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Die Reise ins Licht

Die Reise ins Licht

Titel: Die Reise ins Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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Fressen gab es nicht genug, aber das Zeug hier gab es im Bunker tonnenweise. Ich hatte gedacht, die Stalker würden herbeilaufen, um mich zu retten, und dann ordentlich was abkriegen. Aber es hat nicht geklappt …«
    Der Sektierer sah den Jungen von der Seite an. In seinen Augen loderte ein unheilvolles Feuer.
    »Eigentlich hättest du als Erster verrecken sollen – dort, im Keller des Konstantin-Palasts. Denkst du etwa, die Luke ist von allein zugeschlagen? Merk dir eins, Junge: Nichts geschieht von allein. Kannst dich bei Taran bedanken, dass er dich gleich vermisst hat, als er aufgewacht ist. So konnte ich nicht mehr die Kellertür öffnen, um den Anschein zu erwecken, du seiest nach draußen gerannt. Also begann er, in dem Keller nach dir zu suchen …
    Später ergab sich dann einfach keine Gelegenheit, euer Kommando auf einen Schlag kaltzumachen. Nur bei dem einen konnte ich mit dem Gewehr ein wenig nachhelfen … Wie hieß er noch gleich? Ach ja: der Belgier. Ich hab ihm eine verbogene Patrone in sein Magazin geschoben. Ich wusste, früher oder später würde es schon klappen. Genauso wie mit dem Geigerzähler von Okun. Als ich bemerkte,
dass er ständig auf irgendwelchen Profit aus war, war mir gleich klar, dass ich ihn dazu bringen konnte, sich unerlaubt von der Gruppe zu entfernen. Die Strahlung im Hafen von Lomonossow ist uns allen längst bekannt. Damals haben wir selbst einiges davon abbekommen. Jedenfalls habe ich ihm alles Mögliche eingeflüstert: von unberührten Depots und Schiffen, die noch nicht ausgeplündert seien. Er hat es mir abgekauft. Und hat noch nicht mal seinen Geigerzähler überprüft. Im Batteriefach gibt es da so eine kleine Feder, weißt du …«
    »Du mieses Schwein!«, brüllte Gleb.
    Er bebte vor Wut. Direkt vor ihm stand dieser Mensch, der so viele unschuldige, anständige Leute umgebracht hatte, und berichtete davon, als wäre es das Normalste auf der Welt. Nein, das war kein Mensch … Er war – etwas Furchtbares …
    Der Sektierer hob die Pistole und wackelte mit dem Lauf vor den Augen des Jungen hin und her.
    »Ältere soll man nicht unterbrechen, Junge. Hat man dir in eurer ach so moralischen Metro etwa keine Manieren beigebracht? Hättest dir ein Beispiel an Dym nehmen können. Das war doch mal ein Intellektueller, wie man ihn noch nie gesehen hat. Hat aber trotzdem ein übles Ende genommen. Du hast wahrscheinlich gar nicht mitbekommen, dass er verrückt nach Nata war? Ich hab das gleich geblickt. Hätte nie gedacht, dass er auf einen solchen Unsinn reinfällt. Damals, auf dem Damm, hab ich ihm zugeflüstert, ich würde sie schreien hören, und er, der Idiot, ist gleich nach unten gesprungen. Sonst hätte er vielleicht überlebt … Psychologie ist Macht, mein Junge. Man muss
die Menschen kennen, damit man sie bei ihren Schwachstellen packen kann. Wie beim Ringkampf.«
    Ischkari leerte die Flasche fast bis zur Hälfte. Seinem trüben Blick nach zu urteilen, hatte er sich schon einen ordentlichen Rausch angetrunken. Verträumt lächelte der Menschenfresser vor sich hin.
    »Ksiwa ist an seiner eigenen Angst zugrunde gegangen. Er war ein Feigling. Ich selbst musste kaum etwas tun. Als wir unser Nachtlager in dem Tunnel unter dem Damm aufgeschlagen hatten, habe ich dur in den Tee gemischt. Das ist so ein Pilz, von dem du Wahnvorstellungen bekommst. Der wächst nicht weit von hier, ein richtig starkes Kraut. Wenn du viel davon nimmst, schläfst du einen Tag lang wie ein Toter, ist es weniger, schickt es dich erst mal auf einen Trip. Man kriegt alle möglichen Visionen. Ich dachte, wenn alle schlafen, sorge ich dafür, dass Schluss ist mit eurer ganzen Expedition. Die ganze Zeit schon hatte ich auf einen geeigneten Moment gewartet, und nun schien es endlich zu klappen …
    Aber dann ist Kondor mir auf den Pelz gerückt – trink, hat er gesagt, und ich musste auch einen Schluck nehmen. Übrigens warst du schuld daran, dass Ksiwa seine Dosis damals nicht ausgetrunken hat. Du hast doch seinen Becher umgekippt, erinnerst du dich? Ich musste also improvisieren. Druck auf seine Psyche machen. Schon bald hatte ich Ksiwa geknackt. Als alle weggenickt waren, hat er sich nach draußen geschlichen. Wahrscheinlich hatte er irgendeine Vision. Ich hinterher. Ich war direkt vor ihm, aber er schien mich gar nicht zu sehen. Mit verschlossenem Gesicht saß er da und brummte vor sich hin. Als würde er
sich mit einem verblichenen Freund unterhalten. Es hatte ihn nicht schlecht erwischt. Ich hab

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