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Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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Schießscharten kauerten. Im Kamin loderte ein mächtiges Feuer, ein ganzer Baumstamm lag in der Glut und spendete wohlige Wärme.
    Engelbert entdeckte den König und trat auf ihn zu.
    Karl begrüßte ihn mit einem Lächeln. »Wir sind glücklich, Euch wohlauf zu sehen, Engelbert. Ihr hattet eine beschwerliche Reise, aber wie wir hörten, war sie von Erfolg gekrönt.« Karl hielt ihm die Hand hin.
    Engelbert kniete nieder und küsste den großen Siegelring. Bei Audienzen in seinen privaten Gemächern verzichtete Karl auf diese Formalitäten, aber ein großer Teil seines Hofes war zugegen, da konnte er sich keine Vertraulichkeiten leisten.
    »Erhebt Euch und trinkt einen Becher Wein mit uns, während Ihr uns erzählt, was vorgefallen ist.« Karl zeigte auf einen mit Pelzen belegten Sessel aus Holz, ohne Zweifel der Thron, und dann auf einen Scherenstuhl, der durch ein aufgelegtes Bärenfell Bequemlichkeit versprach.
    Mit einer lässigen Handbewegung verscheuchte Karl seine Höflinge, die einen Kreis mit einem Durchmesser von fast dreißig Fuß um den Thron bildeten und eifrig miteinander parlierten. Somit waren sie außer Hörweite, zumindest, wenn sie leise miteinander sprachen.
    »Von Erfolg gekrönt, mein König, aber nicht ohne Verluste.« Engelbert nahm den Faden wieder auf. Sollte er Karl endlich beichten, dass Amalie Severin eigentlich Amalie Belcredi hieß? Irgendetwas mussten die Belcredis mit Karls jüngstem Abenteuer zu tun haben. Warum sonst hatte man ihn ausgerechnet auf Pasovary beinahe umgebracht? Oder war auch dies nur ein Teil der Gerüchte, die Karl selbst in die Welt gesetzt hatte? Engelbert überlegte fieberhaft. Es war nicht der Zorn des Königs, vor dem er sich fürchtete. Er hatte Angst, dass er sich irrte. Er wusste einfach zu wenig. Wie gut kannte er die Frau denn, die alles im Kopf behielt, was sie sich anschaute? Ihre Darbietung im Kloster Znaim war grandios gewesen und hatte seine Erwartungen weit übertroffen. Sie hatte die langen Ritte fast klaglos ertragen, die Männer verehrten sie. Aber gerade das stimmte ihn misstrauisch. Konnte eine Jüdin, die kaum erwachsen war und zeit ihres Lebens wohlbehütet hinter Mauern gelebt hatte, das vollbringen? Wo steckte sie? Lebte sie noch? War sie die, für die sie sich ausgab? Oder war sie doch eine Spionin, die nur auf die richtige Gelegenheit wartete, Karl zu töten?
    Der Mundschenk trat hinzu, ein silbernes Tablett mit zwei ebenso silbernen Bechern auf einer Hand balancierend. Sie nahmen die Becher, der Mundschenk entfernte sich, sie stießen an, tranken.
    »Verzeiht unsere Geheimnistuerei, aber wir müssen uns noch für ein paar Tage tot stellen«, erklärte der König, ohne auf Engelberts Bemerkung einzugehen. »Keinesfalls länger. Es könnte zu Aufständen kommen, unsere Gegner könnten schneller sein als wir, und das wäre nicht in unserem Sinne. Und die Königin?« Er schmunzelte. »Wie hat sie sich geschlagen?«
    »Ich habe ihr jedes Wort geglaubt.« Engelbert senkte kurz den Blick. »Ist es nicht, verzeiht meine offenen Worte, Herr, aber ist es nicht seltsam, von Menschen umgeben zu sein, die so überzeugend lügen, dass man die Wahrheit nicht mehr erkennen kann?«
    Karl grinste über das ganze Gesicht. »Nun, Ihr gehört doch wohl auch zum Kreis dieser Menschen?« Er machte eine Pause und schaute Engelbert in die Augen. »Solange Ihr nur dann lügt, wenn ich es wünsche, bin ich damit vollkommen einverstanden. Und wenn ich es anordne, dann sollten Eure Lügen so gut sein, dass ich meine Ziele damit erreiche.« Er lehnte sich zurück.
    Engelbert war aufgefallen, dass das Gespräch eine vertrauliche Wendung nahm. Der König sagte »ich« und nicht »wir«.
    Karl zog eine Augenbraue hoch. »Oder muss ich an Eurer Treue zweifeln?« Bevor Engelbert etwas erwidern konnte, winkte Karl ab. »Ich habe keinen Moment an Euch gezweifelt, und es war auch keine Prüfung, dass ich Euch im Unklaren ließ, sondern Notwendigkeit.«
    Engelbert wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er musste sich beherrschen, um nicht ungeduldig nachzufragen. Der König sprang von einem Gedanken zum nächsten, wie es ihm beliebte, dabei hatte Engelbert so viele Fragen, auf die er gern eine Antwort gehabt hätte.
    Karl schien zu erraten, was hinter seiner Stirn vor sich ging. »Sicherlich wollt Ihr wissen, was mir widerfahren ist?«
    Engelbert neigte den Kopf, um ein Nicken anzudeuten.
    »Einzelheiten spielen keine Rolle«, erklärte der König. »Ich schrieb Euch ja

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