Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)
bereits, dass mir eine Falle gestellt und ein Anschlag auf mein Leben verübt wurde. Doch der Herrgott schützt seinen König. Ich entkam, der Plan misslang. Leider ist der Drahtzieher meinen Männern entwischt. Es ist Fürstabt Rupert Fulbach.«
»Fulbach?« Engelbert wusste, dass der Abt nicht gerade ein Freund des Königs war, doch einen feigen Mordanschlag hätte er dem Kirchenmann nicht zugetraut. »Seid Ihr sicher?«
»Absolut. Er steckt übrigens auch hinter den Gerüchten, die überall meinen Tod verkünden. Er glaubt es selbst.« Karl lächelte. »Er weiß noch nicht, dass ich entkommen bin. Ich hoffe, dass Fulbach aus seinem Versteck kriecht, bevor ich mich wieder zeigen muss. Dann könnte ich ihn packen und ein für alle Mal zum Schweigen bringen. Ich glaube, es sind noch einige andere Äbte und sogar Bischöfe an der Verschwörung beteiligt. Meine Spione sind fleißig, die Liste der Verdächtigen wird immer länger.« Er nippte an seinem Wein. »Und jetzt erzählt, wie es Euch ergangen ist.«
Engelbert senkte die Stimme. »Es ist mir gelungen, Burg Mesenice wieder unter Eure unmittelbare Herrschaft zu stellen.«
Karl nickte wissend. »Davon habe ich gehört. Ein Meisterstück, das Ihr da vollbracht habt. Sprecht weiter.«
»Die Reliquie ist in Eurem Besitz. Ich habe sie Montfort übergeben. Auch das wisst Ihr sicherlich schon. Nun zu den schlechten Nachrichten: Amalie Severin ist verschwunden. Und Vojtech von Pilsen ist tot.«
Karl wurde blass. »Hat Vojtech etwas …?«
»Ja, er hat Amalie Severin entführt. Wir wissen nicht, wohin er sie verschleppt hat.« Engelbert seufzte tief. »Ich habe keine Ahnung, ob sie überhaupt noch lebt.«
»Entführt, sagt Ihr?« Karl strich sich über das Kinn. »Wie ist Vojtech gestorben? Bei allen Heiligen, er war einer meiner besten Männer!«
»Er hat zu allen seinen Sünden noch eine Todsünde hinzugefügt und sich entleibt. Immerhin hat er mir über seinen Tod hinaus einen Hinweis gegeben, zu spät jedoch, um Amalie zu finden.«
Karl schlug das Kreuz. »Die ewige Verdammnis ist ihm sicher. Meinem Zorn hat er sich entzogen, aber das Höllenfeuer wird ihn für immer daran erinnern, dass er schwere Schuld auf sich geladen hat.« Er schüttelte den Kopf. »Warum hat er die Frau entführt?«
»Ein gewisser Kylion Langenmann hatte seine Familie in seine Gewalt gebracht und ihn erpresst. Wir haben drei seiner Spießgesellen gefangen. Sie sitzen auf der Prager Burg und denken darüber nach, wie es in der Hölle aussieht.«
»Der arme Kerl. Ich gebe zu, ich würde alles tun, um meine Familie zu schützen.« Er schwieg einen Moment und fügte dann nachdenklich hinzu: »Nein, das ist nicht wahr. Nicht alles.« Er blickte Engelbert geradewegs in die Augen, dann winkte er Matyas Romerskirch zu sich. »Kennt Ihr einen Kylion Langenmann?«
»Aber ja. Er gilt als Spion und Handlanger von Fürstabt Fulbach. Er ist übrigens vor einiger Zeit verschwunden. Es heißt, der Fürstabt sei mit seiner Arbeit nicht zufrieden gewesen.«
Schon wieder Fürstabt Fulbach! Engelbert schwirrte der Kopf. Stand Rebekkas Entführung etwa in irgendeinem Zusammenhang mit dem Anschlag auf Karl? Aber wie?
»Danke«, sagte Karl mit regloser Miene und bedeutete Romerskirch, sich wieder außer Hörweite zurückzuziehen.
Engelbert sah ihm nach. Romerskirch mochte ein brillanter Spion sein, eine Lektion musste er aber noch lernen: Sein ganzer Körper, seine Haltung, sein Blick verrieten, dass er Engelbert nicht mochte. Mehr noch, seine Augen zeigten blankes Misstrauen.
»Fürstabt Fulbach unternimmt einen Anschlag auf mein Leben und lässt obendrein noch eine junge Frau in meinen Diensten entführen«, sagte Karl nachdenklich. »Ich verstehe nicht, was er mit der Entführung bezwecken wollte. Was glaubt Ihr, Engelbert?«
Engelbert legte die Hände zusammen und betrachtete seine Daumen. Das war der Moment, in dem er Karl gestehen sollte, dass Amalie Severin eigentlich Amalie Belcredi hieß. Und dass ihre Entführung womöglich etwas mit ihrer Herkunft zu tun hatte: Eine in Ungnade gefallene Adelsfamilie, deren Tochter entführt wurde, eine Falle für den König auf dem ehemaligen Stammsitz dieser Familie, beides angezettelt vom gleichen Mann – das alles war kein Zufall. »Mein König! Ihr solltet sofort nach Prag zurückkehren, Euch zeigen und Eure Krönung zum Kaiser vorantreiben. Fulbach ist ein schlauer Fuchs, das hat er bewiesen. Und die Wittelsbacher und die Habsburger werden nicht
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