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Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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Königin und mein Freund Montfort Euch ein treffliches Theater vorgespielt. Denn, Ihr werdet es bereits erraten haben: Ich bin alles andere als tot. Der Herr, unser Gott, hat mich beschützt, Ehre sei ihm immerdar.
    Engelbert bekreuzigte sich und las weiter.
    Für eine bestimmte Zeit soll die Welt in dem Glauben gelassen werden, ich sei bereits vor meinen Schöpfer getreten. Denn ich will endlich und für immer die Widersacher entlarven, die Verräter, denen es diesmal fast gelungen wäre, mich zu ermorden. Und ich will prüfen, wie fest die Wittelsbacher und die Habsburger zu ihren Versprechen stehen. Wie Montfort mir berichtete, seid Ihr über jeden Zweifel erhaben, auch Anna war sehr angetan von Eurer unverbrüchlichen Treue. Aber es gibt noch größere Gefahren als Meuchelmörder oder feindliche Armeen. Deswegen muss ich Euch sprechen. Unter vier Augen. Brecht sofort mit Matyas auf. Vernichtet das Dokument, und weiht niemanden ein. Wir sehen uns auf der Burg Karlstein.
    Der Brief war mit dem Geburtsnamen des Königs gezeichnet: Wenzel . Engelbert atmete aus, dann wieder tief ein. Sollte er jetzt nicht jubeln? Auf die Knie fallen und Gott danken? Doch der Schock saß ihm noch zu tief in den Knochen. Er war erleichtert, ja, aber die Freude würde noch einen langen Weg haben, bis sie sich zeigen würde.
    Engelbert hielt das Pergament an den brennenden Kienspan und warf es zu Boden. Nachdenklich betrachtete er Matyas Romerskirch, der zusah, wie der Brief zischend und knackend verbrannte. Er hatte den Namen dieses Mannes schon gehört, aber heute war er ihm zum ersten Mal begegnet. Er wusste nichts über ihn, außer dass er einer der engsten Vertrauten des Königs war und dass er über ein weit gespanntes Netz von Informanten verfügte, das sich über Böhmen und das ganze Reich erstreckte. Romerskirch musste wirklich ein Meister seines Faches sein, denn des Nachts unbemerkt in eine Kommende des Deutschordens einzudringen, war nicht die leichteste Aufgabe. Ein Mann also, den Engelbert im Auge behalten musste.
    Über der Stadt begannen die Glocken zu läuten, auch die der Kommende sandte ihre Botschaft über das Land. Nach einer langen kalten Winternacht brach die Dämmerung an, das Morgengebet musste gesprochen werden, in den Klöstern versammelten sich die Mönche zu den Laudes.
    Wenig später preschten Engelbert und Matyas Romerskirch die Berounka entlang. Die Gegend war menschenleer, der Schnee lag hier tiefer als in der Stadt. Schon bald kam die Baustelle von Karlstein in Sicht, auf einem steilen Felssporn ragte sie hoch über das Berounkatal. Engelbert hielt an und blickte staunend nach oben.
    Romerskirch erklärte stolz, wie sicher die Anlage sein würde: Selbst ohne die drei Verteidigungsringe, die einmal die Reichskleinodien und Karls Reliquienschatz beschützen würden, wäre die Burg schon jetzt schwer einzunehmen. Wer hier hinaufwolle, der müsse Steilwände von einhundertfünfzig Fuß überwinden – und das unter ständigem Beschuss. Sogar eine Quelle hätten die Bergleute gefunden, nachdem sie den Brunnen über zweihundertvierzig Fuß tief in den Fels getrieben hatten.
    Sie ließen die Pferde weitergaloppieren. Die Flanken der Tiere glänzten vom Schweiß, von den Mäulern troff Schaum, und ihr Atem gefror in der Luft. Ungehindert passierten sie mehrere Wachpunkte, die Männer öffneten blitzartig die Schildwälle und schlossen sie ebenso schnell wieder. Kein Zweifel, der König hielt sich hier auf, und er hatte Grund zur Wachsamkeit. Erst auf dem Plateau parierten Romerskirch und Engelbert durch, sogleich eilten Knappen herbei, um die Pferde zu versorgen.
    Engelbert war beeindruckt, was die Arbeiter in nur zwei Jahren geschafft hatten. Der Bergfried war noch nicht vollendet, ein Stockwerk und das Dach fehlten noch, aber für den Winter hatten sie ein Holzdach aufgesetzt, das sie im Frühjahr wieder abnehmen würden. Das Plateau wimmelte von Rittern, Fußvolk, Bogenschützen und Kriegsmaschinerie, es war eine ansehnliche Armee, die Karl hier zusammengezogen hatte. Eine Armee, die in wenigen Stunden vor der Prager Burg auftauchen konnte. Eine Armee, die dennoch dem Feind nicht standhalten würde, sollte er sich mit voller Stärke in Bewegung setzen.
    Matyas eilte auf den Eingang des Bergfrieds zu, Männer verbeugten sich vor ihm und vor Engelbert. Sie traten in einen Saal, der hinaufreichte bis in den provisorischen Dachstuhl. Einige Gerüste säumten die Mauern, auf denen Armbrustschützen an den

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