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Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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Ordensritter Recht hat.
    Hiltrud stand auf, verbeugte sich vor den Schwestern. »Können wir sie nicht mit …?«
    »Schweig!«, zischte die Ältere. »Das muss die Mutter Oberin entscheiden.«
    Sie schauten Rebekka noch einmal mitleidig an, dann verließen sie die Klosterzelle.
    Hiltrud wandte sich Rebekka zu. »Es gibt eine Möglichkeit, Euch zu heilen.« Sie beugte sich zu Rebekka hinunter. »Das Kloster hat eine überaus heilige und mächtige Reliquie von einer Heilkraft, die viel größer ist als die aller Kräuter des Klostergartens zusammen.«
    Rebekka schluckte. »Eine Reliquie?«
    »Adonai«, sagte Hiltrud, schlug die Hand vor den Mund und begann zu husten, als hätte sie sich verschluckt.
    Rebekkas Herz machte einen Satz. Hiltrud war Jüdin. Sie teilten das gleiche Schicksal. War die junge Frau vor Verfolgung geflohen und in diesem Kloster untergetaucht?
    Hiltrud sah Rebekka ängstlich an, aber Rebekka ließ sich nichts anmerken. Sosehr sie sich wünschte, sich ihrer Leidensgenossin anzuvertrauen, das Wagnis war zu groß.
    Erleichtert sprach Hiltrud weiter. »Wir hüten hier im Kloster den Schädel des heiligen Wenzel, des Schutzheiligen Böhmens. Viele Wunder hat er schon gewirkt. Aber nicht allen lässt er die Gnade seiner Heilkräfte zukommen, sondern nur denen, die ihrer würdig sind. Ihr seid es bestimmt.«
    »Das wäre wunderbar«, flüsterte Rebekka. Jetzt kam es nur noch darauf an, dass die Mutter Oberin zustimmte. Bisher lief alles nach Plan. Sie hatten damit gerechnet, dass die Mutter Oberin versuchen würde, die fremde Frau mit der Wunderkraft des Schädels zu heilen. Und dass Rebekka bei dieser Gelegenheit die Kombination sehen konnte, mit der das Versteck gesichert war. Später würde sie dann heimlich zu dem Ort zurückkehren und den Schädel entwenden.
    Plötzlich fingen alle Glocken des Klosters an zu läuten. Hiltrud sprang auf, ihr Gesicht voller Furcht.
    Rebekka blickte sie erschrocken an. Was hatte das zu bedeuten?
    Eine Schwester stürzte in die Zelle. »Der Herr sei uns gnädig! Die Schwester Oberin! Sie ist tot. Vom Schlag gefällt.« Sie rannte los, Hiltrud folgte ihr, ohne ein Wort zu verlieren.
    Rebekka ließ sich auf ihr Lager fallen. Adonai! Es würde Tage dauern, vielleicht Wochen, bis die neue Oberin in ihrem Amt war. Sie wurde aus dem Kreis der ältesten Schwestern gewählt, und es gab immer Rivalitäten und Machtkämpfe. Von der Hardenburg hatte ihr das Prozedere erklärt: Zuerst wurde die alte Schwester Oberin aufgebahrt, ohne Unterlass wurden Messen gelesen, fast das ganze Klosterleben kam zum Erliegen. Nach drei Tagen, wenn der Tod der Oberin nicht mehr zu leugnen war, würde sie begraben werden. Dann erst versammelten sich die ältesten Schwestern, um fünf aus ihrem Kreis zu wählen, von denen eine die Nachfolge der Oberin antreten würde. Das dauerte normalerweise zwei bis drei Tage. Und die Wahl konnte bis zu zwei Wochen dauern. Wenn sich die Schwestern nicht einigen konnten, entschied das Los. Rebekka kämpfte mit dem Tränen. Ihre Hoffnung, innerhalb weniger Tage an die Reliquie zu kommen, würde sich nicht erfüllen.
    Rebekka wandte ihr Gesicht der fensterlosen Wand zu. Lautlos begann sie auf Hebräisch beten: »Herr, öffne meine Lippen, dass mein Mund deinen Ruhm verkünde …« Alle achtzehn Bitten richtete sie an Gott, so wie es Brauch war und heilige Notwendigkeit beim Schmone Esre, und mit jeder wurde sie zuversichtlicher. Gott würde sie nicht im Stich lassen in der Not. Sie beendete das Gebet und hoffte inständig, dass auch die Männer, die vor den Toren der Stadt auf sie warteten, sie nicht im Stich lassen würden.
***
    Kylion Langenmann stand auf den Zinnen der Stadtmauer von Znaim und sah der Sonne zu, die hinter den dicht bewaldeten Hügeln versank. Er konnte sein Glück nicht fassen. Die Metze war im Kloster Louka bei den Nonnen untergekrochen. Die Eskorte lagerte irgendwo im Wald, genau wusste er es nicht, sein Mann hatte ihm seit Tagen keine Nachrichten mehr zukommen lassen.
    Fulbachs Gold hatte ausgereicht, um genug Männer zu kaufen. Das Kloster war ein appetitliches Häppchen, das er eigentlich längst schon verspeist hätte – wenn die Stadt nicht in Alarmbereitschaft wäre. Horden bewaffneter Bürger, die Büttel der Stadt und die Stadtwachen lungerten überall herum. Sie suchten Raubritter, die eine Frau verfolgt und fast umgebracht hatten. Das Opfer hatte sich im letzten Moment ins Kloster retten können. Kylion spuckte auf den Boden. Dieser

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