Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

darauf zuflog? Wohl kaum, überlegte er, denn sie flogen weit langsamer als mit Lichtgeschwindigkeit. Sonst hätte er den Weltraum nicht so wahrnehmen können.
    »Da erschien plötzlich ein Schremp mitten in der Kuppel. Martin erschrak. Die sechs Augen des Schremp sahen ihn an, doch er spürte nicht den Ansatz eines Hypnoseversuchs. Ob die Schremp früher nicht über dieses Talent verfügt hatten? War die Hypnosefähigkeit eine Begleiterscheinung ihrer Degeneration?
    »Wir haben ein Problem. Wir brauchen mehr Reparateure«, sagte der Schremp. Aktiviere die Reserve.«
    Was sollte er tun? Er hatte keine Ahnung, wie er die Reserve der Mikromechanischen aktivieren sollte. Aber vielleicht brauchte er gar nicht aktiv an der Illusion teilzunehmen, dachte Martin. Dann sagte er aus einer Eingebung heraus: »Die Reserve ist aktiviert, Sir.«
    Die Illusion verschwand, wie sie gekommen war. Sie hockten alle wieder am runden Holztisch vor dem hell erleuchteten Kristallpalast. Vor Ihnen auf dem Tisch stand der Mikromechanische und seine Optik wanderte vom einen zum anderen.
    »Hallo, mein Freund Martin«, sagte er. »Dann hat es also doch geklappt.«
    Martin schaute ihn verständnislos an.
    »Geklappt? Hattest du das denn so geplant? Wer hat dich ausgeschaltet, verpackt und an uns geschickt?«
    »Ich selbst, wer schon. OK, beim Verpacken und Versenden hatte ich die Hilfe einer freundlichen Lady.«
    »Aber wieso hast du das gemacht? Du hättest ja einfach so zu uns kommen können, wie du bist, ohne dich auszuschalten und in eine Schachtel zu legen.«
    »Ich bin klein und deshalb nicht so schnell. Außerdem werde ich gesucht.«
    »Aha«, machte Martin und das kleine Luftschiff vor dem Fenster in Victoria fiel ihm wieder ein. »Andere Mikromechanische suchen nach dir. Was hast du denn angestellt?«
    »Sagen wir es so: Ich bin ausgerissen, um die Welt zu sehen. Der Æther ist nicht alles.«
    »Und wieso bist du zu uns gekommen?«
    »Zu dir, Martin. Ich bin zu dir gekommen, weil du mein Freund bist.«
    Martin war gerührt ob dieser Sympathiebekundung des kleinen Roboters.
    »Ja, du bist mein Freund«, bestätigte er.
    »Dann nichts wie weiter«, sagte Eliane. »Fahren wir nach Orb.«
    »Darf ich mit euch kommen?«, fragte der pelzige Illusionist.
    »Bitte nehmt ihn mit. Die Pelzigen waren immer unsere Freunde«, bat der Mikromechanische, »auch wenn sie uns manchen Streich gespielt haben.«
    »Gut«, entschied Eliane. »Aber halte dich zurück mit imaginieren.«
    »Wie heißt du eigentlich?«, wollte Martin wissen.
    »Man nennt mich den Einsamen Palastwandler.«
    »Und du, mein mikromechanischer Freund? Hast du auch einen Namen?«
    »Nein, nur eine Artikel- und eine Seriennummer.«
     

 
    DAS EMPFANGSKOMITEE
     
    Der Autoplan startete problemlos und der zweite Teil der Fahrt verlief ohne erwähnenswerte Vorkommnisse. Eliane schlief und der Palastwandler schnurrte wie eine Katze. Martin unterhielt sich leise mit dem Mikromechanischen. Dabei stellte sich heraus, dass der kleine Roboter älter war als die Besiedlung des Planeten. Er hatte auf dem Raumschiff der Alten im Triebwerkunterhalt gearbeitet und die Notlandung auf Tiffany miterlebt. Die Mikromechanischen verfügten nicht über die Technologie, sich selbst zu reproduzieren und so blieb ihre Zahl fast stabil. Ausfälle habe es nur wenige gegeben, erklärte der Kleine. Sie seien sehr langlebig und extrem robust gebaut.
    Als ein rotes Warnlicht auf der Instrumententafel des Autoplans aufleuchtete, legte Martin einen Schalter um und zog sachte an einem Hebel: »Wir nähern uns Orb. Gemäß Doktor Dampfeisen müssen wir jetzt abbremsen.«
    »Geschieht dies nicht automatisch?«, fragte der Mikromechanische.
    »Darauf möchte ich mich nicht verlassen.«
    Der Autoplan verringerte seine Geschwindigkeit und ein Quietschen verriet, dass seine Ballonreifen die Straße berührten. Aber es dauerte noch eine ganze Weile, bis deren Ende in Sicht kam. Doch dann versperrte eine Wand die Weiterfahrt und Martin brachte das Gefährt endgültig zum Stehen. Die Dampfturbine lief aus und das Licht der Scheinwerfer erlosch. Trotzdem wurde es nicht ganz dunkel. An der gewölbten Decke am Tunnelende verbreiteten einige Glühbirnen ein schummriges Licht.
    Eliane und der Palastwandler waren aufgewacht und die Reisegesellschaft verließ den Autoplan und vertrat sich die Beine.
    »Eigentlich hätte ich ein Empfangskomitee erwartet«, sagte Martin. Hier sollte ja ein Vorposten des Mechanikums sein. Der ist doch