Die Reise Zur Stadt Der Toten
lag. »Jakaie liegt hinter diesem Kamm, aber dort sind Dämonen. Die Brul gehen nicht weiter, de-Etienne. Sie sagen, sie kehren in ihre Dörfer zurück, und zwar so schnell ihre Tiere sie tragen können. Sie beklagen sich darüber, daß in ihren Verträgen nicht davon die Rede war, daß sie es mit Dämonen zu tun bekommen würden.«
»Was für Dämonen denn?« fragte Lyra in dem Versuch, aus der Panik des Mai irgendeinen Sinn herauszulesen.
»Eisdämonen!«
»Ah, es ist so, wie ich befürchtet habe.« Tyl wandte sich um und begann im Schnellfeuertempo auf seine Gefährten einzureden, wobei die Worte so schnell aus seinem Mund heraussprudelten, als würde er Mai sprechen.
»Nicht auch die Tsla!« brauste Etienne auf. Die ersten umkehrenden Vroqupii passierten sie bereits. Etienne rannte auf sie zu.
»Ihr müßt bleiben!« schrie er auf Mai. Der erste Brul ignorierte ihn. Er ging auf den nächsten zu. »Ihr könnt uns hier nicht einfach so verlassen. Wir haben einen Vertrag, eine Obereinkunft.« Er gab sich Mühe, sich an die Worte zu erinnern, die Lyra in der Nacht der Strepanong benutzt hatte, um die Treiber festzuhalten. »Was ist mit eurer Handelsehre?«
»Es ist keine Schande, vor Teufeln zu fliehen«, verkündete der Brul würdevoll und sah sich dabei um, als wollte er sich vergewissern, daß ihn keine Dämonen verfolgten. Und das war alles, was irgendeiner von ihnen sagte.
In weniger als dreißig Minuten waren die letzten Vroqupii über den Abhang hinter ihnen verschwunden, von ihren Brul zu größter Eile angetrieben. Etienne und Lyra blickten auf ihr Boot, das nun auf einem Felsplateau festsaß und nicht weiterkonnte.
»Eisdämonen!« brummte Etienne. »Haben die denn nicht gesehen, wie leicht wir die Strepanong verjagt haben?«
»Das sind keine Strepanong«, erklärte Tyl. »Ihr müßt sie sehen, um sie zu begreifen, so wie ihr den Topapasirut sehen mußtet, um ihn zu begreifen. Ich mache mir Sorgen um euch, Weiser. Was uns angeht, so müssen wir weitergehen, um unseren Brüdern in Jakaie zu helfen.«
»Etienne, was ist mit uns? Sollen wir einfach hier sitzen bleiben und ›auf die nächste Sintflut‹ warten?«
»Etienne«, sagte Lyra mit sanfter Stimme, »du denkst jetzt nicht klar. Das tust du nie, wenn dein Temperament mit dir durchgeht.«
»Dann klär du mich auf!«
»Diese Stadt liegt hinter diesem Felskamm vor uns.« Sie starrte vielsagend auf das Boot.
Die Erkenntnis war ihm peinlich, obwohl die Tsla das nicht bemerkten. »Unmittelbar vor uns. Wir haben genügend Batteriekraft und brauchen gar nicht hoch aufzusteigen.« Lyra nickte und wandte sich den Tsla zu. »Diese Eisdämonen - das sind doch nicht etwa Na, oder?«
»Was für andere Eisdämonen gibt es denn? Ich dachte, ihr würdet das wissen.« Tyl deutete mit seiner Rüsselschnauze auf das Boot. »Werdet ihr euer Geisterboot benutzen, um uns zu helfen?«
»Ja, um euch zu helfen - und uns auch, da wir es ja irgendwie nach Jakaie schaffen müssen. Weißt du, was zu tun ist?« Tyl nickte und schickte sich mit den Trägern an, an Bord zu klettern. Die Redowls folgten ihm.
»Du wolltest diese legendäre dritte Rasse sehen, die das Guntali-Plateau bewohnt«, erinnerte sie Etienne, als sie die Leiter hinaufstiegen. »Sieht so aus, als würdest du jetzt deine Chance bekommen.«
»Ich weiß nicht, ob mir die Begleitumstände gefallen, aber wir haben ja wohl in der Sache nicht viel zu sagen.«
Sie überprüften sorgfältig alle Systeme des Bootes. Seit die Repeller das letzte Mal eingesetzt worden waren, waren einige Tage verstrichen. Aber das Fahrzeug hob sich leicht vom Boden und bewegte sich auf seinem Luftkissen nach vorn. Die hölzerne Plattform hing unter dem Rumpf und die riesigen Räder drehten sich sinnlos.
Hoffentlich lag Jakaie so nahe, wie die Brul behauptet hatten, dachte Lyra, während sie das Boot auf die Spalte in der Felswand zusteuerte; andernfalls würden sie irgendwo Station machen müssen, um die Batterien wieder aufzuladen.
Jakaie war in eine Flanke des Aracunga hineingebaut. Die Architektur erinnerte an Turput, nur daß hier eine massivere Bauweise die Regel zu sein schien. Die Bauten zeigten weniger Fenster. In dieser Höhe waren die Tsla darauf angewiesen, die Wärme im Inneren ihrer Behausungen festzuhalten.
Im Norden lagen bewässerte Felder, für die man die Erde mühsam aus kleinen Winkeln und Taschen zusammengetragen hatte, wo das Wasser sie angespült hatte. Aber der auffälligste Unterschied
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