Die Reliquie von Buchhorn
Bruder. Wo habt ihr übernachtet?«
»In einem Stall. Wir …«
»Dann führ uns hin!«
Sie ritten in die belebten Gassen der Unterstadt. Die Menschen wichen ihnen bereitwillig aus, dennoch wurden die Straßen bald so eng, dass sie absteigen und die Pferde am Zügel führen mussten. Vor einem baufälligen Gebäude, aus dem es intensiv nach Pferdemist roch, hielten sie an.
Gerald sah sich um. »Nicht die allerbeste Gegend. Aber es geht schlimmer.« Er stieß Eckhard in die Seite. »Nicht wahr?«
Der Mönch errötete leicht. »Am besten, wir fangen hier mit der Suche an. Wo finden wir den Besitzer?«
Rodericus wies stumm den Weg. Sie führten die Pferde um den Stall herum. Hühner flatterten mit wütendem Gegacker auf, und der Gestank verstärkte sich. Als sie die Tür zum Stall öffneten, schossen ihnen zwei zottige Hunde entgegen.
»Runter!«, brüllte eine Männerstimme, ehe die Bestien sich auf die drei stürzen konnten.
»Hier habt ihr schlafen können?«, flüsterte Eckhard und senkte die Fäuste.
Rodericus zuckte die Achseln. »Nach einer Weile nimmt man das alles nicht mehr wahr.«
»Was kann ich für Euch tun?« Der Mann kam aus dem Schatten. Eckhard versteifte sich angesichts der hünenhaften Gestalt, doch dann sah er das gutmütige Gesicht, das sich zu einem breiten Lächeln verzog, als die Hunde mit eingezogenen Schwänzen zu ihm liefen. »Was kann ich für Euch tun, werte Herren?« Er bemerkte Rodericus. »Ihr seid das! Habt Ihr Euren Freund gefunden?«
»Nein«, begann Rodericus. »Wir …«
»Wir möchten unsere Pferde bis zum Morgen hier unterstellen«, fiel Eckhard ihm ins Wort.
Der Knecht musterte die Pferde mit Kennerblick. »Schöne Tiere. Für drei Silbermünzen pass ich gut auf sie auf.«
Eckhard nickte Gerald zu, der dem Knecht die Münzen in die rissige Hand drückte, und fragte: »Hast du mit Bruder Warmund gesprochen, bevor er verschwunden ist?«
Der Knecht fingerte an den Geldstücken herum, bis schmutzige Bräune ihren Glanz überdeckte. Er grinste verlegen. »Schon.«
»Und worüber habt ihr gesprochen?«
»Na ja, er … er wollte wissen, wo er Wein holen kann. Für einen Mönch war er ein lustiger Geselle. Sah nicht aus wie einer, der gern fastet, wenn Ihr versteht, was ich meine.« Er klopfte leicht auf seinen Bauch.
»Und du hast ihn zu einem Händler geschickt?«, drängte Eckhard.
»Zum Sigmar, die Straße runter. Da geh ich selber ab und zu hin.«
Eckhard erwiderte das komplizenhafte Lächeln. »Dann danke ich dir, und ich verlasse mich darauf, dass du gut auf unsere Pferde aufpasst. Übrigens«, er drehte sich noch einmal um, »hat sonst noch jemand nach Warmund gefragt?«
»Nicht mich.«
»Gott mit dir!« Eckhard gab Gerald und Rodericus einen Wink. »Kommt!«
Er drängte sich durch die Menschen, die ihm entgegenkamen, aber erst am Ende der Gasse gelang es Rodericus und Gerald, ihn einzuholen.
»Was ist?«, fragte Gerald, während er versuchte, zu Atem zu kommen.
»Jemand ist uns zuvorgekommen.«
»Was meinst du?«
»Sieh doch hin!«, rief Eckhard verstimmt. Er zeigte auf einen kleinen Verschlag, der einmal ein Laden gewesen sein mochte. Jetzt gähnte ihnen nur noch der schwarze Raum entgegen. Wütend stieß Eckhard gegen ein paar Tonscherben. »Also hat der verdammte Kerl doch gelogen!«, knirschte er. Als er aus den Augenwinkeln sah, wie sich Rodericus bei dem Fluch bekreuzigte, fuhr er herum: »Hast du den Knecht damals befragt? Hast du den Weinhändler befragt?«
»N-nein.«
»Was hast du eigentlich gemacht?«
Rodericus wurde blass. Er öffnete den Mund, aber Gerald kam ihm zuvor. Er nahm Eckhard am Arm. »Was, glaubst du, ist passiert?«
»Hier war jedenfalls jemand, der gründlich war«, antwortete Eckhard grimmig. »Ich bin sicher, dass wir die Handschrift kennen.«
»Dietgers Mörder?«
Eckhard nickte. »Also dann zu Leuthard. Ich bin sicher, dass er weiß, welche dunklen Gestalten sich in der Unterstadt herumtreiben.«
»Wer ist dieser Leuthard?« Rodericus hatte sich gegen die Wand gepresst. Er wirkte so verschüchtert, dass Gerald sich an seine ersten Gehversuche in Bregenz erinnert fühlte.
»Ein Gastwirt, den wir vor einem Jahr hier getroffen haben. Er ist ein verkommener Kerl, allerdings schuldet er uns etwas. Vielleicht hätte Wulfhard doch mitkommen sollen. Er kennt dieses Geschmeiß von früher.«
»Gerald«, sagte Eckhard sanft. »Meinst du nicht, dass es Zeit ist, die alten Wunden heilen zu lassen?«
Gerald winkte ab. »Ich
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