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Die Reisen des Paulus

Die Reisen des Paulus

Titel: Die Reisen des Paulus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernle Bradford
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Mädchen zugänglicher waren, der Wein besser und die Leute fügsamer. Wieder einmal hatte Paulus, der unablässig im Römischen Reich revolutionäre Lehren verbreitete, sein Leben den Gesetzen und Ordnungshütern dieses Reiches zu verdanken. (Man fühlt sich unwillkürlich an so manche Agi-tatoren und Revolutionäre im britischen Empire erinnert.
    Ihre eigenen Leute hätten sie oft umgebracht, wäre da nicht die schützende Hand jener Macht gewesen, die sie aus dem Sattel heben wollten.)
    Gefolgt vom heulenden Mob wurde Paulus von den
    Legionären vorwärts gestoßen. Es ging zur Burg Antonia hinauf, die sich oberhalb vom Tempel erhob und die ganze Stadt beherrschte. Der Kommandant Claudius Lysias –
    noch ein Mann, der sich wohl nichts sehnlicher wünschte als eine baldige Versetzung – nahm Paulus fest »und hieß ihn binden mit zwei Ketten«. Dann wollte er von den An-führern der aufgebrachten Menge wissen, was man gegen diesen geprügelten und übel zugerichteten Mann vorzu-326
    bringen habe. Der eine schrie dies, der andere jenes. Lysias verstand nicht, um welche Anklage es sich handelte. Er ließ Paulus auf die Burg führen. Der Mob brüllte unaufhörlich:
    »Weg mit ihm!« Vor der Burg wandte sich Paulus an den Kommandanten und sagte auf Griechisch zu ihm: »Darf ich mit dir reden?« Der Römer erkannte sofort, daß er einen gebildeten Mann vor sich hatte und keinen Gelegenheitsdieb oder tumben Bauern. »Kannst du Griechisch?« fragte er einigermaßen überrascht. »Bist du nicht der Ägypter, der vor diesen Tagen einen Aufruhr gemacht und führte in die Wü-
    ste hinaus viertausend Meuchelmörder?« Er bezog sich dabei auf einen Vorfall, der kurze Zeit zurücklag – eine von den praktisch alljährlichen Unruhen im Lande. Der Prokurator Felix hatte eingreifen und die meisten von ihnen töten lassen müssen. Paulus sagte: »Ich bin ein jüdischer Mann von Tarsus, ein Bürger einer namhaften Stadt in Cilicien.
    Ich bitte dich, erlaube mir, zu reden zu dem Volk.«
    Der Römer merkte gleich, wenn man diesem Trubel ein Ende machen wollte, sei es das beste, dem Gefangenen seinen Willen zu lassen. Sollte er zu seinem Volk sprechen –
    vielleicht erfuhr man dann, worum zum Teufel es eigentlich ging. Er gab ihm Redeerlaubnis. Geschützt von den Legionären stand Paulus auf den Stufen der großen Burg und
    »winkte dem Volk mit der Hand« (seine charakteristische Geste). Und so erstaunlich wirksam war seine Persönlichkeit, daß die Menge verstummte und dem Mann lauschte, den sie noch vor wenigen Minuten in Stücke hatte reißen wollen. Er sprach aramäisch zu ihnen. Das bewies, er war wirklich ein Jude, denn welcher Grieche oder Römer hatte je gelernt, die Feinheiten ihrer Sprache zu meistern? Also 327
    kein Fremder, sondern, was immer man gegen ihn vorbringen mochte, einer von ihnen. Und darum schwiegen sie und waren vielleicht sogar bereit, ihn zu billigen.
    Paulus erzählte, er stamme aus Tarsus, habe bei Gamaliel studiert und sei streng im Gesetz unterwiesen. Er er-zählte, wie er die abweichlerische Sekte der Christusgläubigen bis in fremde Städte verfolgt hatte und wie er auf der Straße nach Damaskus mit Blindheit geschlagen worden war. Und da sei er mit einem Mal überzeugt gewesen, daß Christus wahrhaftig der Messias sei, der Langverheißene, und er habe erkannt, daß er, Paulus, berufen sei, den Heiden die Botschaft vom Messias zu bringen. Bis dahin hatten sie ihm aufmerksam und teilnahmsvoll zugehört, aber jetzt war’s zuviel des Guten. Was behauptete er da? Ihr Messias, ihr jüdischer Messias sei auch der Messias der Heiden?
    Unerträglich. Ihr Zorn wuchs, sie tobten und schrien, und der noch immer etwas verwirrte römische Kommandant befahl der Wache, den Mann in die Burg zu bringen. Nicht nur, um ihn vor der Menge zu schützen, sondern um her-auszufinden, was er gesagt und was diesen Aufruhr verursacht hatte – ausgerechnet Aufruhr, das Letzte, was er am Hals haben mochte, wie jeder andere Kollege auch. Die Fol-ter zur Erpressung von Informationen war in der römischen Welt ebenso üblich und verbreitet wie heutzutage. Die Mittel waren damals etwas primitiver (es gab zum Beispiel noch keine Elektroschocks, die durch die Genitalien gejagt wurden), aber nichtsdestoweniger wirksam. Paulus wurde zum Geißeln geführt. Man zog ihm sein schäbiges Gewand aus, band ihn am Pfahl fest. Einer wollte eben zum Schlag aus-holen. Paulus hatte im Laufe seines Lebens genug körperli-328
    chen Schmerz

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