Die Reise Zur Stadt Der Toten
Prinzipien?«
»Ich habe keine spirituellen Prinzipien, Weiser.« Yulour hatte sichtlich Mühe mit den mehrsilbigen Tsla-Worten. »Ich habe nicht genügend Verstand, um welche zu besitzen.« Er blickte zögernd an dem Menschen vorbei. »Lehrer Tyl muß es jedoch erlauben. Ich bin an ihn gebunden.«
Tyl starrte den Träger mit einem seltsamen Blick an. »Ich kann nicht zulassen, daß ich selbst gehe, und deine Begleiter würden das auch nicht - es sei denn, wenn dein Gewissen klar und rein ist.«
»Was ist Gewissen?« fragte Yulour unschuldig.
Tyl seufzte. »Unwichtig.« Er wandte sich Etienne zu. »Wenn es in meiner Kraft läge, würde ich es tun. Alle Lebewesen haben freien Willen. Doch bedenke dies: Du wirst schwere Verantwortung tragen, wenn er stirbt. Es wird auf Deinem Gewissen lasten.«
»Das will ich bedenken.« Etienne musterte seinen einzigen Freiwilligen. Er hatte nur wenig persönlichen Kontakt mit Yulour gehabt, auch mit den anderen Trägern nicht, da er es stets vorgezogen hatte, ihnen ihre Instruktionen durch Tyl erteilen zu lassen.
»Ich danke dir, Yulour. Ich nehme dein Angebot an. Bei meinen Leuten würde man es besser verstehen.«
Der Träger schüttelte betrübt den Kopf. »Ich verstehe nicht, Weiser.«
Etienne schlug dem Tsla auf eine seiner muskulösen Schultern. »Das macht nichts. Wichtig ist jetzt nur, daß du mir helfen willst.«
»Ich mag Lehrerin Lyra«, sagte Yulour einfach und aufrichtig. »Ich will ihr helfen.«
»Wenn wir können, werden wir das tun, Yulour.«
Sie eilten zum Tragflächenboot zurück, ohne auf die Schar neugieriger Tsla zu achten, die sich darum versammelt hatte. Homat erwartete sie.
Etienne hielt den Atem an, als ihm ein Schwall superheißer Luft aus der Kabine entgegenschlug. Drinnen erreichte die Temperatur fünfunddreißig Grad - zwanzig Grad wärmer als die Luft draußen. Homats Reaktion war genau das Gegenteil der Etiennes. Als die kalte Luft einströmte, zog er sich auf den Stapel Decken zurück, den er sich auf dem Boden zurechtgelegt hatte, kuschelte sich darunter und sah Etienne, der nach ihm in die Kabine eilte, nachsichtheischend an.
»Bitte, sei nicht zornig auf mich, de-Etienne«, bettelte er. »Man hat nur mich zurückgelassen, und ich erinnere mich daran, wie man das Gerät bedient, das die Luft im Innern des Geisterbootes heiß oder kalt macht. Ich konnte nicht widerstehen. Dies ist seit undenklichen Zeiten das erste Mal, daß ich mich wahrhaft warm fühlte.«
Etienne mußte lächeln. »Schon gut, Homat, schon gut. Ich bin dir nicht böse.« Dann verschwand das Lächeln schnell von seinem Gesicht. »De-Lyra ist von den Na gefangengenommen worden, den Eis-Dämonen.«
Homat begann zu klagen, und Etienne beeilte sich, ihn zum Schweigen zu bringen. »Yulour und ich gehen ihnen nach.«
Homats fast kahler Schädel schob sich unter den Decken hervor. »Die Dämonen?«
»Ja, die Na.«
Der Schädel verschwand wieder. »Ihr werdet nicht zurückkehren«, sagte er mit dumpfer Stimme.
»Ich bin wirklich für all die Unterstützung von Herzen dankbar, die mir hier von allen Seiten zuteil wird«, murmelte Etienne, während er in einem Vorratsschrank nach einigen Dingen suchte, die er brauchte. »Ich hätte nie gedacht, einmal erleben zu dürfen, daß Mai und Tsla sich in irgendeiner Sache einig sein können.«
»Die Dämonen«, flüsterte Homat. »Ich … ich würde mit euch kommen, wenn ich könnte.«
Etienne warf ihm einen überraschten Blick zu. »Das ist reizend von dir, Homat, aber du weißt selbst, wieviel du uns nützen würdest. Die Temperatur auf dem Guntali liegt wahrscheinlich nur knapp über dem Gefrierpunkt. Ich glaube nicht, daß du das sehr lange ertragen könntest. Kein Mai könnte das. Das Klima hier in Jakaie liegt bereits an der obersten Grenze dessen, was ihr ertragt.«
»Ich wünschte, das wäre nicht so, de-Etienne. Es ist wunderbar, daß ihr Menschen euch so frei zwischen dem behaglichen Wetter des Skatandah und dem Dach der Welt bewegen könnt.«
»Unsere Spezialkleidung hilft mit, das zu ermöglichen, Homat.« Er hob einen Thermomantel in die Höhe, den er gerade aus dem Schrank geholt hatte. »Ich mache mir mehr Sorgen um den atmosphärischen Druck oberhalb der Sechstausend-Meter-Grenze. Die Luft wird dort zwar dichter sein als auf vergleichbarer Höhe auf meiner Heimatwelt, aber dünner, als mir lieb ist. Aber wir haben auch Methoden, das auszugleichen.«
Er verpackte ein halbes Dutzend Atemgeräte in dem großen
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