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Die Reise in die Dunkelheit

Die Reise in die Dunkelheit

Titel: Die Reise in die Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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Zigarette aus.
    »Du hast mich also erkannt, Taranow. Immer noch so rastlos wie früher. Kommt hier an, putzt sich die Stiefel ab und weg ist er . A lter Gauner …«
    Der ehemalige Chirurg lallte bereits erheblich. Er ließ sich auf sein durchgelegenes Sofa plumpsen, gähnte herzhaft und fing augenblicklich zu schnarchen an.
    Als Tjorty dringend zur Sadowaja gerufen wurde, winkte er ab. Er hatte auch so schon genug zu tun. Erst nachdem man ihn darauf hinwies, dass der Söldner dort aufgetaucht war, legte er seine Unterlagen weg und eilte zum Übergangstunnel.
    Taran sah übel zugerichtet aus. Mit einer Kruste aus Ruß und geronnenem Blut bedeckt und mit verwundetem Arm saß der Stalker am Bahnsteig und stützte den Kopf eines knochendürren Greises, der reglos neben ihm lag.
    »Wo hat es euch denn erwischt?«, erkundigte sich Terentjew, nachdem er verfügt hatte, Sanitäter zu schicken.
    »Wir haben den Heiden einen Besuch abgestattet«, berichtete der Söldner heiser.
    »Was hattest du denn bei denen verloren?«
    »Ich habe nach deinen Terroristen gesucht«, versetzte Taran gallig.
    Die Aderpresse, die er notdürftig angelegt hatte, löste sich von seinem Oberarm. Von Neuem strömte Blut aus der Wunde. Tjorty kniete nieder, band den Arm geschickt ab und schüttelte ärgerlich den Kopf.
    »Diese Barbaren! Ich wollte schon lange mal zur Debatte stellen, wie wir diese sauberen Nachbarn loswerden könnten.«
    »Da bist du ein bisschen spät dran, mein Lieber. Lass die Totengräber rufen. Im Betriebstunnel gibt’s jede Menge Arbeit für sie.«
    Tjorty sah den Stalker ungläubig an. Er wollte schon etwas sagen, doch die herbeigeeilten Sanitäter schoben ihn beiseite und beugten sich über den stöhnenden Lokführer.
    »Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll …«, lobhudelte Terentjew hinter dem Rücken der Weißkittel.
    »Ihm musst du danken«, sagte der Söldner und deutete auf Migalytsch. »Du hättest sehen sollen, wie er die miesen Ratten auf den Grill gelegt hat. Deine Patrouillen wären vor Neid erblasst. Lasst mir den Alten ja nicht hopsgehen, sonst kriegt ihr Ärger mit mir!«
    »Keine Sorge. Den Opa bringen wir schon durch. Kümmer dich lieber um dich selbst. Du musst ins Lazarett zum Verbinden . A m besten, du bleibst ein paar Tage hier, bis …«
    »Geht nicht. Ich hab’s eilig«, unterbrach Taran und hielt einer Krankenschwester den Oberarm hin. »Sei so gut, Schätzchen, und verbinde das gleich hier.«
    Die junge Frau sah entrüstet zu Terentjew.
    »Auf was wartet ihr noch?!«, blaffte der. »Verbandszeug, Alkohol, zack, zack!«
    Während die Sanitäter sich um Taran kümmerten, ging der Stationsvorsteher der Sennaja missmutig auf und ab. Ein vertrauliches Gespräch über den Fortgang der Ermittlungen konnte er für heute vergessen. Der Stalker war nicht in der richtigen Stimmung dafür …
    »Sag mir wenigstens, wo du hinwillst.«
    Taran nahm sein Gewehr, stand auf und bewegte vorsichtig den verbundenen Arm. Sein Blick war unheilvoll.
    »Zum Sklavenmarkt. Ins Imperium der Veganer.«

7
    DIE LINIE 3
    Wenn man gut zwanzig Jahre unter der Erde verbrachte, konnte man sich an alles Mögliche gewöhnen, aber nicht an die Tunnel. Man hätte meinen sollen, dass sie einander glichen wie ein Ei dem anderen, doch weit gefehlt. Sie waren stockfinster oder beleuchtet, moosbewachsen oder nackt, mit Plantagen bestückt oder ausgebrannt, durchgehend oder Sackgassen, bewohnt oder verlassen, trocken oder überschwemmt, kurvig oder gerade, mit Gleisen oder ohne, kurzum: sehr verschieden.
    Unter den fahrenden Händlern zum Beispiel grassierte der Aberglaube, dass die Tunnel ein Eigenleben hätten wie die Arterien eines gigantischen Organismus. Dass sie ihr Aussehen verändern und einen in die Irre führen könnten, mitunter mit tödlichem Ausgang für so manch sorglosen Narren.
    Taran glaubte diese Märchen nicht. Trotzdem bemühte er sich, bei seinen Streifzügen durch die Metro stets wachsam zu bleiben. Selbst wenn er – wie jetzt – auf bekannten Pfaden wandelte.
    Der Tunnel zwischen der Liga und der Plan galt grundsätzlich als sicher. Doch auch hier konnte man unvermittelt in einen Hinterhalt geraten. Im Untergrund wimmelte es von Zombeln, die in alten Lüftungsschächten hausten, und von ausgehungerten Bestien, die im Labyrinth der Schächte nach Nahrung suchten.
    Die Gleisschwellen, über die man im Dunkeln so prima stolpern konnte, verschwammen dem Stalker bereits vor den Augen. Die feuchte, modrige Luft

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