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Die Reise Nach Helsinki

Die Reise Nach Helsinki

Titel: Die Reise Nach Helsinki Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Gibiec
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dachte darüber nach, ob er das
tun sollte.« Sie schluchzte und biss sich in die Fingerknöchel.
»Jetzt fällt mir etwas ein, was er vor seinem Tod gesagt hat, ich
habe das überhaupt nicht ernst genommen. Ich habe das Gefühl, mit
mir geht es nicht mehr lange, das hat er gesagt, wortwörtlich. Er
muss eine Todesahnung gehabt haben.«
    »Hatten Sie das Gefühl, dass er sich
bedroht fühlte?«
    »Nicht direkt, nicht von Personen,
jedenfalls hat er nie etwas darüber gesagt. Er hatte Kummer wegen
Onkel Eli und was weiß ich, weshalb sonst noch, er fühlte sich
schwach und krank, wie Tante Louise schon sagte, das Herz, der Arzt
wollte ihn zur Erholung schicken. Ich dachte, dass sich seine
Todesahnung darauf bezog. Inzwischen denke ich natürlich auch, dass
es noch etwas anderes gewesen sein muss.«
    Louise sah in ihren Schoß, sie war
weiter zusammengesunken.
    »Fräulein Brüninghaus, wenn Sie
etwas wissen, müssen Sie heraus damit. Sie machen sich strafbar,
wenn Sie mit Informationen hinter dem Berg halten.«
    Der Sergeant legte Strenge in seine
Stimme, Louise sah nicht auf.
    »Ich bin hier nur die unverheiratete
Schwester, was soll ich denn schon wissen. Ich schwöre Ihnen, dass
ich alles gesagt habe. Wir haben hier im Haus zum Teil auch
nebeneinander hergelebt, mein Schwager war oft sehr für sich und
machte viele Dinge, von denen wir nichts mitbekamen. Und sein
finnisches Leben lag für uns eigentlich vollkommen im Dunkeln,
genau wie Anna sagt. Alles, was vor seiner Ankunft in Elberfeld
war, hat er nur ungenau beschrieben, er erzählte viele einzelne
Anekdoten aus Finnland, aber ein richtiges Bild bekam man dadurch
nicht.«
    Louise sah aus, als würde sie gleich
zusammenbrechen, aber Blank ließ nicht locker. »Was wissen Sie noch
über die Ehe der Salanders? Sie scheint nicht gut gewesen zu sein,
in den letzten Jahren sind sie nicht mehr miteinander ausgegangen,
sagen die Nachbarn, die wir befragt haben, es gab ja auch wohl viel
Streit.«
    »Das stimmt, es stand nicht mehr zum
Besten. Ich denke, sie waren einfach zu verschieden. Meine
Schwester hat ja die etwas schwerblütige bergische Natur unserer
Mutter geerbt, die vertrug sich immer weniger mit seiner
humorvollen Art und seinem Temperament. Außerdem trank er viel in
der letzten Zeit, das hat Emma natürlich nicht
gefallen.«
    »Würden Sie sagen, dass die beiden
sich gehasst haben?«
    »Hass ist sicherlich der falsche
Ausdruck, eher würde ich sagen, sie waren sich gleichgültig. Wenn
Sie darauf hinauswollen, dass meine Schwester Grund oder die
Absicht hatte, ihn umzubringen, so kann ich mir das ganz und gar
nicht vorstellen. Er ging ihr manchmal auf die Nerven, das ist
wahr, aber Hass ist ganz bestimmt das falsche Wort. Und wenn sie
froh wäre, dass er tot ist, würde sie sich bestimmt nicht mit einer
so ernsten Nervenkrise im Krankenhaus befinden.«
    Louise stand auf und hielt sich am
Tisch fest, sie war bleich. »Ich würde mich gerne hinlegen, Herr
Kommissar, mir ist gar nicht gut. Diese Sache war einfach zu viel
für mich, ich bin vollkommen am Ende.«
    Anna, deren Gesicht fleckig vom
Weinen war, brachte Louise zur Tür und vergewisserte sich, dass sie
wohlbehalten in ihr Zimmer kam.
    »Es ist absurd, wie sie ihre Rolle
darstellt«, sagte sie dann zu Hugo, »wie klein sie sich macht. Sie
war ein vollwertiges Mitglied dieses Hauses. Mein Vater hat ihren
Rat und ihre Arbeit hoch geschätzt, er liebte sie und hing an ihr,
wir alle tun das.«
    Sie sah Hugo mit schwimmenden Augen
an. »Wir haben sie nicht immer gut behandelt, wir haben ihr vieles
aufgebürdet, wir haben alle gedacht, sie hält was aus. Immer nur
haben wir an uns selbst gedacht.«
    Anna brach wieder in Tränen aus und
sank an die Schulter des Sergeanten, der neben ihr auf der
Chaiselongue saß.
    *
    Die Untersuchung des Päckchens
ergab, dass es tatsächlich einen finnischen Poststempel vom 6. Mai
trug, auch die Kordel und das Papier waren in Deutschland nicht
gebräuchlich. Auffällig war die Adresse, die in einer kindlichen
Handschrift geschrieben und so formuliert war, als sei sie von
einer Zeitungsanzeige abgeschrieben worden. Auf der Schnapsflasche
fand Sergeant Blank Fingerabdrücke von Pekka und zwei weiteren
Personen, die mit keinem der Beteiligten aus Elberfeld identisch
waren.
    Die Obduktion ließ keinen Zweifel
daran, dass Pekka Salander durch Zyankali ums Leben gekommen war,
das sich in der Flasche aus Finnland befunden hatte. Anscheinend
hatte er gierig und ohne nachzudenken

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