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Die Reliquie von Buchhorn

Die Reliquie von Buchhorn

Titel: Die Reliquie von Buchhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
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Sooft wir konnten, haben wir in einem Stall oder einer Kirche übernachtet. Aber es gab genug Nächte unter freiem Himmel.« Er schauderte. »Manchmal war ich allein, während Bruder Warmund etwas zu essen besorgt hat.«
    Gerald und Eckhard tauschten einen Blick. »Hatte er Geld?«, fragte der Schmied neugierig.
    Rodericus machte eine vage Handbewegung und starrte vor sich hin. Der Morgen war klar und wunderschön, aber er schien es nicht zu bemerken. »Ich war so froh, als wir endlich wieder unter Menschen waren«, flüsterte er.
    »Wie auf dem Markt in Aeschach?«
    »Ja.«
    »Was habt ihr dort getan?«
    Der junge Mönch schien aus seiner Erstarrung zu erwachen. Er schob das Kinn vor. »Fragt ihr mich etwa aus?«
    »Ich will mir einfach ein Bild machen. So wie der Abt es von mir fordert«, setzte Eckhard streng hinzu. »Geschah etwas Besonderes in Aeschach?«
    »Nein. Bruder Warmund hat Lebensmittel eingekauft. Brot und Honig.«
    »Honig! Also hat er wirklich Dietger getroffen!«
    »Wie bitte?«
    Eckhard winkte ab. »Nichts. Erzähl weiter. Wo warst du?«
    »Ich habe ihn nicht begleitet. Märkte sind nichts für einen Mönch.«
    »Eben hast du doch gesagt, du wärst froh gewesen, wieder unter Menschen zu sein«, warf Gerald ein.
    Rodericus maß ihn von Kopf bis Fuß. »Ich habe für die Sünder gebetet«, sagte er leise und wandte sich ab.
    »Fragt sich immer noch, wie dein Freund gezahlt hat. Geschenkt hat Dietger ihm sicher nichts.« Gerald verzog das Gesicht.
    Rodericus stieß einen kleinen Seufzer aus. »Bruder Warmund hat mir gesagt, dass der Probst ihm Kostgeld zugestanden hat. Er hat das Geld in einem Beutel unter der Kutte getragen. Ich hatte es nie in der Hand.«
    Gerald verdrehte spöttisch die Augen, schwieg aber.
    »Und von Aeschach aus seid ihr nach Bregenz gewandert. Warum?«
    Rodericus’ Gesicht verschloss sich. »Das war Bruder Warmunds Idee.«
    Gerald öffnete den Mund, aber Eckhard brachte ihn mit einer verstohlenen Handbewegung zum Schweigen. »Und in Bregenz?«
    »Da haben wir wieder in einem Stall übernachtet. Bruder Warmund wollte Wein holen. Er ging weg, und ich bin eingeschlafen.«
    »Und er kam nicht zurück«, schloss Eckhard.
    »Nein. Als er bis zur Prim nicht wieder da war, bin ich ihn suchen gegangen. Aber niemand konnte mir weiterhelfen. Schließlich wusste ich mir nicht anders zu helfen und bin nach St. Gallen weitergezogen. Ich habe gehofft, dass Bruder Warmund das auch tun würde oder schon vorausgereist sei.« Er ließ die Schultern hängen. »Beides ist nicht eingetreten.«
    »Und Bruder Warmund ist immer noch verschwunden.« Eckhard sah Gerald an. »Was meinst du?«
    Der grinste verhalten. »Das, was du auch meinst, da gehe ich jede Wette ein. Seit wann brauchst du mich, es auszusprechen?«
    Eckhards Mundwinkel bebten. »Leuthard?«
    »Leuthard«, bestätigte Gerald, und die beiden Männer fingen an zu lachen.
    Rodericus sah verständnislos von einem zum anderen, doch während Eckhard sofort ernst wurde, verstärkte sich Geralds Heiterkeit noch.
    »Ein alter Bekannter von Eckhard und mir«, erklärte er schließlich, als er wieder zu Atem gekommen war. »Wusstest du nicht, dass dein Ordensbruder ein Mann mit vielen Talenten ist?«
    Rodericus sah zum Pfänder hinüber. »Doch«, flüsterte er und schlug das Kreuz. »Das ist mir klar geworden.«
     
    Über dem Vorberg des Pfänders hatte sich der morgendliche Dunstschleier gelichtet und gab den Blick auf die Häuser der Oberstadt frei. Der untere Teil des alten Brigantiums, der sich schon seit Römerzeiten an den Felsen schmiegte, hatte sich im Lauf der Zeit bis zum Seeufer ausgedehnt, da keine Stadtmauer die Häuser und Gassen eindämmte. Sogar aus der Entfernung konnten die drei Reisenden das rege Treiben erkennen, das den Hafen von Bregenz erfüllte.
    »Vermisst du es?«, fragte Eckhard unvermittelt.
    Geralds Gesicht wurde nachdenklich. »Es war eine gute Zeit, die ich hier verlebt habe, aber jetzt erlebe ich eine bessere mit meiner Frau. Nein, ich bedauere nichts.«
    »Ihr habt in diesem Sündenbabel gelebt?«, fragte Rodericus und bekreuzigte sich.
    Geralds versonnenes Lächeln verbreiterte sich zu einem Grinsen. »Ich nehme an, in Sankt Michael geht es beschaulicher zu«, sagte er mit gutmütigem Spott.
    Rodericus nickte heftig. »An manchen Tagen ist das Tosen des Neckars das einzige Geräusch. Die Dörfer sind weit entfernt. Es ist ein gottgefälliges Leben. Ein Leben, das jeder Mönch anstreben sollte.«
    »Gewiss,

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