Die Reise nach Gadaron (German Edition)
Gegensatz zum Amulett, geradezu banal. Man musste nur den Sand hindurch laufen lassen. Das Besondere aber war, dass währenddessen die Zeit für etwa fünf Minuten still stand. Nur nicht für den, der die Sanduhr berührte. Der Haken an der Sache war allerdings, dass man den Effekt nur einmal herbeiführen konnte. Danach brauchte die Sanduhr mindestens eine Stunde, bevor sie erneut eingesetzt werden konnte. Das war auch das Hauptproblem, im ersten Teil des Planes. Kona und Salan hatten sich, so weit wie möglich , an den Morganentempel heran geschlichen. Ihr Ziel war ein Seiteneingang des Komplexes, der relativ unbenutzt aussah. Um den zu erreichen, mussten die beiden eine Strecke von etwa zwei Kilometern zurücklegen, ohne entdeckt zu werden. Ein Kampf wäre Wankall und seinen Gehilfen sicher aufgefallen. Und sie hatten Larina als Geisel. So konnten sie Kona und Salan leicht zur Aufgabe zwingen. Die beiden mussten also unerkannt in den Tempel eindringen. Dafür gab es nur diese eine Möglichkeit.
„Es ist ganz schön weit“, meinte Salan.
„Ich weiß.“
„Wir werden ziemlich schnell laufen müssen.“
„Weiß ich auch.“
„Wir haben nur fünf Minuten.“
„Schon klar.“
„Dann los!“
Gemeinsam nahmen sie die Sanduhr in die Hände und drehten sie um. Mit den ersten Sandkörnern, die durchs Glas rieselten, begann der Zauber zu wirken. Der Wind erstarrte. Eben noch durch die Luft segelnde Vögel, schienen im Flug eingefroren zu sein. Auch die Morganen blieben in der Zeit stecken. Sie verharrten mitten in ihren Bewegungen und wurden zu bizarren Skulpturen. Kona und Salan hatten jedoch keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Sie sprangen auf und rannten, so schnell sie konnten, auf ihr Ziel zu. Einigen erstarrten Morganen mussten sie ausweichen und verloren so wertvolle Zeit. Als fast alle Sandkörner hindurch gerieselt waren, lagen noch fast hundert Meter zwischen den Freunden und dem rettenden Seiteneingang.
„Schneller, Salan, schneller!“, hechelte Kona. Salan wollte antworten, konnte aber nur keuchen . Beide holten noch einmal das Letzte aus sich heraus, und tatsächlich, als das allerletzte Sandkorn durchs Glas rieselte, stürmten sie durch den Seiteneingang des Morganentempels. Im selben Moment wurde der Zeitstopp aufgehoben und alle erstarrten Morganen erwachten wieder zum Leben. Hätte einer von ihnen zum unbewachten Seiteneingang gesehen, hätte er vielleicht noch die Hacke von Konas Stiefel oder einen Zipfel von Salans Umhang gesehen. Das schien jedoch vom Schicksal nicht vorgesehen zu sein, und so blieben die Freunde unbemerkt. Sie schlossen die Tür hinter sich und versuchten wieder zu Atem zu kommen.
„Alles klar?“, fragte Kona.
„Ich glaube schon“, flüsterte Salan. Er schien seine Stimme verloren zu haben. Doch Kona gönnte ihm keine Pause. „Weiter geht’s! Wir haben nicht viel Zeit.“ Er zog den Kompass des Suchers hervor. „Zeig mir den Weg zu Larina!“ Die Kompassnadel begann sich zu drehen und stoppte dann in einer Position. Die angegebene Richtung wies in einen der vielen abzweigenden Gänge.
„Aufstehen Salan! Wir haben eine Richtung!“
Salan erschien noch immer sehr erschöpft, widersprach aber nicht und die beiden eilten in den, vom Kompass angegebenen Gang. Die Flure der Morganenfestung waren lang und weit verzweigt. Ohne den Kompass hätte es Stunden gedauert, ehe sie den richtigen Weg gefunden hätten. So kamen sie jedoch schnell voran. Zum Glück begegneten sie kaum jemandem. Nur wenige Diener kreuzten ihren Weg. Die bemerkten sie aber früh genug, um sich rechtzeitig verstecken zu können. Wahrscheinlich warteten alle Morganen beim Heiligen Feuer, um bei der Opferung Larinas dabei sein zu können, und das als ihren größten Triumph zu feiern. Kona wollte nicht weiter darüber nachdenken, sonst könnte er nicht mehr konzentriert bei der Sache sein.
Schließlich erreichten sie den Turm, in dem das Weiße Feuer darauf wartete, sein schreckliches Werk zu tun. Das Gebäude stand in einem Hof aus weißem Stein und hatte sieben Tore. Alle waren fest verschlossen.
„Wahrscheinlich sind die wichtigsten Morganen schon drin, um bei der Opferung dabei zu sein.“
„Alles klar“, meinte Kona. „Du kennst den Plan. Ich gehe rein und lenke sie ab. Du gehst durch einen anderen Eingang hinein und nimmst das hier mit.“ Er zog den Lederbeutel hervor, in dem der Dolch des Mörders steckte. „Der wird dafür sorgen, dass dich niemand sieht, niemand hört
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