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Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Bärtschi
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fähig.«
    »Ach was, die dumme Kuh hat sich vermutlich bis über beide Ohren verschuldet. Es ist nicht mehr als recht, wenn sie sich jetzt abstrampelt. Aber Thomas ist mir aus einem anderen Grund suspekt: Eine stillgelegte Bahnlinie braucht keinen Weichenwärter. Ich möchte nur zu gerne wissen, was seine wirkliche Aufgabe ist.«
    Eine Weile schwiegen sie beide und Martin hing seinen Gedanken nach. Diese Welt hatte offenbar nicht nur eine andere Richtung in der technischen Entwicklung eingeschlagen, auch die Moralvorstellungen schienen anders als auf der Erde zu sein. Trotz der Faszination durch die fremde Technik hatte Martin Heimweh. Wenn wenigstens Isabelle, seine Stiefmutter, hier wäre. Ob sie auch nichts daran finden würde, wenn sich eine Frau im Tretrad einer Draisine abstrampelte? Er schaute nochmals in Fahrtrichtung. Das Rad war ausgekuppelt und drehte sich nicht mehr, trotzdem hatte sich die Geschwindigkeit kaum verringert. Alexandra hockte im Schneidersitz auf dem Boden und schaute in seine Richtung. Ob sie von ihm etwas Bestimmtes erwartete? Vielleicht ihre Rettung aus der Tretmühle? Voraus begann der Tunnel grün zu leuchten.
    »Wir sind da«, bemerkte Eliane.
     

 
    STAHLDORF
     
    Das Leuchten wurde intensiver und dann war der Tunnel plötzlich zu Ende. Sie fuhren zwischen den dunklen Schatten von Hochhäusern hindurch, deren Fassaden in grünlichem Licht schimmerten. Es war, als kämen sie aus einem Tunnel ins Freie, doch Martin wusste, dass der Eindruck täuschte. Irgendwo weit über ihren Köpfen musste die Decke einer riesigen Kaverne sein, auch wenn er sie nicht sehen konnte. Die Draisine wurde langsamer und sie fuhren in einen Bahnhof ein, dort kam sie schließlich ganz zum Stillstand. Es war ein großer Bahnhof unter einer gläsernen Kuppel, durch die der grüne Schimmer der Stadtbeleuchtung drang. Martin zählte sieben parallele Schienenstränge, die teilweise durch Weichen miteinander verbunden waren. Auf den Perrons brannten in regelmäßigen Abständen Gaslaternen und in der Hallenmitte, auf einer Brücke, die die Geleise überspannte, thronte eine lebensgroße Statue auf einem Sockel. Die Seitenwände der Bahnhofshalle waren von bogenförmigen Durchgängen durchbrochen, die hinaus in die Stadt führten. Es war ein eindrückliches Bauwerk, fand Martin, aber es war auch ein unheimlicher Ort, denn er war absolut menschenleer.
    »Willkommen in Stahldorf«, sagte Thomas und sprang von seinem Sitz auf den Perron. »Kommt, ich lade euch zu einem Drink ein. Es gibt da ein tolles Pub gleich gegenüber.«
    Dann mussten doch noch einige Bewohner in der Stadt sein, überlegte Martin, auch wenn im Bahnhof niemand auszumachen war. Er stieg ebenfalls von der Draisine und folgte Eliane und Thomas auf dem Weg zu einer Treppe. Sie führte zu der Brücke mit der Statue.
    »Was ist mit Alexandra? Kommt sie nicht mit?«, fragte er und blickte zurück zu der Frau im Tretrad.
    Thomas warf einen Blick auf die Draisine und entgegnete:
    »Nein sie bleibt hier. Ich werde sie später versorgen.«
    Martin fragte sich, was er unter »versorgen« verstand, und wollte protestieren, doch Eliane warf ihm einen warnenden Blick zu. Daher beschloss er, zu schweigen. Aber er nahm sich vor, bei der erstbesten Gelegenheit mit Alexandra zu sprechen. Er musste mehr über ihr Schicksal erfahren und einen Weg finden, ihr zu helfen.
    Die Straßen der Stadt waren ebenso leer wie der Bahnhof. Keine Menschenseele war unterwegs. Und so war es für Martin keine Überraschung, auch im Pub niemanden anzutreffen. Keine Gäste, keine Bedienung. Sie waren ganz unter sich. Doch über der Theke brannten Glühlampen und zeigten, dass die Stromversorgung der Stadt funktionierte. Wie selbstverständlich begab sich Thomas hinter die Bar und fragte freundlich lächelnd:
    »Was möchtet ihr denn trinken? Wir haben hier unter anderem einen ausgezeichneten Whisky. Das Bier ist leider ausgegangen.«
    »Alkohol ist immer gut, möglichst hochprozentig«, entgegnete Eliane und Martin nickte lustlos. Normalerweise trank er nur Limonade.
    Thomas holte eine große braune Flasche hervor und nahm drei Zinnbecher von einem Gestell. Sorgfältig goss er sie randvoll. Derweil spazierte der Mikromechanische auf dem Tresen herum, wo ihn Eliane abgesetzt hatte, und begutachtete die Einrichtung des Pubs.
    »Nicht viel los, heute in der Stadt«, sagte Eliane wie beiläufig und nippte am Becher. Dann trank sie ihn in einem Zuge leer. »Alt, aber immer noch gut«, sagte

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