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Die Reliquie von Buchhorn

Die Reliquie von Buchhorn

Titel: Die Reliquie von Buchhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
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Holzkreuz und folgte Rodericus.
     
    »Kannst du reiten?« Gerald rieb die kalten Hände aneinander. Er sah den Atemwölkchen nach, die sich vor seinem Mund auflösten, und gähnte. Er war noch vor Sonnenaufgang aufgebrochen, um rechtzeitig zum gräflichen Anwesen zu kommen.
    Der junge Mönch, den Eckhard ihm kurz als Rodericus vorgestellt hatte, schüttelte den Kopf, ohne ihn anzusehen.
    »Mit meinen Reitkünsten ist es auch nicht weit her, aber ich lerne dazu. Eigentlich geht es ganz einfach«, setzte der Schmied gutmütig hinzu, während er zu der braunen Stute hinübernickte, die mit missmutig hängendem Kopf auf dem Hof stand. »Wulfhard wird dir schon ein braves Tier heraussuchen.«
    »Ein Mönch muss nicht reiten können!«, bemerkte Rodericus patzig.
    »Aber es schadet auch nicht.« Eckhard hatte die Stimme nicht erhoben, aber seine Worte enthielten einen scharfen Tadel.
    Verwundert sah Gerald zwischen den beiden Mönchen hin und her. Im gleichen Moment hörte er die Hufe von zwei Pferden auf dem unebenen Boden. Er drehte sich um und erkannte Wulfhard, der zwei Gäule aus dem Stall führte. »Das sind die Sanftmütigsten, die ich finden konnte, Herr«, sagte er, reichte Eckhard die Zügel und wandte sich wortlos um.
    »Was hat der jetzt wieder?«, erkundigte sich Gerald, während er zu seinem eigenen Tier ging und sich auf den Rücken der Stute zog.
    »Wulfhard zeigt mir sein Missfallen, weil er damit gerechnet hatte, uns nach Bregenz zu begleiten«, erwiderte Eckhard ernst, aber um seine Mundwinkel spielte Belustigung.
    »Aber er darf das Anwesen doch sowieso nicht verlassen«, wandte der Schmied ein. »Jedenfalls hat das Eberhard gesagt.«
    »Ich glaube, das hebt seine Laune nicht wirklich.« Eckhard drehte sich zu Rodericus um, der mit gerunzelter Stirn die Höhe des Pferdes abschätzte. »Kann ich dir helfen?«
    »Ich …, ich weiß nicht.« Vorsichtig legte Rodericus dem Pferd die flache Hand auf den Rücken. Das Tier bewegte sich nicht.
    »Komm!« Eckhard verschlang die Finger ineinander und stellte sich neben den Gaul. »Setz deinen Fuß da drauf und …« Er drückte den jungen Benediktiner so schwungvoll hoch, dass der beinahe auf der anderen Seite vom Pferd gerutscht wäre.
    Wieder einmal bewunderte Gerald die eisenharten Sehnen, die sich in den mageren Unterarmen des Mönchs abzeichneten. Er lenkte seine Braune neben den Jungen, der sich ängstlich schwankend über den Hals des Pferdes beugte. »Einfach gut festhalten«, riet er und klopfte Rodericus leicht auf den Rücken. »Und wenn du runterfällst, tja, dann steigst du einfach wieder auf.«
    Rodericus nickte mit zusammengebissenen Zähnen, während Eckhard sich an die Spitze der kleinen Gruppe setzte. Eine Weile ritten sie schweigend entlang der Uferstraße. Schnee tropfte von den Bäumen und glitzerte in den reinen Strahlen der Morgensonne. In den überfrorenen Pfützen konnten die Reiter ihre verzerrten Spiegelbilder erkennen. Es war so still, dass sogar das feine Klingen des Eises hörbar wurde, das sich immer noch in Ufernähe hielt und von den Wellen auf und ab gewiegt wurde. Über ihnen erwachte das Gezwitscher der Vögel.
    »Wenn ihr nicht geritten seid, dann war das sicher keine leichte Reise, die du und dein Freund zurückgelegt habt. Wo kommt ihr doch gleich her?«, erkundigte sich Gerald.
    »Vom Neckar«, antwortete Rodericus gepresst. »Warum fragst du?«
    »Das löst die Anspannung. Du bist kurz davor, das arme Tier zu erdrosseln. Außerdem werden wir doch einige Zeit miteinander verbringen, da dachte ich, wir nutzen die Gelegenheit und plaudern ein bisschen.« Er sah Eckhard fragend an.
    Der nickte auffordernd. »Gerald hat recht. Erzähl von eurer Reise.«
    »Wie du meinst.« Rodericus sah eine Weile schweigend vor sich hin. »Es war wirklich hart«, sagte er plötzlich. »Wir sind dem Neckar gefolgt, bis er in den Rhein mündet, und von da …«
    »Und das alles zu Fuß?«, platzte Gerald heraus und betrachtete den schmächtigen jungen Mann mit etwas wie Hochachtung.
    Rodericus lächelte verzerrt. »Nein, manchmal sind wir mitgenommen worden, und später sind wir ein Stück mit einem Boot gefahren. Die Flüsse waren nicht mehr vereist. Die Wälder haben wir gemieden. Bruder Warmund hat gesagt, dass es dort zu gefährlich ist. Wegen der wilden Tiere.«
    »Und der Straßenräuber. Trotzdem habt ihr Glück gehabt.«
    »Sag lieber, dass der Herr uns beschützt hat.« Rodericus schlug das Kreuz. »Und dann waren da die Nächte.

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