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Die Reise ins Licht

Die Reise ins Licht

Titel: Die Reise ins Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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die Leichen von Kondor und Schaman! Gleb traute seinen Augen nicht, als er beobachtete, wie ihre Köpfe willenlos von einer Seite auf die andere baumelten. Hinter ihnen zog sich eine blutige Spur über die Erde.
    Einer der Fremden trat plötzlich an Kondors Körper heran und zog ein Fleischmesser. Die breite Klinge blitzte auf … Der Junge wandte sich ab, außerstande, das weitere Geschehen zu verfolgen. Als er es dennoch wieder wagte, hinzuschauen, blieb sein Blick wie von selbst an der Wunde, die an der Seite des Stalkers klaffte, hängen.
    Der Mensch, der auf Kondor eingestochen hatte, stopfte etwas in seinen Mund und riss mit den Zähnen daran … Fleisch?!
    Das … Das waren Kannibalen!
    Gleb wurde übel. Er hatte schon von solchen Dingen gehört, doch dies war das erste Mal, dass er so etwas zu sehen bekam. Der Junge riss sich die Maske vom Gesicht
und schnappte nach Luft. Die widerwärtige Szene stand vor seinen Augen und wollte nicht verschwinden. Sein Bewusstsein weigerte sich, das Geschehene zu akzeptieren. Sogar in den härtesten Zeiten des Hungers hatte es an der Moskowskaja niemals Kannibalismus gegeben. Die Bewohner hatten sich mit gekochten Pilzen durchgeschlagen, niemals aber hatten sie Derartiges gemacht.
    Das waren sie also – die »Kontaktpersonen« …
    Wie sich herausstellte, war alles viel einfacher, aber auch weitaus schrecklicher, als Gleb es sich ausgemalt hatte. Sein Traum zerschellte in kleinste Bruchstücke, doch der Junge weigerte sich beharrlich, sich seine Niederlage einzugestehen. Der Wunsch, zu der Quelle des Lichts zu gelangen, wurde geradezu unüberwindlich.
    Gleb erstarrte. Gänsehaut lief plötzlich über seinen Körper. Der Kannibale, der sich eben eine Portion »Frischfleisch« geholt hatte, stand jetzt unbeweglich da und schaute gebannt zu dem Kran herüber. Hatte er ihn bemerkt? Sein blutverschmierter Mund bleckte schreckliche Zähne, und seine Atmung ging schnell, wie bei einem Tier, das Beute wittert. Nichts Menschliches war in den Zuckungen, die von Zeit zu Zeit durch seinen Körper liefen.
    Gleb hob die Pistole. Wie hatte Taran es ihn gelehrt? Ausatmen, zielen, den Moment zwischen zwei Herzschlägen abwarten und weich den Abzug drücken.
    »Schau in deine Seele, Bastard, und erkenne, ob du bereit bist, den Rubikon zu überschreiten.«
    Die Pernatsch zuckte und schlug gegen seine Hand. Der Kopf des Kannibalen wurde nach hinten geschleudert, auf seiner Stirn prangte ein Loch, und sein Hinterkopf zersplitterte
mit einer Fontäne aus Blutspritzern. Einen Moment blickte das restliche Lumpenpack die Leiche ihres Artgenossen an, dann heulten sie auf und stürzten auf das Dickicht des hohen Grases zu. Zitternd kroch der Junge die rostigen Träger entlang, kletterte über einen Haufen von Eisenbetonplatten und rannte an der Wand des niedrigen Hangars entlang weiter. Wie ein Blitz durchfuhr ihn die Erkenntnis, dass sich seine Verfolger in der Uferzone verteilt hatten, um ihn in die Zange zu nehmen.
    Gleb stolperte über eine Wurzel, die aus der Erde ragte, und rollte in eine tiefe Grube. Schlamm verschmierte die Sichtgläser und machte ihn orientierungslos. Doch dies kam ihm jetzt sehr gelegen. Er versuchte, sich noch tiefer in die heftig stinkende Brühe zu graben und erstarrte. Er hörte sein Herz rasen. Seine Lungen zersprangen von dem ständigen Laufen mit der Atemmaske.
    Langsam, um sich nicht zu verraten, hob der Junge seine Hand und wischte sich die Sichtgläser ab. In dem geisterhaften Mondlicht sah er schemenhaft, dass die Grube mit Knochen und Schädeln übersät war. Es waren Menschenknochen. Schreiend fuhr Gleb auf und versuchte, sich mit den Beinen freizustrampeln. Wie zum Trotz versanken seine Arme fast bis zu den Ellenbogen in dem Schlamm, bis sie auf etwas Hartes stießen. Unter seinen Stiefeln knirschte es abscheulich.
    An seinem Kopf rauschte ein Pflasterstein vorbei und klatschte in die trübe Brühe. Ein weiterer Stein traf ihn schmerzhaft am Bein und ließ ihn erneut zu Boden stürzen. Obwohl der Kevlarschutz den Aufprall dämpfte, fühlte sich sein Bein taub an. Am Rand des Abhangs war undeutlich
die Silhouette eines Kannibalen zu erkennen, der ein langes Seil abwickelte. Rutschend und stolpernd tauchte der Junge in ein Sammelrohr ab, das durch einen Hügel zum nächstgelegenen Hangar führte, und kroch rasch weiter. In dem Rohr war es absolut finster, und das aufspritzende Wasser stank furchtbar. Der Junge blickte sich um und seufzte erleichtert. In der

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