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Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Bärtschi
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und rußgeschwärzt, die brünetten Haare waren verklebt und zerzaust. Sie trug eine Bluse, die wohl mal weiß gewesen war, und dazu schwarze Lederhosen wie Eliane. Allerdings ohne Rock. Ihre Beine waren ausgesprochen muskulös, vermutlich vom vielen Laufen im Tretrad.
    »Sie treibt die Draisine an?«, staunte Martin. »Ist diese Arbeit nicht zu anstrengend für eine Frau?«
    »Sie hat keine andere Wahl.« Thomas lächelte wieder wie ein Kaninchen. Seine Augen waren dabei die pure Unschuld.
    »Sie ist deine Sklavin? Du hast sie im Tretrad eingesperrt?« Martin war empört. »Das ist doch gegen die Menschenrechte!«
    »Sie rennt ihre Schulden ab. Das ist besser, als zu sterben. Denn wenn einer zu viele Schulden hat, dann können sie nur noch mit Blut getilgt werden. Und was die Menschenrechte angeht, junger Mann, so gibt es hier unten nur eines: das Recht auf einen anständigen Tod.«
    »Du bist ein verdammter Schweinehund«, rief Alexandra aus dem Hamsterrad. »Ich habe meine Schulden schon längst abgestrampelt.«
    »Du vergisst die Dampfskier, Alexandria«, entgegnete Thomas freundlich.
    Als sie alle auf die Draisine geklettert waren, trat Thomas ans Tretrad und gab ihr einen Klaps auf den Hintern.
    »Los jetzt«, unsere Gäste wollen nach Stahldorf, um die Annehmlichkeiten unserer Stadt kennenzulernen.« Murrend begann die Frau im Rad zu treten und langsam setzte sich die Draisine in Bewegung.
    Thomas hatte sich auf den Sitz in Fahrtrichtung gesetzt und Martin und Eliane hatten um den hinteren Sitz gestritten. Martin wollte, dass Eliane Platz nahm. Doch Eliane wollte unbedingt stehen und verlangte, dass er sich setze. Nun saß er da und schaute nach hinten, wo die grünen Lichter der Kaverne mit der Weiche in der Dunkelheit verschwanden.
    »Er kann doch die arme Frau nicht die ganze Zeit schuften lassen«, brach es aus ihm heraus. »Wir müssen etwas tun. Ich könnte für eine Weile ihren Platz einnehmen und sie ablösen.«
    »Misch dich nicht in fremde Angelegenheiten«, mahnte ihn Eliane. »Das ist eine Sache zwischen den beiden und geht uns nichts an.«
    »Aber das ist doch Sklaverei und Nötigung, das ist verboten!«
    »Vielleicht dort, wo du herkommst. Aber auch das bezweifle ich. Es gibt sicher auch in deiner Welt Fabriken, und ich bezweifle, dass die Menschen freiwillig dort arbeiten.«
    »Aber man könnte doch die Draisine mit einer Dampfmaschine antreiben.«
    Eliane lachte wiehernd. »Dann wäre es aber keine Draisine mehr, sondern eine Dampflokomotive. Martin, du bist naiv.«
    Er drehte sich in seinem Sitz und schaute zu dem Rad. Die Frau rannte jetzt fast. Obschon sie einen ungewöhnlich muskulösen und trainierten Eindruck machte und ihre Beine sehr kräftig wirkten, zweifelte er daran, dass sie dieses Tempo durchhalten konnte. Eine halbe Stunde, das dünkte ihn unmöglich. Eliane schien ihm seine Bedenken anzusehen.
    »Der Rollwiderstand der Draisine ist vernachlässigbar gering. Die Räder haben einen Belag aus Eiseneis. Wenn sie mal in Bewegung ist, rollt sie fast von selbst, nur noch der Luftwiderstand spielt eine Rolle.«
    »Wieso drehen dann die Räder nicht durch, wenn die Haftreibung so gering ist?«
    »Der Kraftschluss ist geschwindigkeitsabhängig. Er sinkt mit steigendem Tempo.«
    Tatsächlich schien die Frau in dem riesigen Tretrad jetzt fast mühelos unterwegs zu sein, so als würde sie zu ihrem Vergnügen joggen. Ein leichter Fahrtwind säuselte Martin um die Ohren. Er schätzte das Tempo auf zwanzig bis dreißig Stundenkilometer.
    »Warst du schon einmal in Stahldorf? Wie sieht es dort aus?«
    »Nein, wer dort nichts zu tun hat, meidet diesen Ort«, entgegnete Eliane. »Stahldorf ist eine Minenstadt. Das Gestein enthält verschiedene Erze in hoher Qualität und die Stollen sollen von dort bis unter den Giftsee reichen. Die einzige Verbindung zur Oberfläche ist eine mächtige Felsspalte, die als Kamin für die Hütten gebraucht wird, wo das Erz geschmolzen und in Barren gegossen wird. Wer nach Stahldorf will, muss mit der Bahn anreisen.«
    »Wird dort immer noch Erz gefördert und geschmolzen?«
    Eliane senkte die Stimme. »Schon seit einiger Zeit nicht mehr und ich zweifle an der Aussage dieses Thomas, dass noch eine regelmäßige Bahnverbindung nach Stonehenge existiert. Mit der Bahnlinie wurde auch Stahldorf aufgegeben.«
    »Mir ist der Kerl auch nicht geheuer«, flüsterte Martin zurück. »Wenn einer eine Frau als Antrieb missbraucht, ist er noch zu ganz anderen Dingen

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