Die Reisen des Paulus
Männer und Frauen, Sklaven und Freie, Arme und Reiche, Edelleute und Bauern und jedes Volk unter der Sonne. Ohne Paulus wäre es durchaus möglich gewesen, daß Leben und Lehre dieses jüdischen Messias keine Frucht getragen hätten – vielleicht wäre nicht mehr daraus gewachsen als eine winzige, auf Palästina und den Nahen Osten beschränkte jüdische Sekte. Paulus veränderte die Welt.
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»I G …«
Wie lange Paulus und Barnabas in Antiochien blie-
ben, steht nirgendwo verzeichnet. Wahrscheinlich
Wochen und Monate. Es ist nicht auszuschließen, daß Paulus in dieser Zeit eine Weile über krank war. Zweifellos gelang es ihnen, den neuen Glauben zu fördern – den Glauben an den wiederauferstandenen Heiland, der für alle Menschen da war. Paulus zitierte die Worte des Jesaja: »Ich habe dich den Heiden zum Licht gesetzt, daß du das Heil seiest bis an das Ende der Erde.« Eine solche Einstellung zog na-türlich die Nichtjuden an, die ihm lauschten, für die Orthodoxen dagegen war es ein Ärgernis. Lästig auch, daß Paulus aufgrund seiner hervorragenden Ausbildung bei Gamaliel, gepaart mit der ihm eigenen Geistesschärfe und Klugheit, die Juden mit ihren Waffen schlagen, sie mit Zitaten widerlegen und ihre Argumente schnell entkräften konnte.
Die leicht entflammbaren und disputationsfreudigen Juden schätzten das natürlich nicht. Am anziehendsten an Paulus’
froher Botschaft war, daß alle Menschen freundlich aufgenommen wurden, wenn sie glaubten. Der Heiland war den schimpflichsten Verbrechertod gestorben, zusammen mit zwei Schachern gekreuzigt worden, aber er hatte gesagt, er, das Lamm Gottes, werde die Menschen von ihren Gebrechen und Sünden erlösen – und wer bedurfte dessen nicht?
Bis heute ein Versprechen, das man kaum zu fassen vermag.
Ohne die Hürde des Unglaubens zu nehmen, kann sich freilich niemand auf dieses besondere Gebiet begeben, wo Fakten, Wirklichkeit und scheinbare Unwirklichkeit eins wer-190
den. Paulus konnte es. Er überzeugte in seinen Reise- und Leidensjahren Tausende von Zuhörern davon, daß es hinter den Peitschen der Sklavenhändler, hinter dem Wucher der Geldverleiher, hinter den habsüchtigen und sinnlichen Begierden des Menschentiers und hinter der unbedeutenden Existenz auf dieser Erde wirklich und wahrhaftig ein anderes Leben gab. Was immer er darstellte, wie immer seine physische Verfassung gewesen sein mag – Paulus war ein einzigartiges Genie.
Die Botschaft, die Paulus und Barnabas nach Antiochien gebracht hatten, blieb nicht allein auf die Stadt beschränkt, sondern »ward ausgebreitet durch die ganze Gegend«. Antiochien war nicht nur militärischer, sondern auch admini-strativer Mittelpunkt jener Region, die Phrygien hieß und der Westteil der Provinz Galatien war. Man kann nur dar-
über spekulieren, ob Paulus die Bedeutung der Stadt in dieser Hinsicht gekannt hat, bevor er sie als Ziel wählte, zweifellos hatte er aber auf früheren Reisen von Antiochien gehört und war zu dem Schluß gekommen, hier sei eine ideale Operationsbasis für die Ausbreitung des Glaubens. Sein Optimismus war gerechtfertigt. Doch die orthodoxen Juden waren wie üblich nicht gewillt, eine Lehre hinzunehmen, die offenbar einen ketzerischen Nebensproß ihrer Religion darstellte und insofern gegen das Gesetz verstieß, als sie auch Nichtjuden und Heiden als Gläubige akzeptierte. Die römische Verwaltung dagegen scherte sich nicht viel um Glau-bensstreitigkeiten unter den Juden. Zu diesem Zeitpunkt, da die neue Lehre noch nicht weit verbreitet war, muß sie den Römern als eine mehr oder weniger unbedeutende
Spielart des Judentums erschienen sein. Jedem seinen Lieb-191
lingsgott – sollten sie ihre religiösen Auseinandersetzungen doch unter sich abmachen.
Die Juden arbeiteten hart, waren gute Kaufleute und Händler und im allgemeinen auch anständige Bürger. Nur einen Fehler hatten sie: In alles mußten sie die Religion mit hineinziehen, anstatt sich das für die notwendigen Feste und Feiern aufzuheben. Die Juden konnten auf eigene Faust nichts gegen die beiden Anderen aus ihrem Volk unternehmen, und so blieb ihnen nur eins: sie bei den Römern an-zuschwärzen – als Unruhestifter, die eine revolutionäre Idee verbreiteten, die den Frieden in der Stadt gefährden würde.
Zum Judentum übergetretene »gottesfürchtige angesehe-ne Frauen« brachten ihren römischen Gatten die Aktivitä-
ten von Paulus und
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