Die Residenz des Doktor Rattazzi: Roman (German Edition)
Haus mit seinen kleinen Fenstern, der Anmutung eines vertrauten Gesichts und der Beschaulichkeit einer familiären Idylle ihn geradezu an, als wollte es seinen Gast mit einer Umarmung begrüßen.
Es war ein friedliches Stückchen Erde, eine von grünen Wäldern umgebene Lichtung, die dem Ankömmling ein freieres Atmen zu gewähren schien. Angesichts des Häuschens spürte Beniamino, wie seine Befürchtungen verflogen und einer gelassenen Heiterkeit wichen, als hätte er in diesem Moment begriffen, dass er den Mauerring um das Irrenhaus wirklich einreißen konnte, wie Doktor Rattazzi hoffte, dass er den Anstrich des Hauses erneuern, seine großen Fenster weit öffnen und der Trostlosigkeit des Leidens endlich etwas anderes bieten konnte als die Ausweglosigkeit eines Labyrinths, nämlich sanft geschwungene Hügel, die vollkommene Form der Zypressen und das satte Braun der Erde, die gleiche Farbe wie die Backsteine, aus denen ihr neuer Zufluchtsort erbaut war.
Darum sprang er voller Tatendrang vom Lastwagen und ging Rattazzi entgegen, der ihn auf der Schwelle erwartete. Sogleich machte er sich zusammen mit Marzi daran, die mitgebrachten Sachen abzuladen. Bald kamen auch Marcella, Elemira und Mara mit Bruni hinzu und vervollständigten die kleine Mannschaft, die das Haus einrichten sollte.
Sie arbeiteten unermüdlich den ganzen Tag, angespornt von der Schönheit des Ortes und vom Enthusiasmus Rattazzis, der sie mit seinem rastlosen Eifer zur Eile drängte. Über das ganze Gesicht strahlend, scheute der Doktor keine Mühe beim Ausladen des Hausrats und beim Unterbringen der Sachen, er diskutierte mit seinen Helfern über die Aufteilung der Zimmer und der Patienten, und alle arbeiteten, von seiner Begeisterung angesteckt, voller Freude daran, diesen Ort, der nicht im mindesten nach einer Irrenanstalt aussah, bewohnbar zu machen.
Besonders Beniamino und Marcella fühlten sich durch dieses Abenteuer noch stärker verbunden, und stillschweigend betrachteten sie es als Teil ihrer privaten Geschichte, als würden diese Arbeiten nicht dazu dienen, einen Aufenthaltsort für Geisteskranke einzurichten, sondern ihr eheliches Heim, ihr persönliches Refugium auszustatten.
Tatsächlich bestand dieses Gehöft auf der Ebene von Pianoro aus wenigen Zimmern, in denen eine kleine Familie hätte wohnen können. Es verfügte über vier Räume im Obergeschoss, wo die Betten für die sieben Patienten und das Aufsichtspersonal nach Männern und Frauen getrennt untergebracht wurden. Doktor Rattazzi quartierte sich in einem Zimmerchen im Erdgeschoss ein, das ihm als Arbeitszimmer und Rückzugsort dienen sollte, während die große Küche, in der ein kleiner Kamin prangte, zum Speiseraum und gemeinsamen Wohnzimmer bestimmt wurde. Das war schon das ganze Anwesen von Pianoro, außerdem gab es draußen einen Lagerraum, der früher als Stall und Werkzeugschuppen gedient hatte, sowie ein breites, auf den Abhang des Hügels, der bis zur Straße anstieg, gestütztes Vordach.
Bis zum Abend war die Arbeit getan, und schon nach wenigen Tagen wurden die Irren übersiedelt. Sie kamen mit demselben Lastwagen an, mit dem der Umzug bewerkstelligt worden war, hinten auf der Pritsche sitzend wie ein Grüppchen Rekruten, das an die Front gebracht wurde. Wirklich hatten auch die Irren den erschrockenen Blick von Rekruten und waren durch das ungewöhnliche Ereignis, das ihre Lebensgewohnheiten durcheinanderbrachte, zutiefst verstört.
Renatina zum Beispiel, die mit ihrem bescheidenen Auftreten und dem gesenkten Blick immer wie ein Halm im Wind wirkte, hatte sich die Aufforderung, auf den Lastwagen zu steigen, höchst misstrauisch angehört und sich vor das Portal der Irrenanstalt gestellt, wo sie steif wie eine Marmorstatue stehenblieb, so dass Marzi sie sich wie einen Sack auf den Rücken laden und gewaltsam auf die Pritsche verfrachten musste. Und wie ein Sack saß sie auch jetzt reglos da, den Blick noch finsterer und tiefer gesenkt als sonst, um sich mit dieser Bewegungslosigkeit vor der Welle des Neuen zu schützen, die über sie hereingebrochen war.
Fosco dagegen hatte zunächst mit übertriebener Begeisterung auf den Umzug reagiert, einer explosiven Erregung, die Rattazzi und die anderen kaum zu bändigen vermochten. Wie wenn er sich im Hof beim Verfolgen der Vögel austobte, schienen die schwarzen Abgründe des Albatros auch jetzt sehr weit entfernt, und während das Personal noch vorsichtig und geduldig das Einsteigmanöver ohne Zwischenfälle zu
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