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Die Revolution der Ameisen

Die Revolution der Ameisen

Titel: Die Revolution der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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beiden Welten stehe.
     

214. GESPRÄCHE DER APOSTEL
     
    Draußen richten die zwölf jungen Kundschafterinnen zwölf Biwaks ein, jedes mit einem Lagerfeuer in der Mitte. Jede von den zwölf erzählt die ganze Nacht hindurch, was ihrer Ansicht nach im Innern des Fingerbaus vor sich geht. Alle glauben, daß die Prinzessin sich mit den Fingern unterhält, die zu einer Kommunikation imstande sind – im Gegensatz zu den drei großen Fleischbergen, die nicht einmal die einfachsten Willkommenspheromone verstanden haben und sofort umgekippt sind.
    »Prinzessin Nr. 103 wird verlangen, daß zwischen Fingern und Ameisen ein unverbrüchlicher Pakt geschlossen wird«, versichert Prinz Nr. 24, um alle zu beruhigen, und am frühen Morgen fügt er hinzu: »Inzwischen ist das bestimmt schon vollbracht.«
    Es ist Nr. 5, die – auf ihre Krücken gestützt – den Lärm als erste hört. Die Luft über den Lagern wird aufgewirbelt, und sie versteht sofort, daß diese riesigen Hornissen eine Gefahr darstellen, aber sie fliegen viel zu hoch, als daß man sie mit Ameisensäure beschießen könnte, deren Reichweite nur 20 cm beträgt.
     
    Auf den Videokameras in der Pyramide war die Gefahr noch viel deutlicher zu erkennen. Die Polizei setzte gegen die winzigen fliegenden Ameisenroboter gewaltige Hubschrauber eines Typs ein, der in der Landwirtschaft bei der Schädlingsbekämpfung verwendet wird. Es war schon zu spät, um den Ameisen durch Nr. 103 eine Warnung zukommen zu lassen. Ein gelblicher Regen aus Säurekristallen ging auf sie nieder. Die Hubschrauber verstreuten eine sehr konzentrierte Mischung aus Pestiziden und Entlaubungsmitteln. Dieses Gift bereitet gräßliche Schmerzen. Die Panzer schmelzen, die Gräser schmelzen, die Bäume schmelzen.
    Die Menschen in der Pyramide waren völlig außer sich.
    Millionen Ameisen hatten sich auf den Weg gemacht, um einen Pakt mit den ›Fingern‹ zu schließen, und nun wurden sie ermordet, ohne sich auch nur verteidigen zu können!
    »Wir dürfen das nicht zulassen!« tobte Arthur.
    Prinzessin Nr. 103 verfolgte die Ereignisse auf einem kleinen Kontrollbildschirm, begriff aber nicht, daß sie Zeugin eines Massakers war.
    »Sie sind verrückt geworden«, murmelte Julie.
    »Nein, sie haben nur Angst«, widersprach Léopold.
    Jonathan Wells ballte die Fäuste. »Warum werden die Menschen immer von irgendwelchen mächtigen Holzköpfen daran gehindert, etwas Neues und Anderes kennenzulernen?
    Warum wollen die meisten Menschen alle Geschöpfe, die sie umgeben, nur unter dem Mikroskop beobachten, zerstückelt und aufgespießt?«
    Während Arthur beobachtete, wie das gelbliche Gift überall Leben vernichtete, schämte er sich, ein Mensch zu sein, und schließlich sagte er entschlossen, wenn auch mit nicht ganz fester Stimme: »Jetzt reicht’s! Das Spiel ist aus. Ergeben wir uns, um diesem Massenmord Einhalt zu gebieten.«
    Sie verließen die Pyramide durch den Tunnel und stellten sich der Polizei. Niemand zögerte. Sie hatten keine andere Wahl. Wenn sie kapitulierten, würde man das Bombardement vielleicht einstellen.
     

215. GEDÄCHTNISPHEROMON: CORRIDA
     
    Registratorin Nr. 10 CORRIDA:
     
    Die Finger sind die mächtigsten Raubtiere.
    Trotzdem scheinen sie manchmal daran zu zweifeln und brauchen eine neue Bestätigung ihrer Macht.
    Dann veranstalten sie eine ›Corrida‹.
    Das ist ein seltsames Ritual, bei dem ein Finger gegen ein Tier kämpft, das er als besonders mächtig empfindet: den Stier.
    Sie kämpfen stundenlang, der Stier mit den Waffen seiner spitzen Hörner, der Finger mit einer schmalen Metallklinge.
    Der Finger siegt fast immer, aber auch wenn der Stier einmal siegt, wird er nicht freigelassen.
    Das Ritual der Corrida gibt den Fingern Gelegenheit, sich ins Gedächtnis zu rufen, daß sie die Herren aller Tiere und der ganzen Natur sind.

216. DER PROZESS
    Drei Monate später begann der Prozeß.
    Der große Gerichtssaal im Justizpalast von Fontainebleau war überfüllt. Sogar das nationale Fernsehen hatte sich herbemüht. An den anfänglichen Erfolgen der ›Revolution der Ameisen‹ hatten die Medien kein Interesse gehabt, aber sie wollten es sich nicht nehmen lassen, ausführlich über die Niederlage und über die Bestrafung der Übeltäter zu berichten, denn so etwas kam beim Publikum immer gut an. Außerdem mußten sich nicht nur die Anführer der gescheiterten Revolution vor Gericht verantworten, sondern auch die verrückten Bewohner der Waldpyramide, und die Tatsache, daß ein

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