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Die Revolution der Ameisen

Die Revolution der Ameisen

Titel: Die Revolution der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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dieses Wort ›Gott‹?
    Prinzessin Nr. 103 erwidert, dieser Begriff sei in der ganzen Tierwelt einmalig. »Die Finger glauben, daß über ihnen eine unsichtbare Macht existiert, die ihr Herr ist. Diese Macht nennen sie ›Gott‹ und glauben an ihn, obwohl sie ihn nicht sehen können. Ihre ganze Zivilisation basiert auf diesem Glauben an eine unsichtbare Macht, die ihr Leben kontrolliert.«
    Die Ameisen versuchen, sich diesen ›Gott‹ vorzustellen, können aber nicht so recht einsehen, inwiefern es den Fingern hilft, an ihn zu glauben.
    Die Prinzessin hat das auch nie richtig verstanden. Sie kann es sich nur folgendermaßen erklären: Die Finger sind sehr egoistische Tiere, und auf Dauer leiden sie selbst darunter. Und um Bescheidenheit zu lernen, reden sie sich ein, es gebe ein noch größeres und mächtigeres Tier, das sie erschaffen habe, diesen sogenannten ›Gott‹.
    »Das Problem besteht darin«, meint Nr. 24, »daß die Finger sich ihrerseits als Götter der Ameisen aufspielen wollten.«
    Nr. 103 stimmt ihm zu. Es gebe zweifellos Finger, die vorhätten, alle anderen Tierarten zu beherrschen. Finger könnten – genauso wie Ameisen – hart oder sanft, töricht oder intelligent, großzügig oder tyrannisch sein.
    »Man darf aber nicht alle Finger negativ beurteilen, nur weil einige von ihnen sich als Götter der Ameisen ausgegeben haben. Dieses verschiedenartige Verhalten zeigt im Gegenteil, daß sie geistig hochentwickelt sind.«
    Die zwölf jungen Kundschafterinnen fragen naiv, ob die Finger denn nicht wirklich die Götter der Ameisen sein könnten.
    Die Prinzessin entgegnet, es wäre unmöglich, daß die Finger die Ameisen erschaffen hätten, weil sie eine viel jüngere Tierart seien, es gebe sie erst seit drei Millionen Jahren, während die Ameisen die Erde schon seit hundert Millionen Jahren bevölkerten.
    Woher sie das so genau wisse, fragen die jungen Ameisen, und Nr. 103 erwidert, das habe sie in einem Dokumentarfilm im Fernsehen der Finger gesehen.
    Sie hat die jungen Kundschafterinnen überzeugt, daß die Ameisen nicht von den Fingern erschaffen wurden, aber alle vertreten die Ansicht, diese ›junge‹ Tierart sei offenbar besonders begabt und wisse Dinge, von denen die Insekten keine Ahnung hätten.
    Prinz Nr. 24 widerspricht als einziger. Seiner Meinung nach brauchen die Ameisen die Finger wirklich nicht zu beneiden.
    Sollte es tatsächlich zu Kontakten kommen könnten die Finger von den Ameisen bestimmt viel mehr lernen als umgekehrt.
    Und was die drei großen Geheimnisse angehe – Kunst, Humor und Liebe – würden die Ameisen sie zweifellos vervollkommnen können, sobald sie begriffen hätten, worum es sich eigentlich handle.
    In einer Ecke experimentieren die Ameisen von Cornigera mit dem Feuer herum, das sie sehr beeindruckt, weil es sie vor den Zwerginnen gerettet hat. Sie verbrennen nacheinander ein Blatt, eine Blume, etwas Erde und eine Wurzel, beobachten die bläulichen Flammen und merken sich die verschiedenen unangenehmen Gerüche. Nr. 6 berät sie fachkundig und denkt dabei, daß bestimmt auch die ersten Erfinder in der Welt der Finger so vorgegangen sind.
    »Trotzdem müssen diese Finger komplizierte Tiere sein,«
    seufzt eine Cornigera-Ameise, der von all den Geschichten der Kopf schwirrt. Sie läßt die anderen weiterdiskutieren und mit dem Feuer spielen und schläft ein.
     

113. ENZYKLOPÄDIE
     
    Geburtstagskuchen: Am Geburtstag die Kerzen auf dem Kuchen auszublasen, ist ein sehr symbolträchtiger Ritus. In regelmäßigen Abständen wird der Mensch daran erinnert, daß er Feuer machen und mit seinem Atem wieder löschen kann.
    Ein Kind, das zum erstenmal selbständig seine Kerzen ausbläst, beweist damit, daß es allmählich lernt, Verantwortung zu übernehmen, und ein alter Mensch, dem die Puste fehlt, um die Kerzen zu löschen, zeigt damit, daß seine aktive Lebensphase vorüber ist.
    EDMOND WELLS,
    Enzyklopädie des relativen und absoluten Wissens, Band III

114. LUFTMANGEL
    Zum Glück gehörte der Keller, in dem der Gang endete, zu einem Haus, das weit von den Polizeiwagen entfernt war. Julie stützte sich immer schwerer auf Ji-woongs Schulter, während sie sich auf die Suche nach einer Apotheke machten, die um drei Uhr nachts noch geöffnet hatte.
    Als Ji-woong verzweifelt an die Tür einer geschlossenen Apotheke klopfte, wurde im ersten Stock ein Fenster aufgerissen, und ein Mann im Pyjama beugte sich heraus.
    »Sinnlos, die ganze Nachbarschaft aufzuwecken. Die einzige

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