Die Rettung von Zei
signalisiert die frohe Botschaft sofort in die Hauptstadt! Aber Eure Erhabenheit können unmöglich in einer gewöhnlichen widerlichen öffentlichen Kutsche Weiterreisen! Unsere Depeschenkutsche steht zu Eurer Verfügung, und ich selbst werde Euch begleiten. Steigt aus, ich bitte Euch! Euer Gepäck? Ihr habt keines? Welche Schmach Ihr erduldet haben müsst! Mädels, spannt rasch die Kutsche an! Und sattelt – sagen wir mal – fünf Ayas. Vaznui, du befehligst den Posten bis zu meiner Rückkehr! Scheuch die zweite Wache aus ihren Lotterbetten und sag ihnen, sie sollen Paradeuniform anlegen, mit Stiefeln und Lanze für den Eskortendienst …«
Eine halbe Stunde später saß Barnevelt auf dem Weg nach Shaf auf dem Rücksitz des königlichen Dienstlandauers. Das Verdeck war geschlossen. Neben ihm saß Zei, vor ihnen, den Rücken in Fahrtrichtung, den Blick auf sie geheftet, Knie an Knie mit ihnen, die Zollinspektorin. Das Gefährt war schwarz lackiert, auf den Türen prangte in Gold das königliche Wappen. Ein männlicher Lakai lenkte die zwei übergroßen Ayas, während die fünf Grenzwächterinnen in ihren prächtigen goldbetressten purpurfarbenen Paradeuniformen vor und hinter ihnen hergaloppierten. Jedes Mal wenn sie sich einer Siedlung näherten, stieß ihre Führerin in eine schrill klingende kleine Silbertrompete, um den Weg freizumachen.
Obwohl es jetzt erheblich schneller und entschieden weniger übel riechend voranging als in dem öffentlichen Klappergefährt, das sie vorher benutzt hatten, war Barnevelt gar nicht so sehr erbaut über den Fahrzeug Wechsel, denn mit der Vertraulichkeit zwischen ihm und Zei war es jetzt vorbei. Außerdem klapperten die Hufe der Eskorte so laut, dass man sich nur schreiend verständigen konnte, und auf trockenen Streckenabschnitten musste man den von den Hufen aufgewirbelten Staub einatmen. Und schließlich und endlich hatte Barnevelt keine Möglichkeit, dem Geschnatter der Inspektorin zu entfliehen, einem überaus geschwätzigen Frauenzimmer. Sie plapperte unermüdlich und mit nervtötender Monotonie von der Trauer, die sich mit Zeis Verschwinden über das Reich gesenkt hatte, und über die grenzenlose Freude, die nun wieder einkehren würde …
In Shaf jedoch konnte sich Barnevelt des Eindrucks nicht erwehren, dass die meisten Leute in gewohnter Manier ihren Geschäften nachgingen, so als wären diese weitaus interessanter als die Wechselfälle des Königshauses.
Durch häufigen Wechsel der Zugtiere konnten sie ihr atemberaubendes Tempo beibehalten, außer am Nachmittag, als ein heftiger Regenguss sie für eine Weile zu langsamerer Fahrt zwang. Der zweite Tag nach ihrem Grenzübertritt sah sie bereits auf der kurvenreichen nördlichen Küstenstraße der qiribischen Halbinsel dahinrattern – derselben Straße, auf der die eingeschleusten Mittelsmänner der Morya Sunqaruma unter Gavaos Führung Barnevelt und Tangaloa auf ihrer ersten Fahrt nach Ghulinde einen Hinterhalt gelegt hatten. Diesmal gab es jedoch keinen Zwischenfall. Zu ihrer Linken kräuselten sich die smaragdfarbenen Fluten der Bajjai-Bucht; zur Rechten erhoben sich die zottigen Gipfel des Zogha.
Roqir war bereits in ihrem Rücken im untergehen begriffen, als die Hauptstadt von Qirib in Sicht kam. Barnevelt hatte Ghulinde von diesem Blickwinkel aus noch nicht gesehen. Von hier aus sah man das riesige Standbild des Gottes Qunjar im Profil. Wie er so über der vieltürmigen Stadt kniete, sah er aus der Ferne aus wie ein vollgefressener Buddha, der eine mit Kerzen gespickte Geburtstagstorte auf dem Schoß hielt.
Zur Linken und unterhalb der Stadt lag der Hafen von Damovang. Als sie näher kamen, sah Barnevelt, dass es dort von Schiffen nur so wimmelte. Was ihn dabei besonders stutzig machte, war die Tatsache, dass die meisten davon Kriegsgaleeren waren. Ihre Anzahl überstieg bei weitem die bescheidene Hotte, die Qirib seines Wissens besaß.
»Wo kommen denn die vielen Galeeren her?« fragte er die Zollinspektorin.
»Wisst Ihr das denn nicht? Natürlich nicht, wie solltet Ihr auch, ich törichtes Weib! Das ist die vereinigte Flotte der Mächte der Sabadao-See, welche unsere erlauchte Monarchin zu einer festen Allianz gegen jene Erzschurken zusammenzuschmieden trachtet, die uns so schwer beleidigt haben. Sie wartet lediglich noch ab, bis sie Gewissheit über das Schicksal unserer geliebten Prinzessin erlangt hat, ehe sie ihre Kriegsmaschinerie in Bewegung setzt. Dort unten liegen die Kriegsschiffe von Majbur,
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