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Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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Ich weiß, dass Ihr viel stärker seid, als Ihr es bisher bewiesen habt. Ich brauche Eure Hilfe, um die Reliquie zu finden. Also denkt nach! Niemand von meinen Leuten kennt Rothenburg besser als Ihr.«
    Sie ritten weiter, näher und näher kam die Stadt, bis Rebekka allmählich einzelne Gebäude erkannte. Sie heftete ihren Blick auf die Dächer und Mauern in der Ferne, doch ihre Gedanken trugen sie weit fort. Immer wieder gingen ihr dieselben Bilder durch den Kopf: Vater, wie er ihr die Wahrheit über ihre Herkunft sagte, Mutter, wie sie den Kopf senkte, als sie versprach, sie würden sich in Prag wiedersehen. Rabbi Isaak, wie er sie das Alphabet lehrte. Jakob ben Elias, wie er über den Verlust seines Sohnes Abraham weinte. Johann, wie er ihr zeigte, wie eine christliche Messe zelebriert wurde. Wie er ihr erklärte, wie man …«
    »Hardenburg!«, schrie sie so laut, dass man es über die Köpfe ihrer Begleiter hinweg bis an die Spitze des Zuges hören konnte.
    Augenblicklich sprengten Männer heran, zogen Schwerter, suchten mit den Augen nach dem Feind, den sie bereits in den eigenen Reihen wähnten.
    Von der Hardenburg, der zur Vorhut aufgeschlossen hatte, wendete erschrocken sein Pferd und kam angeprescht. »Bei allen Heiligen, was ist denn los?«
    Rebekka spürte ihr Herz bis in den Hals schlagen. »Ich glaube, ich weiß, wo die Reliquie ist!«
***
    »Wo sind die Binsen?« Karl starrte seinen Kammerdiener an. »Ist es so schwer, ein paar Binsen zu besorgen? Die ganze Pegnitz ist davon gesäumt. An jedem Moor und jedem Teich findet man sie in enormen Mengen.«
    »Sie müssten gleich eintreffen«, erklärte der Diener verängstigt. »Ich habe sie schon vor einer Woche bestellt. Es sollen schließlich die besten sein.«
    Nicht zu fassen. Nicht einmal ein Bündel Binsen konnte dieser Nichtsnutz beschaffen. Mit einer Handbewegung scheuchte Karl den Mann nach draußen. Er musste unbedingt eine Liste von Dingen erstellen, die für ihn bereitliegen mussten, wenn er hier in Nürnberg residierte.
    Karl spürte seit einigen Tagen eine stechende Unruhe und Gereiztheit. Vielleicht lag es an der Sorge um die Reichskleinodien. Ohne Zwischenfall hatte er sie von Prag hierhergebracht, jetzt lagen sie in der Schatzkammer der Nürnberger Burg, wo sie Tag und Nacht von zwanzig Rittern bewacht wurden. In einer Woche würde er sie dem Volk präsentieren. Manchmal war es ein mühseliges Geschäft, die Macht zu erhalten, allen zu beweisen, dass man der von Gott erwählte Herrscher des Reiches war.
    Vielleicht kam seine Gereiztheit auch daher, dass im Reich alles drunter und drüber ging. Die Menschen starben wie die Fliegen an dieser schrecklichen Seuche. Ganze Landstriche waren entvölkert, die Versorgung mit Nahrung war nicht mehr gewährleistet. Man munkelte, dass Kannibalismus um sich griff. Eine Todsünde! Immer öfter brach die Verwaltung zusammen, Plünderer gingen um. Weder Stadt noch Land verschonte die Pestilenz, sie wütete schlimmer als je zuvor. Nur sein geliebtes Böhmen blieb nach wie vor so gut wie unbehelligt.
    Es klopfte. Das mussten die Binsen sein. »Tretet ein!«
    Aber es waren nicht die Binsen, sondern ein Bote in Begleitung einer Wache.
    Der Bote verneigte sich tief. »Mein König! Ich habe Nachrichten aus Prag.«
    »Danke.« Karl nickte der Wache zu, die sich sofort entfernte. »Sprecht!«
    »Mich sendet ein gewisser Schmul ben Asgodon, Euer untertäniger Diener und …«
    »Schon gut! Spart Euch die Floskeln. Wir kennen ihn.«
    Der Bote senkte seinen Kopf noch ein Stück tiefer.
    »Und versinkt nicht im Boden, sonst verstehen wir Euch nicht mehr.«
    Langsam richtete sich der Mann auf. »Er sagt, der Ordensritter Engelbert von der Hardenburg sei auf dem Weg nach Rothenburg ob der Tauber. Er sei drei Tage vor Palmsonntag aufgebrochen. In seiner Begleitung reite eine junge Frau sowie ein Dutzend Ritter. Sie würden verfolgt von Fürstabt Fulbach und seinen Männern.«
    Deshalb diese Unruhe! Er hatte es geahnt: Die Reliquie war in Gefahr! Wenn diese unselige Brieftaube doch nur die vollständige Nachricht überbracht hätte! Dann wüsste er seit einer Woche, wohin Engelbert unterwegs war, und hätte ihm längst Verstärkung schicken können. Immerhin kannte er jetzt die Absicht seines Feindes: Fulbach war nicht nur hinter ihm, sondern auch hinter der Reliquie her. Er hätte es ahnen müssen. Niemals hätte er Engelbert mit so wenigen Männern nach Pasovary gehen lassen dürfen!
    Noch immer stand der Bote vor ihm.

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