Die Reliquie von Buchhorn
tasteten über die Schwellung an seinem Auge. »Bruder Warmund nicht, aber vielleicht ist es dieser Hunfried. Nun, das werden wir bald wissen. Auf zum Wolf!«
Die Schankstube Zum Wolf lag in einer schmalen Gasse unterhalb des Hügels, auf den das Anwesen des Grafen im Licht der Abendsonne seinen Schatten warf. Der graue Wolf fletschte den Ankömmlingen seine Zähne von einem verwitterten Brett entgegen, das an Seilen im Wind hin und her schwang. Durch die engen Fenster und die dünnen Holzwände drangen Gelächter und Gejohle der Gäste.
Die Tür knarrte, als Eckhard sie aufdrückte. Ihn empfing ein Halbdunkel, in dem er die Männer nur als Schemen erkennen konnte. Der Wirt schien nicht viel von Kerzen zu halten, solange die roten Strahlen der Abendsonne noch etwas Licht spendeten. Allerdings waren die Gäste auch von der Sorte, die sich eher in der Nacht als am Tage zu Hause fühlte. Als seine Augen sich an das Zwielicht gewöhnt hatten, sah er, dass eine kräftig gebaute Schankmagd auf ihn zukam. Auch ihre Züge konnte er nicht erkennen, aber ihr helles Leinenkleid hob sich von der Dunkelheit ab. Er bedeutete Gerald und Rodericus, am Eingang zu warten, und ging auf die Frau zu.
»Gott zum Gruße.«
Sie riss die Augen auf, als sie in dem Gast einen Mönch erkannte. Ihre dunklen Augen huschten beinahe verschreckt über seine Kutte. Trotz der Krüge, die sie in den Händen hielt, machte sie eine kleine Verbeugung. »Verzeiht … Bruder … Herr …«
»Schon gut«, sagte Eckhard sanft. »Könnt Ihr …«
Sie warf einen gehetzten Blick über die Schulter. »Kein Platz frei, Herr.«
Er lächelte und beendete seinen Satz: »… mir helfen? Ich suche jemanden, der hier auf mich wartet.«
»Ihr seid das?«, rief sie, und ihre Augen wurden noch größer. »Ja, da ist jemand, der auf einen Mönch wartet.« Sie zeigte nach hinten in immer tiefer werdende Dunkelheit. »Er sitzt beim Würfelspiel.«
Eckhard zog verwundert die Brauen zusammen und drehte sich zu seinen Begleitern um. Raues Gelächter begrüßte sie in der Gaststube.
»Noch mehr Betbrüder«, rief ein Mann und streckte seine langen Beine aus. »Habt ihr euch verlaufen? Die Kirche ist auf der anderen Seite der Gasse!«
Doch noch ehe jemand seinen Scherz aufnehmen konnte, entbrannte in der hintersten Ecke ein Streit.
»Her mit dem Geld!«, forderte eine Männerstimme. Derbes Gelächter folgte den Worten.
Eckhard und Gerald fuhren gleichzeitig zusammen und starrten einander an.
»Das kann doch nicht wahr sein!«, rief der Schmied. »Ich glaub das nicht!«
Eckhard schüttelte nur den Kopf. »Mit allem hatte ich gerechnet, aber nicht damit. Weiß Gott, nicht damit.« Er lachte in sich hinein, während er sich einen Weg durch die dicht stehenden Bänke und Tische bahnte.
Am Tisch der Spieler drohten Handgreiflichkeiten.
Ein Mann war aufgesprungen und schwang die Faust. »Du hast das Glück gepachtet, wie! Bist du sicher, dass das mit rechten Dingen zugeht?«
»Mit rechten Dingen und mehr Verstand, als du ihn hast, mein Freund. Setz dich und spiel noch eine Runde. Vielleicht hilft das Glück diesmal dem Dummen!« Der Mann warf den Kopf zurück, und sein rotes Haar leuchtete auf.
»Wulfhard!« Eckhard schob den erbosten Spieler beiseite und verschränkte die Arme. »Was bei allen Heiligen machst du hier?«
Wulfhard sah auf und grinste. »Ich warte. Wenn ich natürlich gewusst hätte, wie langsam Ihr seid, hätte ich mich nicht so beeilen müssen. Na ja, meiner Reisekasse hat es nicht geschadet.« Er nahm eine Münze von dem Haufen, der vor ihm lag, schnippte sie in die Luft und fing sie wieder auf. »Was hat Euch so lange aufgehalten?«
Eckhard setzte zu einer scharfen Erwiderung an, doch der Spieler kam ihm zuvor. »Du hast mir noch eine Runde versprochen. Also schwatz nicht und würfele.« Er stank nach Schafen und billigem Wein.
Eckhard zwang sich, flacher zu atmen, als der Mann sich ihm näherte. Er beugte sich vor und legte die gespreizte Hand auf die Knöchel auf dem Tisch. »Für heute ist dieses Spiel beendet!«
Die Männer fingen an zu murren, aber Wulfhard lachte nur. »Passt auf, wen ihr beleidigt. Der hat Gott auf seiner Seite.«
Spöttisch sah er den vier Gestalten nach, die leicht schwankend zum Ausschank gingen, nicht ohne dem Mönch ein paar giftige Blicke zuzuwerfen. Dann ließ er die Münzen in seinem Gürtel verschwinden und streckte die Hand aus. »Meine Würfel? Und keine Sorge, Mönch, die sind nicht gezinkt. Das hab
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