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Die Reliquie von Buchhorn

Die Reliquie von Buchhorn

Titel: Die Reliquie von Buchhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
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Mühe, seinen Blick von Isentrud zu nehmen, die stur auf ihre schmutzverkrusteten Schuhe starrte.
    Zögernd schaute Eberhard zwischen den beiden hin und her, endlich zuckte er die Achseln und ging mit dem Pferd zum Stall.
    Wulfhard packte Isentrud am Ellenbogen. »Bist du in Schwierigkeiten?«
    Ihre grauen Augen blitzten kalt. »Nicht doch. Bist du froh, nicht mehr unter Mordverdacht zu stehen?«
    »Isentrud«, beschwor er sie und brach wieder ab. Seine Finger gruben sich so fest in ihr Fleisch, dass die Haut sich rot verfärbte. »Wenn du ihn umgebracht hast …«
    Sie riss sich mit einem Ruck los. »Geh!«, zischte sie. »Verschwinde bloß! Ich will dich nicht mehr sehen!« Sie hob den Arm, auf dem noch seine Fingerabdrücke leuchteten, und fuhr sich heftig über die Augen.
    »Isentrud! Um wen weinst du?«
    Ihre Augen waren gerötet, aber kalt. Ihre Stimme war ein heiseres Flüstern. »Um mich! Und jetzt geh!« Sie drehte sich um und folgte Eberhard.
    Wulfhard sah ihrem steif durchgedrückten Rücken nach, bis sie zwischen den Gebäuden verschwunden war. Er war aschfahl. »Das werde ich, Isentrud! Aber anders, als du dir das vorstellst.«

VI
    »Zieh das an!« Eckhard hielt Gerald das dunkle Stoffbündel nachdrücklich unter die Nase.
    Der Schmied wich zurück. »Ich bin kein Mönch!« Er wischte die Reste der kärglichen Mahlzeit, die sie im Schatten hoher Eichen eingenommen hatten, von den Fingern. »Vergiss es, Eckhard, ich tue das nicht. Ich ziehe das nicht an.«
    »Vielleicht hat er recht«, bemerkte Rodericus vorsichtig. »Darf er als Laie überhaupt eine Kutte tragen?« Im Gegensatz zu Gerald und Eckhard hatte er es vorgezogen, zu fasten und zu beten. An den Knien wies seine Kutte feuchte Flecken auf.
    Eckhard sprang auf die Füße und warf Gerald das Bündel in den Schoß. »Bei allen Heiligen, dies ist eine Frage der Sicherheit und nicht der Gottesfurcht. Gerald, du weißt selbst, was es für uns – für dich – bedeutet, sich auf das Gebiet der Welfen zu wagen. Heinrich von Altdorf und der Graf von Buchhorn sind alles andere als Freunde. Und drei Mönche sind nun einmal der unauffälligste Anblick, den ich mir denken kann.«
    »Wieso hast du die Kutte überhaupt dabei?«, murrte Gerald, während er das Mönchsgewand unwillig entrollte.
    »Für den Fall, dass Bruder Warmund saubere Kleider benötigt«, antwortete Eckhard. »Jetzt zieh das endlich an!«
    Gerald knurrte etwas Unverständliches, aber er stand auf und verzog sich hinter einen der mächtigen Stämme. »Das Ding passt nicht!«, rief er schließlich.
    »Lass dich einmal anschauen.«
    Gerald trat wieder auf die Lichtung, und Eckhard hatte Mühe, ein Lachen zu unterdrücken. Die Kutte war zwar weit genug, aber sie endete ein gutes Stück oberhalb der Knöchel, sodass die derben Schuhe des Schmieds unbedeckt blieben. Außerdem spannte sie über Geralds breiten Schultern.
    »Ich sag doch, dass sie nicht passt.«
    »Du siehst ganz ordentlich aus«, beruhigte Eckhard ihn schmunzelnd. »Aber pass auf, dass man das Schwert nicht sieht«, setzte er ernster hinzu und zeigte auf den Umriss der Waffe, die sich unter dem dunklen Stoff abzeichnete, als Gerald sich bewegte.
    »Aber meine Schuhe …«
    »Die fallen niemandem auf, wenn du hinter uns bleibst. Aber was hältst du von einer Tonsur?«
    Gerald riss vor Entsetzen die Augen auf, und Eckhard lachte. »Nur ein Scherz. Du bist Novize. So können wir auch die übrigen Mängel in deiner Erscheinung erklären. Einigermaßen jedenfalls.« Er schmunzelte.
    »Und wie erklären wir dein blaues Auge?«, brummte Gerald.
    Eckhards Lachen erstarb. »Gar nicht. Und jetzt sollten wir uns beeilen, sonst kommen wir vor Einbruch der Dunkelheit nicht mehr nach Altdorf.«
    Er band sein Pferd, dessen Zügel um einen Ast geschlungen waren, los und führte es aus dem Schatten zurück auf die Straße. Gerald und Rodericus folgten ihm.
    »Und wie soll ich jetzt reiten?«, beschwerte sich Gerald, während er die Straße hinaufsah, die am Bodensee entlang und durch das Schussental nach Altdorf führte. Zu ihrer Rechten senkte sich die Sonne allmählich dem Horizont entgegen.
    »Wie wir auch. Streif die Kutte über die Knie«, empfahl Eckhard, ohne sich umzudrehen. Er zog sich auf den Rücken des Tieres und schnalzte mit der Zunge. Wenig später ritten sie schweigend durch den nachmittäglichen Wald. Die Pferde gerieten auf dem aufgeweichten Boden immer wieder außer Tritt, trotzdem fand Gerald die Anzeichen von Frühling,

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