Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)
daran gehindert, mich zur Tür zu schleppen. Du passt nicht in ihr Schema.«
»Vorhin haben sie dich zum Springen aufgefordert. Wieso bist du ihrem Befehl nicht gefolgt? Wirst du etwa auch immun?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht hängt es mit meinem defekten Fuß zusammen. Aber vielleicht auch mit dem Wasser, das die Schremp schlecht vertragen. Möglicherweise wurden sie dadurch geschwächt.«
»Aber was tun wir jetzt? Wir sitzen in der Falle. Die Ingenieurskabine hat keinen anderen Ausgang. Abgesehen davon, werden wir von einem Zug der Mechanischen verfolgt.«
»Ja, das habe ich mitbekommen und das ist seltsam. Ich konnte alles hören und sehen, was um mich herum passiert ist. Normalerweise nimmt man nichts wahr, wenn man in ihrem Bann steht. Komm, wir gehen runter in die Kabine, es gibt dort vielleicht eine Möglichkeit, aus dieser Falle zu entwischen.«
»Sie steht noch halb unter Wasser, ich habe nicht alles abgelassen, um die Schremp abzuhalten. Wird das dein Fuß aushalten? Und was ist mit dem Mikromechanischen? Wir können den Kleinen nicht einfach im Stich lassen.«
»Etwas mehr oder weniger Wasser im Fuß spielt jetzt auch keine Rolle mehr, und was den Mikromechanischen anbelangt: Er hat von den Schremp nichts zu befürchten. Für ihn wird es erst kritisch, wenn es den mechanischen Rebellen gelingt, unsere 411er zu entern.« Eliane löste sich von ihm und hangelte sich die Treppe hinunter. Er folgte ihr mit der Angst im Nacken, dass es den Schremp doch noch gelingen würde, die Tür von außen zu öffnen.
Die Kabine stand immer noch halb unter Wasser. Es reichte ihnen bis zu den Hüften. Rasch drückte Martin die Holztür zu und schob auch hier den Riegel vor. Jetzt hatten sie schon zwei Barrieren zwischen sich und den Schremp. Dieser Umstand beruhigte ihn etwas, obschon die Probleme damit nicht kleiner geworden waren. Er wandte sich dem runden Fenster zu, das einen Ausblick nach hinten erlaubte, und schob die durchnässten Vorhänge zur Seite. Die hinteren Scheinwerfer der Lokomotive brannten noch und beleuchteten den Schienenstrang. Doch die Lokomotive der Verfolger war nicht mehr zu sehen.
»Sie haben sich mit ihren Granaten wahrscheinlich selbst abgeschossen«, vermutete Martin. Die Letzte ist ja praktisch unter oder neben uns explodiert. Vielleicht sogar unter ihrer Lokomotive.«
»Mach dir keine falschen Hoffnungen«, entgegnete Eliane. »Sie sind daran, uns zu überholen.«
»Das ist unmöglich, es gibt ja nur ein Gleis im Tunnel.«
»Wir haben inzwischen die erste Stahldorf-Weiche passiert und ich bin ziemlich sicher, dass sie dort abgebogen sind. Die Weichen lassen sich nämlich von den Lokomotiven aus steuern.«
»Über Funk?«, fragte Martin interessiert. Wenn es um Technik ging, vergaß er oft alles andere.
»Funk? Die Steuerung erfolgt drahtlos über die Teslamaschine, die vorne in der Lok eingebaut ist und funktioniert über mehrere hundert Fuß. Ich denke, sie haben sich zurückfallen lassen und haben dann die Weiche aktiviert. Wenn sie über Stahldorf fahren, gelangen sie kurz vor Stonehenge wieder auf unseren Schienenstrang.«
»Dann bremsen sie uns aus und wir sind so gut wie tot.« Martin war entsetzt. Mit dieser Möglichkeit hatte er nicht gerechnet.
»Genau. Darum müssen wir bis dahin nicht nur den Schremp ein Schnippchen schlagen, sondern auch von dieser Lok verschwinden.«
PLAN B
»Du hast einen Plan?«
»Plan ist übertrieben. Sagen wir, es ist eine Chance.« Sie deutete auf das runde Fenster. »Wir müssen dort hinaus und abspringen.«
»Das schaffen wir nie, der Zug ist viel zu schnell.« Eliane könnte es vielleicht überstehen, dachte er. Sie war viel robuster als er. Doch er konnte sich nicht vorstellen, wie sie mit ihrem kaputten Fuß abspringen wollte.
»Ich sehe im Moment keine andere Möglichkeit. Wir haben noch etwas Zeit, die Lokomotive ist langsamer geworden. Wenn der Mikromechanische bemerkt, dass wir nicht mehr verfolgt werden, wird er das Tempo weiter drosseln. Aber in der Zwischenzeit sollten wir nicht untätig bleiben und du solltest dir mal meinen Fuß ansehen. Ich kann nur abspringen, wenn du es schaffst, ihn zu flicken.«
»Dann müssen wir die Kabine weiter lenzen. Ich kann deinen Fuß nicht unter Wasser reparieren.« Martin tauchte nach dem Ventilrad unter dem Fenster und drehte es auf. Der Wasserspiegel in der Kabine begann zu sinken. Als er unter das Niveau der beiden Betten gesunken war, drehte er das Lenzventil wieder
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