Die Reiter der Sarmaten
mich meinen eigenen Leuten zu entfremden, mich als Werkzeug gegen mein eigenes Volk zu benutzen. Aber ich brauchte die Briefe als Instrument, um uns besser verteidigen zu können. »Du mußt so rasch wie möglich reiten lernen. Wenn wir in Eburacum ankommen, werden wir sehen, wo wir dich endgültig unterbringen können.«
Lange Zeit saßen wir da, ohne ein Wort zu sagen. Eukairios starrte auf seine Hände. Das Schiff schlingerte, und eins meiner Pferde – ein besonders nervöses, empfindliches Rennpferd – wieherte und warf unruhig den Kopf hoch. Ich ging zu ihm, streichelte es und sprach beruhigend zu ihm. Als ich zurückkam, hatte Eukairios sich gefangen und sah mich unsicher und zweifelnd an. Was für eine Behandlung hatte er von einem Herrn wie mir zu erwarten – einem Barbarenfürsten, der hemmungslos Römer umgebracht hatte und der jetzt nicht nur uneingeschränkte Macht über ihn besaß, sondern auch ein Geheimnis kannte, das ihn sein Leben kosten konnte?
Ich hatte Mitleid mit ihm. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Eukairios«, versuchte ich ihn zu trösten. »Du möchtest mich nicht als Herrn haben, und ich möchte nicht Besitzer eines Sklaven sein. Aber du weißt selbst am besten, daß ich einen Schreiber brauche. Wenn du mir loyal dienst, dann werde ich dich gerecht und gut behandeln. Und ich werde dir die Freiheit schenken, sobald es mir möglich ist.«
Es war mir ernst mit dem Versprechen. Aber ich wußte, es würde eine lange Zeit vergehen, bis ich ihm die Freiheit schenken konnte. Fast wünschte ich, er würde seine religiösen Skrupel vergessen und sich aus dem Staub machen, sobald er in Bononia das Schiff verließ.
Es war schon dunkel, als das Transportschiff Dubris erreichte und, vom Feuer des Leuchtturms geleitet, vorsichtig in den Hafen einfuhr. Als es am Kai angelegt hatte, mußte es gleich entladen werden, eine Arbeit, die beträchtliche Zeit in Anspruch nehmen würde. Bevor Natalis sich zu seiner Residenz auf dem Flottenstützpunkt begab, verabschiedete er sich und wünschte mir Glück und Erfolg in Britannien. Ich bat ihn, Eukairios nach Bononia zurückzuschicken, damit er seine Sachen abholen konnte.
»Befürchtet Ihr nicht, daß er entlaufen könnte?« fragte der Prokurator.
»Er sagt, das würde gegen seine Religion verstoßen. Ich bin geneigt, das Risiko einzugehen.«
»Also gut, ich werde ihn mit in mein Haus nehmen und morgen früh nach Bononia zurückschicken, wenn Ihr es so wollt.«
»Danke, Prokurator.«
Ein Wagen, der aus dem Laderaum gezogen wurde, kam mit einem Rad von der Landungsbrücke ab; unsere Leute schoben ihn in eine, Natalis’ Matrosen zogen ihn in eine andere Richtung; dahinter warteten die Pferde ungeduldig, ins Freie zu kommen, sie wieherten und stampften. »Lebt wohl!« rief ich dem Prokurator zu und beeilte mich, Ordnung beim Entladen zu schaffen.
»Lebt wohl!« rief mir Natalis nach. »Ihr wißt, daß Euren Männern der Paradeplatz zum Aufstellen der Wagen zugewiesen wurde?«
»Ich weiß es, Eukairios hat mir den Brief vorgelesen. Wir werden ihn finden.«
Mitternacht war vorbei, als wir den Lagerplatz erreichten. Die Wagen der Männer, die vor uns herübergekommen waren, standen bereits da, nach unserer gewohnten Ordnung in konzentrischen Kreisen aufgestellt, aber die Feuer waren mit Asche abgedeckt, und alles schlief. Es fing an zu regnen, ein feines Nieseln, das den Boden aufweichte. Wir waren zu erschöpft, um uns etwas zu essen zu machen, wir stellten nur unsere Wagen in den äußersten Kreis, versorgten die Pferde und legten uns schlafen.
Ich war müde, aber ich lag noch lange Zeit wach und horchte auf den Regen und auf das Schnauben der Pferde, die draußen angebunden waren. Ich dachte daran, wie ich in diesem Wagen gelegen und dem Regen gelauscht hatte, in den Armen meiner Tirgatao geborgen und sie in meinen Armen haltend, aufs innigste mit ihr vereint, ohne ein Wort sagen zu müssen. Der Kummer war wie ein schwarzer Abgrund, unergründlicher als das Meer, unbegreiflicher und grenzenloser als die tiefen Wasser. Was würde Tirgatao gesagt haben, wenn ich vorgeschlagen hätte, einen römischen Sklaven in unseren Wagen aufzunehmen?
Ich stand auf, ging nach draußen und sah nach meinen Pferden; dann ging ich wieder hinein und schlief wie ein Toter.
Am Morgen wachte ich spät auf, ich war ganz benommen und fühlte mich wie erschlagen. Arshak und Gatalas warteten draußen auf mich, wieder einmal bereit, zu meutern. Es regnete immer
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