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Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Bärtschi
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bloß den Kopf und strebte dem Ausgang zu. Martin warf nochmals einen Blick auf den Sarg. Die Kommandantin lag nun auf dem Rücken und es dünkte ihn, sie blicke ihm direkt in die Augen.
    »Aber sie lebt«, rief er Eliane nach. »Ich bin sicher, dass sie lebt!«
    »Quatsch, Martin, du bildest dir das nur ein.« Sie war stehen geblieben und hatte sich umgedreht. Schneekörner tanzten zwischen ihnen und Martin musste sich an einer Sessellehne festhalten, um nicht vom Wind umgeweht zu werden. Der Saal war zu einer Terrasse geworden, auf der sie dem eisigen Wind und dem Schnee schutzlos ausgesetzt waren.
    Doch Martin war noch nicht bereit, aufzugeben. Für ihn gab es keinen Zweifel. Ja, sagte er sich, er hatte es vom ersten Augenblick an gewusst, als er die Frau gesehen hatte, die so sehr der Kommandantin von Fort Tesla glich: Sie lebte. Er betätigte noch einmal den kleinen Hebel auf der Konsole des Sessels, mit dem er unabsichtlich den Sarg geöffnet hatte. Auch jetzt schwang der Deckel auf. Doch diesmal war es draußen so kalt wie drinnen. Auf ihrem Gesicht bildeten sich keine feinen Kristalle mehr. Im Gegenteil, er glaubte, kleine Schweißperlen auf ihrer Stirn zu sehen. Sich am Tisch festhaltend näherte er sich dem Sarg und kniete davor nieder. Aus den Augenwinkeln bemerkte er, dass Eliane wieder zurückkam. Doch dann wurde seine Aufmerksamkeit voll und ganz von der Frau im Sarg beansprucht. Er sah, wie plötzlich Leben in ihre offenen Augen zurückkehrte. Sie blinzelte und tat einen tiefen Atemzug. Martin fuhr erschrocken zurück.
    »Was ist geschehen?« Ihre Stimme war im Heulen des Windes kaum zu vernehmen.
    Martin brachte kein Wort hervor. Doch inzwischen hatte sich Eliane gegen den Wind zu ihm durchgekämpft und kniete an seiner Seite.
    »Wir sind in der Eisebene abgestürzt. Wer sind Sie, Milady?«
    »Martha von Tromsø, Mitglied des Hohen Rates von Stonehenge und Kommandantin der Luftinsel. Wer sind Sie, Milady?«
    »Mein Name ist Lady Eliane und der Gentleman an meiner Seite ist Thomas Dampfbusch. Wir sind unterwegs nach Orb und hatten auf der Durchreise eine Unterredung mit dem Hohen Rat.«
    »Der Hohe Rat? Sie meinen wohl die mechanischen Wächter?«
    »Wir können nachher darüber sprechen, Milady. Jetzt sollten wir von hier verschwinden und uns ein sicheres Plätzchen suchen.«
    Martin und Eliane wollten der Kommandantin beim Aufstehen helfen. Doch erstaunlicherweise war sie nicht etwa schwach auf den Beinen, wie man das von einer wiedererweckten Toten annehmen würde. Behände kletterte sie aus ihrem Sarg und gemeinsam liefen sie zum Ausgang, der in den Korridor führte. Dort trafen sie auf ein Chaos von Mechanischen, die aus ihren Nischen gefallen waren und kreuz und quer übereinander lagen. Sie kletterten über die leblosen Roboter hinweg und Martha von Tromsø übernahm die Führung.
    »Unten an der Treppe führt ein Seitengang in die Sicherheitszentrale und den Maschinenraum. Es ist der am besten geschützte Platz an Bord«, erklärte sie und eilte die prunkvolle Treppe mit dem Edelholzgeländer hinunter.
    »Wenn Tote auf diese Weise zum Leben erwachen, stimmt etwas nicht«, flüsterte Eliane Martin ins Ohr. »Wir müssen uns vorsehen.« Dann lief auch sie die Treppe hinunter. Martin folgte in Gedanken versunken. Welches Geheimnis verbarg sich hinter der Auferstehung der Kommandantin? Und was hatte sie mit den ‚Mechanischen Wächtern‘ gemeint? Die ausgeschalteten Roboter in ihren Nischen?
    Die harte Landung der Luftinsel hatte diese offenbar nicht so stark beschädigt, wie er befürchtet hatte. In dem Gang, der zur Sicherheitszentrale führte, brannte noch elektrisches Licht. Auch in der Zentrale angekommen, waren keine Schäden sichtbar. Dafür erregte etwas anderes Martins Aufmerksamkeit. An den Wänden waren zwischen Hebeln, Schaltern und Stellrädern überall runde Fenster angebracht, wie die Bullaugen eines Schiffes. Doch es waren keine Fenster, durch die man einen Blick auf die schneeweiße Eiswüste werfen konnte. Es handelte sich um Bildschirme und die meisten davon waren in Betrieb. Sie zeigten Szenen aus dem Innern der Insel. Auf einem war auch der Korridor mit den Mechanischen zu sehen, die aus ihren Nischen gestürzt waren.
    »Ich fresse einen Besen«, entfuhr es Martin. Wie war es möglich, dass eine Zivilisation, die die Elektrizität kaum über die Glühlampe hinaus entwickelt hatte, über Bildübertragung verfügte? Auch mit der besten Feinmechanik war das nicht zu

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