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Die Revolution der Ameisen

Die Revolution der Ameisen

Titel: Die Revolution der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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diese Tradition über die Jahrhunderte hindurch bewährt, und so standen denn bei jeder Messe drei Affen am Altar – eine im Katholizismus wohl einmalige Erscheinung.
    EDMOND WELLS,
    Enzyklopädie des relativen und absoluten Wissens, Band III

175. IM KAUFHAUS
    »Mama, schau mal, in dem Indianerzelt sind Leute!«
    Ein Kind deutete mit dem Finger auf sie.
    Julie und David wußten im ersten Augenblick nicht, warum sie in Jogginganzügen in einem Zelt geschlafen hatten, aber sobald es ihnen einfiel, machten sie sich rasch aus dem Staub, bevor jemand auf die Idee kommen würde, die Kaufhausdetektive zu rufen.
    In der Lebensmittelabteilung war schon morgens viel los.
    Eilige Kunden schoben ihre Einkaufswagen durch die Gänge, wobei sie sich unwillkürlich im Rhythmus von Vivaldis
    ›Frühling‹ bewegten, der aus den Lautsprechern hallte –
    besonders schnell gespielt, weil die Kunden bei ihren Einkäufen nicht trödeln sollten.
    Alles ist Rhythmus. Wer die Rhythmen kontrolliert, ist auch Herr über den Herzschlag.
    Rote Plakate zogen die Blicke auf sich: ›Sonderangebot‹, ›Preisschlagen‹, ›Zwei zum Preis von einem‹ … Dieser maßlose Überfluß, dieses Schlemmerparadies konnte nicht von Dauer sein, davon waren die meisten Menschen überzeugt, und die Zeitungen bestärkten sie in der Überzeugung, daß die Wohlstandsgesellschaft nur eine kurze Übergangsphase zwischen zwei Krisen war. Um so mehr wollten sie im Luxus schwelgen, solange es noch möglich war.
    Lebensmittel, Lebensmittel, so weit das Auge reichte …
    Konserven, Tiefkühlkost, Milchprodukte, Fleisch …
    Pflanzliche, tierische und chemische Produkte in ansprechender Verpackung, dem grenzenlosen Einfallsreichtum gewiefter Geschäftsleute entsprungen.
    In der Süßwarenabteilung rissen einige Kinder Kekspakete auf, ohne ans Bezahlen zu denken. Julie und David machten es ihnen nach, weil sie kein Geld bei sich hatten, und die Kinder amüsierten sich so darüber, daß Erwachsene sich genauso unkorrekt benahmen wie sie selbst, daß sie ihnen auch noch Karamelbonbons, Marshmallows und Kaugummi anboten. Das war zwar nicht das Traumfrühstück der beiden Flüchtlinge, aber immerhin war es besser als gar nichts, wenn man Hunger hatte.
    Nach dieser Stärkung schlenderten sie möglichst unauffällig in Richtung der Kassen, wo es einen von zwei Videokameras überwachten Durchgang für ›Kunden ohne Einkäufe‹ gab. Sie passierten ihn ungehindert, doch gleich darauf hatte David das Gefühl, verfolgt zu werden, und er empfahl Julie leise, schneller zu gehen. Aus den Lautsprechern erscholl jetzt
    ›Stairway to Heaven‹ von Led Zeppelin, ein Stück, das langsam begann und gegen Schluß ein rasantes Tempo vorlegte; deshalb taten sie so, als würden sie von der Musik zu einer schnelleren Gangart beflügelt, aber der Mann hinter ihnen machte plötzlich auch größere Schritte. Jetzt bestand für David kein Zweifel mehr daran, daß das ein Kaufhausdetektiv war, der es auf sie abgesehen hatte. Entweder war er durch die Überwachungskameras darauf aufmerksam geworden, daß sie ein paar Kekse geklaut hatten, oder aber er hatte sie nach den Fahndungsfotos erkannt.
    David wußte genau, daß man vor Polizisten und Hunden nie wegrennen durfte, aber in seiner Angst vergaß er diese Grundregel. Die Strafe folgte auf dem Fuße: Der Detektiv zog eine Signalpfeife aus der Tasche und pfiff so schrill, daß alle Kunden erschrocken zusammenzuckten. Erfreut über die Abwechslung, ließen einige Verkäufer sofort ihre eintönige Arbeit im Stich und nahmen die Verfolgung der Ladendiebe auf.
    Julie und David rannten durch die Eingangstür ins Freie, aber das Personal blieb ihnen dicht auf den Fersen.
    Eine dicke Verkäuferin schwenkte drohend eine Spraydose mit Tränengas, ein Lagerist hatte sich mit einer Eisenstange bewaffnet, und der Detektiv brüllte: »Haltet die Diebe! Haltet die Diebe!«
    Die Lage schien hoffnungslos, doch plötzlich kam ein Auto angebraust, bremste scharf, die Tür flog auf, und eine Frau, deren Gesicht hinter einem Kopftuch und einer großen Sonnenbrille verborgen war, rief: »Steigt schnell ein!«

176. DIE SORGEN EINER REGENTIN
    Alle Gottgläubigen sind liquidiert. Nun ist nur noch ihr Totem übrig, jenes weiße Schild, das sie verehrt haben.
    Prinzessin Nr. 103 beauftragt die Ingenieure des Feuers, es verschwinden zu lassen. Welkes Laub wird zuhauf zusammengetragen und unter tausend Vorsichtsmaßnahmen mit einem glühenden Zweig angezündet. Das

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