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Die Reise nach Uruk

Die Reise nach Uruk

Titel: Die Reise nach Uruk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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Parapsychologie, Okkultismus und Sterbeforschung gequetscht wurde. Attar hatte seinen Doktor in Psychologie gemacht, ehe er sich auch in seiner Arbeit dem weiten Feld der Grenzwissenschaften zugewandt hatte. Inzwischen, mit sechsundvierzig Jahren, galt er in seiner irakischen Heimat als die Kapazität überhaupt auf diesem Gebiet. Auch das Unerklärliche ließ den Menschen, insbesondere Ibrahim Attar, nicht ruhen.
    Als die Regierung vor anderthalb Jahren an ihn herangetreten war, hatte er zunächst nicht einmal gewußt, worum es genau eigentlich ging. Der Auftrag war dermaßen geheim gewesen, daß nicht einmal diejenigen, die Attar rekrutiert hatten, in die Hintergründe eingeweiht gewesen waren. Erst nachdem er seine grundsätzliche Bereitschaft erklärt hatte, sich zu engagieren, und vor Ort eingetroffen war, waren ihm die Einzelheiten verraten worden.
    Grauenhafte Details .
    Unwillkürlich schüttelte er den Kopf.
    »Du bist so abwesend heute. Was ist los mit dir? Langweile ich dich?«
    Attar fühlte sich nicht wirklich ertappt. Er grinste schief. Sein Blick wanderte zu Scheherazade, die sich nach der Geschichtenerzählerin aus Tausendundeine Nacht benannt hatte und auch mindestens so rassig und heißblütig aussah. Aber letztlich war und blieb sie eine Hure, deren Gunst sich jedermann für geringe Münze kaufen konnte. Deshalb betrachtete Attar sie nicht als den geeigneten Partner für tiefschürfende Diskussionen, den er immer öfter in dieser Weltabgeschiedenheit vermißte. Scheherazades Talente erschöpften sich im zärtlichen Geschick ihrer Lippen und Hände und der Biegsamkeit ihres tabulosen Körpers.
    Derbe Schläge gegen die Wohnwagentür ließen nicht nur die Hure, sondern auch ihren Gast zusammenfahren.
    Nach einem derben Fluch fragte eine heisere Stimme: »Maraz! Wie lange soll ich mir hier draußen noch die Beine in den Bauch stehen? Macht, daß ihr fertig werdet! Mir zerreißt es gleich die Hose!«
    Scheherazade verzog das hübsche Gesicht. Sie schien die Stimme zu kennen und machte keinen Hehl daraus, daß sie lieber weiter mit »dem Doktor«, wie Attar hier von allen genannt wurde, zusammen gewesen wäre, statt mit einem der ungehobelten und rücksichtslo-sen Kerle, die monatelang auf ihre Ablösung warten mußten und ihren Frust an den Frauen ausließen, die die Armee ihnen in fast ebenso seltenem Wechsel zum Zeitvertreib hierher abstellte.
    Im Grunde, dachte Attar sarkastisch, sind wir alle eine große, beschissene Familie. Jeder kotzt jeden an. Allmählich sollte ich wirklich zusehen, daß ich von hier verschwinde ...
    Die Flüche vor der Tür des mobilen Bordells und das Trommeln der Fäuste dagegen hörten nicht auf. Attar schwang sich geschmeidig vom Bett und griff nach seinen Kleidern.
    »Nein, bleib noch, bitte.«
    Der schlanke Mann streifte die Hand ab, die ihn festzuhalten versuchte, worauf Scheherazade beinahe noch wüster zu fluchen begann als der Freier draußen.
    Ibrahim Attar schlüpfte in seine Sandalen. Ohne sich die Mühe zu machen, das Hemd überzuziehen, nur in den zerschlissenen Flanellhosen, ging er zur Tür und löste den Riegel. Sie schwang sofort nach außen, und ein verschwitztes Gesicht tauchte in der Öffnung auf. Der Kopf duckte sich jedoch sogleich, weil ihm eine Vase samt den darin befindlichen Plastikblumen entgegenflog.
    Attar lachte rauh. Mit einem Sprung landete er, ohne Umweg über die Eisentreppe, im Wüstensand. Einen Steinwurf entfernt glommen die Lichter des Armeelagers, das in Sichtweite der Ausgrabungsstätte errichtet worden war. Noch bevor ich hier ankam, erinnerte sich At-tar. Er blickte nicht mehr hinter sich, hörte aber, wie der angetrunkene Kunde doch noch Gnade unter Scheherazades Augen fand.
    Die Tür schlug, das stimmliche Unwetter der beiden war nur noch gedämpft zu hören.
    Attars Gedanken verweilten noch kurz bei Scheherazades üppigen Brüsten, dann lief er auf seine Unterkunftsbaracke am Rand des Militärcamps zu. Dabei fragte er sich, was er überhaupt noch hier tat. Aus keinem seiner Berichte, die er allmonatlich an die Armeeführung adressierte, war der geringste Fortschritt ersichtlich. Das Rätsel der halbzerstörten Kammer, die Unbekannte hier freigeschaufelt hatten, war immer noch ungeklärt.
    Wie auch der Tod Dutzender Soldaten, von dem Attar nur sehr zögerlich und dann hinter vorgehaltener Hand erfahren hatte!
    Etwas hatte hier in biblischer Einsamkeit ein halbes Regiment ausradiert. 4
    Etwas .
    Man hatte Attar - und nicht nur ihn

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