Die Reise zum Ich
macht: Es liegt
bei ihm. Die wichtigsten Unterschiede zwischen den beiden
Traumszenen bestehen im Gewahrwerden des sexuellen Elements bei der Gesichtswaschung der Mutter sowie in der drohenden Haltung des Vaters, als er sich ihm nähert, und der er trotzt.
Wir dürfen meiner Ansicht nach davon ausgehen, daß die Unterschiedlichkeit der beiden Versuche der Betrachtung der Fotos zu verdanken war, da dem Patienten hierbei die dominanten Gefühle des Traums bewußt wurden, die dann real empfunden
werden konnten. Hier erfolgte auch der erste Hinweis auf die
angebliche Brutalität seines Vaters, zunächst wie sie von der
Mutter (als Opfer) erlebt wurde, und dann aus väterlicher Sicht
(Feindseligkeit aufgrund von Zurückweisung).
Nachdem dadurch sein eigenes Gefühl der Zurückweisung aktiviert worden war und er in seines Vaters Verlangen nach der Liebe seiner Mutter sein eigenes Liebesverlangen wiedererkannt und auch seiner Aggressivität ein wenig Luft geschafft hatte, war er nun reif für diese Symbolhandlung, die bedeutete
und zugleich bezeugte, daß er die Realität seines Trieblebens
nunmehr hinzunehmen vermochte. Mit ihrer Hilfe hob er buchstäblich den Verdrängungsprozeß auf, den er sich von Kindheit an mit seiner Elternverherrlichung auferlegt hatte. Nun ist er
nicht mehr in einen »Vater« und eine »Mutter«, in einander
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widerstreitende
Persönlichkeitsteile
gespalten.
Vielmehr
bejaht er nun sein Bestreben, ein Mann zu sein, und sieht sich in
der Außenwelt als ein Vater mit Frau und Kind.
Rückblickend ist zu ersehen, daß er sich in seiner vorherigen
Selbstverneinung mit einem parasitären, den Mann (Vater und
Sohn) »ausschließenden« Mutterbild identifiziert hatte, anstatt
der zu sein, der er war, und von innen nach außen zu leben. Die
Aufdeckung der Einstellungen von »Vater« und »Mutter« bildete den Ausgangspunkt für den Prozeß des Einswerdens mit den eigenen Empfindungen, ohne Rücksicht auf die historische
Realität der Elternpersonen. Aus diesem Grunde könnte man
jenen ersten Prozeß einer analytischen Phase gleichsetzen, welche die in der Traumsequenz erreichte Synthese erst möglich machte.
Wie bereits gesagt, ist die Ibogain-Therapie besonders geeignet
für die Erforschung der Vergangenheit, im Gegensatz zu
MMDA, das besonders der Erhellung der Gegenwartssituation
dienlich ist. Dies trifft in so starkem Maße zu, daß man zu sagen
versucht ist: Wenn das Motto »Ich und Du, Hier und Jetzt« eine
komprimierte
Beschreibung
der
Gestalt-Therapie
MMDA
beinhaltet, müßte es bei der Anwendung von Ibogain heißen
»Er und Sie, Dort und Einst«. Aus welchem Grund ist unschwer zu verstehen: Die Wirkung von MMDA spielt sich überwiegend im Gefühlsbereich ab, die Wirkung von Ibogain
vorwiegend im Symbolbereich, und nur mit Hilfe von-begrifflichen oder visuellen - Symbolen vermag man sich mit Realitäten auseinanderzusetzen, die nicht gegenwärtig sind.
Auch zwischen dem Bereich vergangener Erfahrung, zu dem
MDA uns den Zugang erleichtert, und jenem, den wir mit Hilfe
von Ibogain aufzudecken vermögen, ist der Unterschied groß.
Während es bei Anwendung von MDA um ein Erinnern an
Vorgänge geht und bestenfalls auch um Reaktionen und Gefühle bei der Konfrontation mit ihnen, bewegt sich die Person bei Ibogain-Anwendung in einer Welt der Phantasien. Unter
Ibogain evozierte Elternbilder entsprechen vermutlich dem
Bild, das sich das Kind von seinen Eltern machte, und das noch
im Unterbewußtsein des Erwachsenen schlummert, aber nicht
notwendigerweise der Realität entsprechen muß. Im Lauf des
therapeutischen Prozesses mit Ibogain werden solche Konstruktionen als das erkannt, was sie sind, und Befreiung tritt ein.
Dagegen bei der MDA-Therapie will es scheinen, daß die Konfrontation im Reminiszieren der wahren Vorgänge besteht, was 205
implizite der Macht der Zerrbilder entgegenwirkt, die ja auf der
Leugnung einer Realität beruht, mit der das Kind seinerzeit
nicht fertig zu werden vermochte.
»Die Dinge so sehen, wie sie sind« und nicht von Einbildung
oder Vorurteil gefärbt, so könnte man nennen, was im Augenblick der visionären Erfahrung unter LSD geschieht. Doch gilt dies meist für die Gegenwart, und erneut bezieht der schlafende
Drache der Phantasie seinen Posten als Hüter des Pfades. Eine
LSD-Erfahrung dieser Art hatte der Patient unseres letzten
Beispiels (für Ibogain-Anwendung) acht Monate vorher durchlebt, und so dürften
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