Die Reise zum Ich
Art von Fällen,
wie sie hier geschildert wurden, sondern auch bei gesunderen
Personen, die sich in psychotherapeutische Drogenbehandlung
begeben, weil sie sich um ihr gegenwärtiges Leben Gedanken
machen. In solchen Fällen äußert sich die Drogenwirkung oft in
dem Drang, zum einen die Wahrnehmungsverzerrungen und
Projektionen zu beseitigen, welche die menschlichen Beziehungen so schwer belasten oder sie verkümmern lassen, zum anderen Wege der Kommunikation zu erschließen, die dem
Leben in der Familie und unter Freunden mehr Sinn geben.
Solche Aufdeckung geschieht nicht (wie bei der gewöhnlichen
Hypnose oder unter Wirkung des sogenannten »Wahrheitsserums«) infolge von Enthemmung und verminderter Zurechnungsfähigkeit, vielmehr ist sie die Folge eines aktiven Interesses an der Begegnung mit der Wahrheit und an der Teilhabe an ihr sowie eine Folge der Einsicht, daß die Scheu davor vielfach
auf unberechtigter Angst beruht. Davon abgesehen erzielt
MDA, verglichen mit den anderen in diesem Buch erwähnten
Drogen, bei weitem die stärksten verbalen Reaktionen. Und
dies wiederum macht es gerade für die Gruppentherapie besonders geeignet. Doch von ihr soll hier nicht die Rede sein.
Nachtrag
In den seit der Niederschrift dieses Kapitels verflossenen Jahren hat sich gezeigt, daß MDA bei bestimmten Personen und in verschiedenen Dosierungen toxisch wirken kann, nicht viel anders, als das Chloroform, das für die Mehrzahl der Menschen in normaler Dosis verträglich ist, bei anderen aber verhängnisvoll
wirken kann. In Chile kam es bei Behandlung mit MDA einmal
zur Aphasie, in Kalifornien einmal zum Exitus. Da die individuelle Unverträglichkeit konstant bleibt und von der Dosierung abhängt, kann man die Toleranzschwelle durch progressive
Dosierung ermitteln (z. B. 10 mg, 20 mg, 40 mg, 100 mg). Diese
Ermittlung sollte man ausnahmslos vor Beginn der therapeuti-
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schen Behandlung mit MDA vornehmen. Typische Symptome
für
toxische
Wirkung
sind
Hautreaktionen,
übermäßiges
Schwitzen und Verwirrtheit. Diese Symptome habe ich bei
Dosierungen von 150 bis 200 mg an etwa 10 Prozent der Behandelten festgestellt.
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3. Kapitel
MMDA und das ewige Jetzt
Die Buchstaben MMDA sind eine Abkürzung für 3-methoxy-
4, 5-methylen-dioxyphenil-isopropylamin. Wie das MDA, von
dem es sich nur durch das Vorhandensein einer methoxyl-
Gruppe im Molekül unterscheidet, ist es eine synthetische Verbindung, die einem in der Muskatnuß vorkommenden ätherischen Öle nachgebaut ist. Die Ähnlichkeit der chemischen Zusammensetzung der beiden Drogen findet ihre Entsprechung in ihren physischen Wirkungen auf den Menschen, die in jedem Fall überwiegend gefühlssteigernder Natur sind. Ihr chemischer Unterschied hingegen spiegelt sich in gewissen qualitativ abweichenden Wirkungen wider: MMDA löst häufig eideti-sche Abläufe aus, und nicht auf die Vergangenheit richtet die
unter seiner Wirkung stehende Person den Blick, vielmehr auf
ihr gegenwärtiges Leben.
Wie MDA gehört auch MMDA einer Kategorie der Rauschdrogen an, die sich von LSD und Meskalin, von Harmalin und Ibogain grundlegend unterscheidet. Im Gegensatz zu der für
diese beiden Drogengruppen charakteristischen Erfahrung im
Bereich des Überpersonalen und Unbekannten, führen die gefühlssteigernden Isopropylamine von MDA und MMDA den Betreffenden in personale und vertraute Bereiche, die sich vom
Alltag lediglich dadurch unterscheiden, daß sie mit einer weit
größeren Intensität erlebt werden.
MMDA-Syndrome
Eine der möglichen Reaktionen auf MMDA wie auf andere
psychoaktive Drogen äußert sich in Form visionären Erlebens.
Auf welche Weise sich dieses von der durch andere Verbindungen herbeigeführten Reaktionen unterscheidet, wird aus den folgenden Seiten ersichtlich werden. Eine Alternative zu dem
künstlichen MMDA-Paradies ist mit der MMDA-Hölle gegeben, eine durch die Intensivierung unangenehmer Empfindungen - Ängste, Schuldgefühle, Depressionen - gekennzeichnete 88
Reaktion, die als Spiegelbild der ersteren verstanden werden
kann und ein ebenfalls unverkennbares Syndrom hervorruft.
Dennoch dürfen beide Arten der Reaktion ein und derselben
Kategorie zugeordnet werden insofern, als sie beide im wesentlichen gefühlssteigernde Zustände hervorrufen - im Gegensatz zu anderen Verfassungen, in denen die Gefühlsintensität unbeeinflußt bleibt und statt dessen eher Passivität, Versunkenheit und/oder Schlafzustände in Erscheinung
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