Die Reiter der Sarmaten
ihnen zu verhandeln, das ist richtig. Aber das habe ich nur deshalb getan, weil sie mich sonst nicht gehört hätten, und wir müssen unsere Stimme zu Gehör bringen. Aber ihr kennt die Devise der Römer: divide et impera – ›teile und herrsche‹. Ich bin mir völlig klar darüber, daß sie glauben, in mir den Mann gefunden zu haben, den sie benutzen können, den ›Vernünftigen‹, aus dem sie ein Werkzeug ihrer Politik zu machen gedenken. Helft ihnen nicht dabei, indem ihr alles Diskutieren und alles Verhandeln auf mich abschiebt.«
Arshak trat zu mir und reichte mir die Hand. »Wir werden zu dir stehen«, versprach er feierlich. Gatalas nickte, und auch er gab mir die Hand.
Ich stand da und hielt die Hände meiner beiden Freunde und Brüder. Die Furcht, die mich unterschwellig gequält hatte, war jetzt offen ausgesprochen; es war eine ungeheure Erleichterung, sie abzuschütteln und alle Mißverständnisse mit meinen Kameraden auszuräumen.
»Ich danke euch«, sagte ich. »Wir werden alle drei gehen und den Legaten aufsuchen. Doch ich denke, Arshak, du solltest vorher deinen Mantel wechseln.«
Er runzelte die Stirn. Er war sehr stolz auf diesen Mantel und trug ihn an diesem Tag lose über die Schultern gehängt. Die Skalpe waren in einer Art Muster angeheftet – die hellerfarbigen bildeten einen Streifen den Rücken und beide Ärmel hinunter, alle übrigen waren schachbrettartig in verschiedenen Schattierungen von Schwarz angeordnet; die rote Wolle des Mantelstoffs zeigte sich nur in den Ärmelaufschlägen. (Ich hatte beobachtet, daß er sorgfältig die Stelle für Facilis’ Skalp ausgesucht und überlegt hatte, welche anderen er wohin umstecken sollte, um Platz für ihn zu machen.)
»Wir wollen den Legaten bitten, uns unsere Waffen zurückzugeben«, sagte ich, als er stumm blieb. »Es wird nicht gerade hilfreich sein, ihn daran zu erinnern, wie viele Römer wir mit ihnen getötet haben.«
Arshak seufzte. »Also gut. Ich werde den anderen tragen. Aber ich war der Meinung, wir würden unsere Waffen zurück fordern , nicht um sie bitten .«
Ich zögerte. »Wollt ihr meinen Rat hören?«
»Du kennst den Legaten besser als wir.«
»Dann sollten wir zuerst bitten, ruhig bitten, bevor wir fordern. Nach meinen bisherigen Erfahrungen ist der Legat ein hochmütiger und harter Mann, der es nicht mag, daß seine Entscheidungen kritisiert werden. Wenn wir fordern, wird er vermutlich nein sagen, nur um uns zu beweisen, daß er sich keine Vorschriften machen läßt. Weigern wir uns dann, die Stadt ohne unsere Waffen zu verlassen, wird er für den Augenblick vielleicht nachgeben müssen, weil er nicht genug Truppen hat, um eine Meuterei niederzuschlagen. Später aber wird er es uns um so härter heimzahlen. Er mag uns nicht, und er traut uns nicht, und er hat Facilis als Berater in seine Legion übernommen.«
»Was?« rief Gatalas. »Facilis geht nicht nach Aquincum zurück?«
Ich erzählte ihnen von Facilis’ Angebot, das der Legat angenommen hatte.
»Kein Wunder, daß man uns unsere Waffen nicht zurückgegeben hat«, sagte Arshak nachdenklich. »Facilis hat den Legaten gegen uns aufgehetzt. Immerhin freut es mich, daß er nun doch nicht sicher heimkommt«, fügte er mit sardonischem Lächeln hinzu.
Ich haßte dieses Lächeln. Ich hätte Arshak gern gesagt, er solle den Zenturio in Ruhe lassen, weil die Genugtuung, sich an ihm zu rächen, die schlimmen Folgen für uns alle nicht aufwog. Doch da ich wußte, wie gereizt er reagieren würde, unterließ ich es.
»Wie, meinst du, könnten wir den Legaten herumkriegen?« fragte Gatalas.
»Wir gehen einfach zu ihm und sagen ihm, daß unsere Männer aufgebracht sind, weil sie erwartet hatten, ihre Waffen gleich nach der Überquerung des Ozeans zurückzubekommen. Vielleicht weiß er gar nicht, was man uns versprochen hat, er war ja nicht in Aquincum. Wir sagen ihm, daß es ihr Vertrauen zu ihm erschüttern müsse, wenn sie die Waffen nicht bekämen, und daß sie in Zukunft keinem seiner Worte, keiner seiner Versprechungen mehr glauben würden.«
»Welches Vertrauen?« fragte Gatalas.
»Das Vertrauen, das wir vielleicht haben werden, wenn er uns fair behandelt. Mein Bruder, er wird sich darüber klar sein, daß unsere Männer von der Ehrlichkeit seiner Worte überzeugt sein müssen. Welchen Grund hätten sie sonst, ihm zu gehorchen? Er weiß, daß er uns irgendwann die Waffen zurückgeben muß . Wir können ihm unser Ehrenwort geben, daß unsere Leute auf dem
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