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Die Reise zum Ich

Die Reise zum Ich

Titel: Die Reise zum Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Naranjo
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einige seiner Überlegungen in bezug auf den Unterschied zwischen beiden Drogen von Interesse sein, da
    sie die Natur des oben beschriebenen Prozesses besser verdeutlichen. In bezug auf LSD meint er:
    »Ich hatte die Gewißheit, erstmals die Welt so zu sehen, wie
    sie ist, wie sie war und wie sie sein wird, ungeachtet meiner
    selbst. Alles trat bis in die kleinsten Einzelheiten so deutlich
    hervor und bildete den harmonischen und faßlichen Teil
    eines Ganzen. Ich nahm es in mich auf wie ein Paradies, das
    ich, wie ich begriff, im Labyrinth meines eigenen Nichtseins
    verloren hatte. Zum ersten Mal sah ich meine Eltern, wie sie
    wirklich waren, jenseits ihrer eigenen Mythen. Ich sah sie
    traurig, geschlagen, verlassen in ihrer Verfeindung. Mit LSD
    war es ein visionäres Starren bei weit geöffneten Augen, ein
    Staunen über den ersten Blick auf die Welt, bloßgelegt, nicht
    mehr abgeschirmt von einer Wand von Angst.
    Ich sehnte mich danach, in diese Welt zurückzugelangen,
    denn intuitiv spürte ich, daß dort meine Glückseligkeit lag.
    Ich erkannte, daß ich sie nur dann erlangen würde, wenn ich
    ernsthaft an mir arbeitete, ohne Furcht und ohne Versteckspiel. Ibogain hingegen brachte mich dazu, mich selbst zu besehen, mein Inneres, bei geschlossenen Augen. Ein unaufhörlicher Strom von Bildern, auf einen dreidimensionalen Schirm projiziert, zwang mich, den Monstern in meinem
    Innern entgegenzutreten, ihnen die Stirn zu bieten, trotz
    meiner Ängste bis zum Ende durchzuhalten, ohne jene in
    Träumen so häufigen Unterbrechungen, und mich nach jenseits jener fingierten illusorischen Gefahren durchzukämpfen, die ich mir selbst in den Weg gelegt hatte.
    Mit Ibogain sah ich, im Gegensatz zu LSD, meine Eltern, die
    Zentralgestalten
    meiner
    phantasmagorischen
    Szene,
    nach
    dem Bilde, das sie in meiner Innenwelt einnahmen: impo206

    sante Monumente, die mir das gesamte Blickfeld verstellten.
    Ibogain ermöglichte mir, diese Riesen - sie waren Legende -
    als solche zu erkennen; es führte mich auf ein Feld, wo ich
    offen gegen sie ankämpfen konnte. Und ich kämpfte in der
    Tat, und es wurde mir klar, daß der Weg zur Freiheit allein
    durch die Trümmer der inneren Ängste führt.«
    Ein Aspekt dieses Zitats besteht in dem Glauben des Patienten,
    die LSD-Erfahrung habe ihm das Ziel gewiesen und damit den
    Antrieb gegeben, sich zur Erreichung dieses Ziels durch die
    Ibogain-Erfahrung hindurch zu kämpfen. LSD ist wie ein Blick
    aus einem Fenster, das ins Freie führt, Ibogain dagegen eine
    Gelegenheit, das alte Gebäude einzureißen, um für ein neues
    Platz zu schaffen. Es kann als »Arbeitsdroge« in dem Sinn
    bezeichnet werden, daß es die Analysierung unbewußter Lebenshindernisse erleichtert.
    Ich finde, dieser Patient hat den Unterschied zwischen der
    Objektivität der »Dinge, so wie sie sind« und der subjektiv
    gefärbten Erfahrung recht gut getroffen. Natürlich vermögen
    wir die Dinge nicht so wahrzunehmen »wie sie sind«, da der
    Grad unserer Bewußtheit von unserer Erfahrungsbreite abhängt. Doch verdeutlicht seine Formulierung den Gegensatz zweier Erfahrungsweisen: Bei der einen leert sich der Geist
    sozusagen von allen gewohnten Vorstellungen und erfaßt die
    Realität, »wie sie ist«; bei der anderen wird die Außenwelt zum
    Spiegel individueller Erwartungen, Hoffnungen und Sehnsüchte. Was davon wir nun als »Realität« anerkennen wollen -
    die Dinge da draußen, so weit wie möglich von der Sicht unseres
    eigenen Seins befreit, oder die unserer eigenen Konstruktion -
    ist Neigungssache. Die »konkrete« Welt mag uns substantieller
    erscheinen als die phantomare Welt der inneren Bilder, dennoch ist sie nicht unsere. Und sind wir im Zustand des Nicht-Seins, ist er doch ein Zustand empfänglicher innerer Leere.
    Ein entscheidender Schritt des Patienten war bei der Ausbreitung seiner Drogenerfahrung der stillschweigende Entschluß, zu der drohenden Vaterfigur hin zu fliegen. So vermochte er
    seinen »inneren« Vater, seine eigene männliche Komponente
    zu entdecken. Das Gefühl der Bedrohung, die diese Imagination verrät, zeugt vom Bestehen einer inneren Barriere, die dem geistigen Vermögen des Patienten durch Veranlagung gesetzt ist. Hätte er sich der Aufdeckung bestimmter Sehweisen und Gefühle nicht widersetzt, wäre ihm die psychologische
    Integrierung viel früher gelungen. Nicht einmal das direktive
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    Vorgehen des Therapeuten vermag die fehlende Eigeninitiative des Patienten, den geistigen

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