Die Rekonstruktion des Menschen
geborene Streiche.
So nahm er einmal den Kampf gegen mehrere gigantische Kalmare auf, die er, nachdem er eine Weile mit ihnen gespielt hatte, langsam, aber sicher mit einem ganz gewöhnlichen Dolch tötete. Ein anderes Mal ließ er sich von einem ungeheuren Fisch mit tausendzähnigem Rachen verschlingen, dann schlitzte er ihm den Bauch auf und stieg unversehrt wieder heraus. Um ihn herum spielte sich schweigend ein gnadenloser Kampf ab: Die einen Ungeheuer fraßen die anderen und wurden anschließend Opfer noch furchtbarerer Geschöpfe. Nur Redshan stand außerhalb dieses ewigen Kampfes und kam sich vor wie der unumschränkte Herrscher über den Ozean.
Als die Taucherglocke wieder einmal herabgelassen wurde, brachte sie an einem Haken einen kleinen Anker mit in die Tiefe. Es war das verabredete Zeichen für die Einstellung der Arbeit. Redshan war ärgerlich und böse. Er hatte keine Lust, das Unterwasserreich zu verlassen, das mit seinem Schweigen der eigenen ewigen Ruhe glich. Er wollte es aber mit Valmosk nicht verderben, da er an Land noch einiges zu regeln hatte. So unterdrückte er seinen Ärger und stieg in die Taucherglocke, den Deckel der Luke fest von innen verschließend.
Diesmal wurde die Bathysphäre im Laderaum nicht geöffnet. Valmosk befahl, Kurs auf den Hafen zu nehmen. Das Schiff wendete und schlug in Richtung auf die heimatliche Küste ein. Über dem Ozean tobten herbstliche Stürme. Die Mannschaft steckte bis über beide Ohren in Arbeit. Die rätselhafte Taucherglocke war ganz vergessen. Valmosk selbst lag der Länge nach in seiner Kajüte und litt unter einem schweren Anfall von Seekrankheit.
Nach der Ankunft im Hafen leitete Valmosk die Löscharbeiten auf dem Schiff, entlohnte die Mannschaft reichlich und ging dann erst in den Kielraum hinab, wo Redshan in der Taucherglocke schmachtete. Mühsam schraubte der Alte den schweren Deckel ab, leuchtete in das Innere der Bathysphäre und half Redshan beim Aussteigen.
Der Unsterbliche war unbekleidet, er trug lediglich einen Gürtel mit einem Dolch in der Scheide und einer elektrischen Lampe. Aber seine Nacktheit störte ihn nicht, er spürte ohnehin keine Kälte. Valmosk führte ihn zu sich in die Kabine, wo Kleider für ihn bereitlagen, die der neuesten Mode entsprachen. Redshan zog sich rasch an, setzte sich an den Tisch und griff nach Bleistift und Papier.
»Wie sieht das weitere Programm aus, Valmosk?« schrieb er schwungvoll.
»Zunächst ist nichts weiter vorgesehen«, antwortete der Professor. »Ich werde jetzt die Restaurierung meines Hauses in Angriff nehmen, Sie aber können sich ausruhen. Später werden wir eine Reise in das Erdinnere unternehmen. Dort wird es dann noch interessanter sein als auf dem Meeresgrund, Redshan!«
»Gut«, willigte der Unsterbliche ein. »Beschäftigen Sie sich mit Ihren Angelegenheiten. Ich will mich mit den meinen befassen. Es ist höchste Zeit für mich, daß ich meine Familie aufsuche und sie irgendwo unterbringe. Wieviel können Sie mir dafür vorschießen, Valmosk?«
»Soviel Sie wollen, lieber Redshan! Genügen Ihnen vor läufig zehn Millionen?«
»Ja, das ist genug. Fürs erste wenigstens. Schreiben Sie den Scheck aus!«
11
Drei Monate waren vergangen, seit Redshan seine Familie verlassen hatte. Während der ganzen Zeit hatte er nichts von sich hören lassen. Biolia hielt sich durch Gelegenheitsarbeiten über Wasser, beschäftigte sich mit ihrem zweijährigen Arkif und wartete geduldig auf die Rückkehr ihres Mannes. Sie kannte seinen Charakter und wußte, daß er keine Nachricht geben würde, wenn er nicht irgend etwas erreicht hatte.
Eines Nachts wurde Biolia durch ein Klopfen an der Tür geweckt. Sie sprang aus dem Bett, eilte im Nachthemd zur Tür und fragte: »Wer ist dort?«
Niemand antwortete. Das Klopfen wiederholte sich, zunächst einfach, dann im Takt des Marsches aus dem »Troubadour«, den Redshan immer so gern pfiff.
Biolia ahnte sofort, wer da Einfaß begehrte, und zitterte vor Freude.
Sie drehte den Schlüssel herum, nahm die Kette ab und öffnete die Tür. Auf der Schwelle stand Doriel Redshan. Aber war das ihr Doriel? Woher hatte er die teure Kleidung! Doch was interessiert sie schon die Kleidung! Natürlich war es ihr lieber Doriel, sein schönes männliches Gesicht, seine ruhigen, liebevollen Augen!
»Liebster!« stöhnte Biolia leise und warf sich ihrem Mann an die Brust.
Redshan nahm sie auf die Arme, schlug die Tür hinter sich mit dem Fuß zu und trug sie ins Zimmer.
Eine
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