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Die Reliquie von Buchhorn

Die Reliquie von Buchhorn

Titel: Die Reliquie von Buchhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
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ich bin eine!«, schluchzte Isentrud. »Ich … Ich …«
    Fridrun schlang die Arme um sie und drückte ihren Kopf an ihre Schulter, bis Isentruds Zittern verebbte. »Das sind wir doch alle«, flüsterte sie. »Aber du bist ein guter Mensch! Das darfst du nie vergessen. Und fühl dich bloß nicht schuldig, weil du nicht um Dietger trauerst. Er war ein Schwein! Und dass er tot ist, macht ihn nicht besser!«
     
    Als Fridrun die Schmiede erreicht hatte, stand ihr Plan fest. Ohne sich die Zeit zu nehmen, ins Haus zu gehen, lief sie zum Stall, in dem der alte Wildfang sein Gnadenbrot fraß. Ihre Füße waren eisige Klumpen, und der nasse Saum des Rocks schlug ihr schwer gegen die Knöchel, aber sie hatte keine Zeit zu verlieren.
    Zärtlich streichelte sie den alten Hengst, ehe sie ihn aus dem Stall führte und mit geschickten Handgriffen vor Geralds Karren spannte. Wildfang stellte die Ohren auf und drängte seine warme Nase gegen Fridruns Brust. Sie kicherte mit einem hysterischen Unterton. »Später, alter Freund. Dann bekommst du eine Belohnung. Aber jetzt musst du brav sein!«
    Als ob er ihre Worte verstanden hätte, senkte er den Kopf und setzte sich in Bewegung, sodass der Karren mit einem leichten Ruck anfuhr.
    Es wurde ein mühsamer Weg durch den Wald, und sowohl Fridrun als auch das magere Pferd zitterten vor Kälte und Erschöpfung, als der Wagen quietschend auf den Hof des gräflichen Anwesens rumpelte. Fridrun war dankbar, dass kaum Menschen unterwegs waren. Sie blies in ihre vor Kälte erstarrten Hände und versuchte vergeblich, ihren Schleier so zu richten, dass die Flecken unsichtbar wurden. Im Stillen verfluchte sie sich für ihren impulsiven Aufbruch, aber jetzt war es zu spät. Sie schnalzte mit der Zunge und brachte Wildfang dazu, sich ein letztes Mal ins Geschirr zu stemmen. Als sie die Ställe zwischen den Gebäuden auftauchen sah, begann ihr Herz zu klopfen. Obwohl sie sich bei dem Gedanken an Wulfhard schuldig fühlte, verspürte sie etwas wie Vorfreude, ein freundliches Gesicht zu sehen. Doch der Mann, der vor dem Stall stand, war nicht Wulfhard, sondern Eberhard. Er redete auf Gisbert ein, und obwohl sie ihn nur von hinten sah, erkannte sie an seiner Haltung, wie wütend er war.
    Sie kletterte vom Wagen und ging näher.
    »… noch mal, Gisbert, Wulfhard ist der Stallmeister, und das bleibt er auch. Du bist Stallknecht und hast ihm zu gehorchen!«
    »Da!« Gisbert zeigte auf Fridruns Karren und Wildfang, der leise zu schnauben begonnen hatte.
    »Lenk nicht ab!« Eberhard packte den Jungen am Hemd und schüttelte ihn. »Der Graf hat so entschieden, und ich will nichts mehr hören!«
    Gisbert schob trotzig das Kinn vor. »Dann soll ich also die Befehle eines Mörders ausführen. So einer …«
    Eberhard stieß Gisbert gegen die Wand. »Geh an deine Arbeit!«, knirschte er. »Bevor ich dir Gehorsam einprügele!«
    Fridrun hatte gehofft, dem Streit zu entfliehen, aber hier ging der Hass ungemindert weiter. Sie ließ die Schultern hängen und stöhnte.
    Eberhard fuhr herum. »Fridrun!«, rief er. »Gott zum Gruß!« Er ließ Gisbert los und kam auf die junge Frau zu. »Was führt Euch hierher? Habt Ihr Nachricht von Gerald?«
    Sie überließ Eberhard die Zügel des Pferdes, die er mit einem warnenden Gesichtsausdruck an Gisbert weiterreichte, und zwang sich, sein Lächeln zu erwidern. »Ich muss mit dem Grafen sprechen. Es ist wichtig!«
    Eberhard runzelte überrascht die Stirn und winkte den Stallknecht weg, der den armen Wildfang grob hinter sich herzerrte. Eberhard machte eine Bewegung, als wäre er ihm am liebsten hinterhergerannt, um seine Drohung doch noch wahr zu machen, aber er blieb bei Fridrun. »Zum Grafen?«, vergewisserte er sich, ohne auf ihre schmutzige Erscheinung einzugehen.
    »Oder noch besser zur Gräfin.«
    »Der Herr ist beschäftigt«, erklärte Eberhard. »Und der Herrin ist nicht wohl. Aber ich richte gern Eure Nachricht aus.«
    Fridrun schüttelte heftig den Kopf und griff nach seiner Hand. »Ich muss persönlich mit ihm sprechen. Und zwar gleich.«
    »Kommt erst mal ins Warme. Meine Mutter wird sich freuen, Euch zu sehen.« Ohne auf ihr Widerstreben zu achten, führte er sie in die Küche, wo Gudrun eben das Mittagsmahl für die Herrschaft zubereitete. Fridruns Magen begann zu knurren. Eberhard lachte leise, und die alte Frau am Herd hob den Kopf.
    »Eberhard, bist du das?« Sie blinzelte hektisch.
    »Ja, Mutter.«
    »Hast du dich schon wieder mit Gisbert gestritten?«,

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