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Die Reliquie von Buchhorn

Die Reliquie von Buchhorn

Titel: Die Reliquie von Buchhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
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von Bedeutung. Nicht wahr, Veit?«
    Der Alte griff nach seinem Krug. Seine Augen waren gerötet, und sein Blick unstet. »Ich hab den Jungen nur gefragt, warum die Isentrud nicht mehr hier arbeitet und …«
    Bertram packte erneut den sehnigen Arm des Fischers und drückte ihn diesmal so fest, dass der Alte abbrach. »Hannes …«
    Aber Hannes hatte bereits die Arme in die Seiten gestemmt und beugte sich vor. »Ich sag’s dir einmal und dann nicht mehr: Sie arbeitet nicht hier und hat auch nie hier gearbeitet. Isentrud ist eine wohlhabende Witwe, die nach der Beerdigung ihres Mannes in ihr Haus zurückgekehrt ist.«
    »Jetzt ist es also schon ihr Haus«, sagte der Zimmermann und stieß Bertram vielsagend an. Der lächelte leicht, während sich das Rot in Hannes’ Wangen vertiefte.
    »Wessen Haus soll es denn sonst sein? Ihr Mann ist tot.«
    Bertram lehnte sich zurück. Seine Hände spielten mit dem Krug, der vor ihm stand. »Das ist natürlich praktisch für sie. Ein Grundstück, die Bienen und Geld natürlich. Sie kann dem Mörder beinahe dankbar sein.«
    »Was willst du damit andeuten?« Hannes hörte, wie es an den Nachbartischen ruhig wurde, aber er konnte sich nicht bremsen. »Das klingt fast wie eine Anschuldigung.«
    »Ist das so?« Bertram zuckte mit den Achseln. »Wir machen uns nur so unsere Gedanken. Der Wulfhard ist immer noch am Leben, also war er es vielleicht doch nicht. Wer war es dann?« Er nippte an seinem Bier und betrachtete Hannes über den Becherrand hinweg. »Kannst du wirklich behaupten, du hättest nie an diese Möglichkeit gedacht?«
    »Und welche Möglichkeit soll das sein?«
    »Schon gut«, lenkte Bertram mit einem feinen Lächeln ein. »Wir reden ja auch nur so.«
    »Dann redet und trinkt, aber lasst sie in Ruh!« Hannes drehte sich schroff um und kehrte zum Ausschank zurück.
    Bertram sah ihm eine Weile nach, und das Lächeln in seinen Mundwinkeln wurde breiter.
    »Na, du hast vielleicht Nerven«, brummte der Zimmermann und stieß ihn in die Seite. »Ich dachte, der haut dir eine rein.«
    »Hannes?« Bertram strich sich die Haare aus der verschwitzten Stirn und schüttelte langsam den Kopf, während sein Gesicht sich verfinsterte. »Habt ihr ihn nicht beobachtet? Der glaubt doch schon lange nicht mehr, dass dieses Weib unschuldig ist. Ob der nun scharf auf ihr Land oder auf ihren vertrockneten Körper ist, weiß ich nicht, aber das ist auch egal. Ihr habt sie alle gesehen. Keine Träne! Nicht einmal so getan hat sie, als trauere sie um ihren Mann. Und als sie für seine Seele gesprochen hat, hat das Luder so geklungen, als hätte sie am liebsten ausgespuckt.«
    »Du hast sie aber genau beobachtet«, bemerkte der Fischer und rutschte unbehaglich auf seinem Hocker hin und her.
    Bertrams schmale Hände verkrampften sich. »Und ob ich das habe. Ich wollte Gewissheit. Das sind wir alle Dietger schuldig. Findet ihr nicht?«
    Der Zimmermann trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte. »Ich hab Dietger jedenfalls g’mocht. Deshalb will ich mir vorstellen können, dass Gott der Herr seine Seele bei sich aufnimmt, ohne Wenn und Aber. Alles andere wäre net gerecht. Sie hat ihm das Leben zur Hölle gemacht, mit ihrer Kinderlosigkeit und allem. Meine Frau hat mir jetzt das sechste Kind geboren. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie Dietger sich gefühlt haben muss.«
    »Recht hast du. Ich hab ihm immer gesagt, dass es falsch war, eine Fremde zu nehmen. Aber er hat zu ihr gestanden. Ich erinnere mich noch an den Tag, als wir aus Aeschach zurückkamen. Gesungen hat er und gesagt, dass mit der Reliquie im Haus alles besser wird. Und jetzt ist er tot, und dieses Weib genießt ihr Erbe, anstatt um ihren Mann zu trauern. Kommt euch das nicht verdächtig vor?« Bertram blickte in die Runde.
    »Verdächtig?«, wiederholte der jüngere der beiden Bauern. Sein rundes Gesicht war nachdenklich verzogen. »Aber der Mörder ist doch der Wulfhard. Das weiß doch jeder.«
    »Jeder außer dem Grafen, du Dummkopf. Glaubst du, der erkennt einen Mörder nicht, wenn er vor ihm steht?«, spottete Bertram. »Nein, du bist ein Narr, aber der Graf ist sicher keiner! Der Wulfhard war es nicht, das war jemand ganz anderes.« Er legte die Hände flach auf den Tisch. »Und ihr wisst alle, wer es war.«
    Die vier Männer schwiegen.
    »Feiglinge!«, zischte Bertram. »Sie war es. Isentrud. Ihr seht doch, wie sie dem armen Hannes jetzt den Kopf verdreht. Und wenn der übers Jahr auch tot ist? Mit eingeschlagenem Schädel

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