Die Reise ins Licht
dann dem armen Teufel eins auf den Schädel gegeben und ihm die Venen aufgeschnitten. Zur Täuschung. Nebenbei hab ich mich gleich noch gestärkt. Werde mir doch so was Feines nicht entgehen lassen.
Dann merkte ich, dass es mich auch erwischt hatte. Bis zu der Kammer bin ich noch irgendwie gekommen, aber mir fehlte die Kraft, euch Brüdern die Kehle durchzuschneiden. Bei mir ging einfach das Licht aus. Damals hast du mir dazwischengefunkt, Welpe. Der alte Taran wusste wohl, warum er dich mitschleppt …
Am spannendsten war die Geschichte mit dem Fräulein. Das war die reinste Improvisation. Ich hab nur gesehen, wie sich euer Kommandeur mit seinem Messerchen vergnügt. Das Mädchen zu provozieren war eine leichte Sache, genauso wie Kondor im geeigneten Moment umzustoßen. Alles Weitere war eine Frage der Technik. Ein Messer, mein Junge, ist ein gefährliches Ding, das darfst du niemals aus den Augen lassen. Denn wenn es in erfahrene Hände gerät …« Ischkari grinste. »Mir kannst du das glauben.
Später wurde es immer einfacher. In den eigenen vier Wänden kennt man sich schließlich aus. Ich hätte allerdings nicht gedacht, dass Taran den Bunker findet. Aber er war ein hartnäckiger Teufel. Ich wollte schon selbst nachhelfen, aber das war nicht nötig. Alles lief prima, ihr seid nur etwas zu schnell den Schacht hinaufgeklettert, so dass ich es nicht mehr rechtzeitig zum Maschinenraum geschafft hab. Ich hab noch an der Sperre des Aufzugs herumgemacht,
als ihr bereits herausgeklettert kamt. Wenigstens einer ist ertrunken – auch gut.«
Gleb musste an Farids Blick denken, als der Lift nach unten abstürzte, und sah den Sektierer hasserfüllt an. Der trank den letzten Rest aus der Flasche und kickte sie mit seinem Fuß zur Treppe. Wie durch ein Wunder zerbrach sie nicht, sondern schepperte gegen einen Eisenträger und blieb am Rand der Stufe liegen.
»So ist das Leben. Es fließt ständig vor sich hin … Mal den Berg rauf, mal runter. Manchmal auch am Rand entlang. Und dann stürzt es plötzlich in einen Abgrund und zerplatzt in tausend Stücke … Als wir auf die Barkasse zuliefen, wurde mir klar, dass ich den Trupp spalten musste. Taran guckte mich nämlich schon die ganze Zeit schief an. Ich glaube, er hatte mich durchschaut. Nur konnte er nichts beweisen.
Kondor war zu dem Zeitpunkt schon völlig am Ende. Man hätte ihn nur mit dem Finger anzustupsen brauchen, und er wäre zusammengebrochen. Ich konnte mir also absolut sicher sein, dass er auf nichts bestehen würde. Ich brauchte ihm nur die Idee unterzuschieben, und er war sofort bereit, den Rückweg anzutreten. Ich hatte allerdings nicht gedacht, dass Schaman mir folgen würde, aber ohne seinen Chef konnte der anscheinend keinen Schritt machen.
Alles andere war einfach. Die lang erwartete Begegnung mit den ›Kontaktpersonen‹ vor der Küste, das Händeschütteln, die Glückwünsche … Du hättest sehen sollen, wie sich Schaman gefreut hat, wie begeistert er meine Jungs umarmte … bis er ein Messer in seinen Wanst gekriegt
hat. Ein amüsanter Typ. Hat immer wieder nach den Radiosignalen gefragt …«
Gleb hatte den rudimentären Funkspruch, den sie im »Raskat« abgefangen hatten, schon längst vergessen. Auch dieses Rätsel war somit gelöst. Auch wenn sie im Bunker keinen funktionierenden Apparat hatten finden können, hatten die Kannibalen wohl auch hier ihre Hände im Spiel gehabt. Und ganz Kronstadt hätten die Stalker unmöglich durchkämmen können. Der Sektierer hatte sich unterdessen müde auf den Rand eines Batteriegehäuses gehockt und betrachtete interessiert die Pernatsch.
»Eine gute Kanone. Taran hatte Ahnung von Waffen, keine Frage. Ansonsten war er aber ein genauso beschränkter Großkotz wie die anderen. Wenn auch etwas erfahrener. Was ihm freilich nicht allzu sehr geholfen hat.«
»Was ist mit ihm?« Gleb starrte gebannt in das Gesicht des Sektierers.
Der hatte es nicht eilig mit einer Antwort, sondern genoss die Angst im Blick seines Opfers. Dann bleckte er die Zähne und verzog seine Miene zu einer abscheulichen Grimasse.
»Sie haben ihn aufgefressen, was denn sonst …«
Glebs Gesicht war schrecklich anzusehen. Bleich, hohlwangig starrte er mit verlorenem Blick vor sich hin … Mit erstaunlicher Klarheit zogen in seinem Kopf die wenigen Tage vorüber, die er mit dem Stalker verbracht hatte. Dann hörte er plötzlich eine harte, heisere Stimme: Mach ihn fertig!
Es war wie ein Befehl. Der Junge sprang auf die Beine, zog
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