Die Reise ins Licht
Minuten, den Vorstoß der rasenden Geschöpfe aufzuhalten, doch mit einem Mal begann die Erde unter ihren Füßen abzusinken und sich mit einem Netz von Rissen zu überziehen. Die Kämpfer stürzten davon. Inzwischen hatte sich ein dichter Staubschleier gebildet. Gleb rannte seinem Meister nach, immer im Bogen um die riesigen Löcher herum. Links von sich erblickte er den Belgier, doch schon im nächsten Augenblick verschwand plötzlich die Erde unter dessen Füßen, das Gewehr fiel ihm aus der Hand und er stürzte in eine tiefe Grube. Nicht weit von ihm tauchte eine weitere Kreatur auf. Energisch grub sich der Maulwurf durch den lockeren Boden und näherte sich mit kräftigen Zügen seinem Opfer.
Alles passierte sehr schnell. Während Gleb noch nach den Stalkern rief und seine Pernatsch hervorzog, fischte der Belgier seine FN F2000 aus der Erde. Der Abzug klickte, doch das komplizierte Gewehr hatte zu viel Dreck geschluckt und funktionierte nicht. Eine Krallenhand schoss heran und warf den Kämpfer um. Ein widerliches Knirschen ertönte – die riesigen Kiefer hatten den Kämpfer blitzschnell in der Mitte durchgebissen.
»Sanja! Sanja-a-a!«
Okun, der hinzugeeilt war, wollte sich geradewegs in den Trichter stürzen, doch Dym schaffte es gerade noch, ihn am äußersten Rand des Abhangs aufzufangen. Er zog Okun nach oben, drückte ihn fest an sich und ließ ihn nicht los.
»Zu spät, Bruder, lass gut sein! Du kannst ihm nicht mehr helfen!«
Okun schlug in der mächtigen Umarmung des Mutanten wild um sich, doch dann sank er auf einmal kraftlos zu Boden und begann zu lamentieren: »Und ich hab dem Idioten noch gesagt: Schmeiß das zimperliche Importzeug weg. Die Kalaschnikow macht doch alles mit. Aber dieses Arschloch wollte es unbedingt so haben …«
Der Junge aber bekam das nicht mit. Während das Tier dort unten hin und her zuckte und seine Beute zerkaute, brüllte Gleb Verwünschungen und feuerte wild drauflos, obwohl er begriff, dass dies nichts mehr ändern würde. Und während er auf den Maulwurf schoss, hatte er plötzlich wieder das längst vergessene Gefühl, einen nahen Menschen zu verlieren – obwohl er den Belgier doch erst seit wenigen Tagen gekannt hatte. Dann tauchte sein Meister aus der Staubwolke auf und zog den Jungen mit sich.
»Vorwärts, wir müssen weiter!«
Die Petersburger Chaussee betraten sie erst wieder kurz vor Peterhof. Der Trupp marschierte in völligem Schweigen. Sogar der ansonsten so geschwätzige Ksiwa hielt sein Schandmaul. Kondor und Taran waren erneut aneinandergeraten. Gleb hatte ihr erregtes Gespräch noch immer im Ohr. Die harten Worte des Meisters hatten ihn, wie immer, unangenehm berührt.
»Hätte er getan, was ich gesagt habe, würde er noch leben. Es war ganz allein seine Entscheidung. Eine Lektion für die anderen.«
Hart, aber gerecht. Vielleicht waren die Stalker deshalb so still geworden und folgten exakt den Anweisungen des
Wegführers. Beim Anmarsch auf die Stadt mussten sie ihren Schritt beschleunigen. Etwa einen Kilometer führte eine enge Schneise durch einen dichten Wald. Zwischen Bruchstücken von Asphalt wellten sich knorrige Baumwurzeln. Giftig-grüne Äste peitschten gegen ihre Helme. Ständig regte sich etwas in dem dichten Gestrüpp, huschten seltsame Schatten vorbei. Gleb wurde immer unheimlicher zumute. Er hielt sich dicht hinter seinem Meister und blickte immer wieder nach allen Seiten.
Endlich tauchten weiter vorn Gebäude auf. Besser gesagt: das, was von ihnen übrig war. Die Vegetation drang von allen Seiten vor; die Stadt glich jetzt haargenau den Bildern aus dem Buch über die Maya-Indianer und ihre Tempel, das Nata, Glebs hinkende Freundin von der Moskowskaja , besaß. Nach einer Weile hielt Taran den Trupp an und verschwand im Treppenaufgang eines nahe gelegenen Hauses. Inzwischen rückten die Gefährten entsprechend seinen Instruktionen langsam weiter vor. Einige Minuten später erblickte Gleb seinen Meister auf einem Dach. Der Stalker schraubte den länglichen Zylinder eines Schalldämpfers auf sein Präzisionsgewehr. Gleb blickte sich um, bemerkte aber nirgends etwas Gefährliches. Ein lautes Geräusch vom Dach des Nachbargebäudes ließ die Kämpfer ihre Sturmgewehre heben. Einen Augenblick später stürzte ein angeschossener Wolfsmensch vor die Füße von Bruder Ischkari. Der Sektierer sprang erschrocken beiseite und fing an, vor sich hin zu jammern.
Der Junge schaute zurück. Taran zielte erneut. Die gewaltige Waffe
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