrollte. Die Räder der Lok färbten sich rot.
    Der Zug fuhr an einem Seitentunnel vorbei. Hier hauste vermutlich der Großteil des Räuberklans. Wie zur Bestätigung sprangen einige Gestalten aus dem Loch und schossen dem Zug hinterher.
    »Das war’s, der Tank ist leer!«, schrie Migalytsch, der sich an einem Geländer festhielt. In seinen Augen tanzten kleine Teufel.
    Taran wusste, was zu tun war. Er nahm die Kalaschnikow von der Schulter, lehnte sich weit aus dem Seitenfenster und schoss, ohne groß zu zielen, eine Brandgranate in den Tunnelschlund. Die Augenblicke dehnten sich zur Ewigkeit. Der dumpfe Knall der Granatpistole, die leicht gebogene Rauchspur, der blendende Lichtblitz und schließlich die ersten Feuerzungen, die an den benzingetränkten Wänden hochschlugen. In Sekundenschnelle verwandelte sich der Tunnel in eine brüllende Feuerhölle.
    Der Anblick war ebenso faszinierend wie beängstigend. Der Stalker hätte dem flammenden Inferno noch länger zugeschaut, wenn ihn nicht die Wucht eines neuerlichen Aufpralls gegen die Wand des Führerhauses geschmettert hätte. Die Rangierlok war gegen die gegenüberliegende Sperrwand gekracht, die das Territorium der Heiden auf der Seite der Dostojewskaja begrenzte. Diesmal blieb der Zug in den Trümmern stecken und der Motor hauchte sein Leben aus.
    Von den halb eingestürzten Holzbrücken des Kontrollpostens gellten unflätige Flüche herab. Gewehrverschlüsse ratschten. Taran

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