Die Revolution der Ameisen
versperren uralte Migrationspisten der Tiere mit Mauern, und sie errichten ihre Nester an magnetisch unheilvollen Orten und wundern sich hinterher, daß sie Kopfschmerzen haben.
Früher gab es offenbar einige Finger, die das Geheimnis der irdischen Magnetfelder kannten. Das hat Nr. 103 im Fernsehen gehört. Im Mittelalter noch warteten die Finger, bis ihre Priester einen positiven Magnetknoten entdeckten, bevor sie einen Tempel bauten. So machen es auch die Ameisen: Bevor sie ihre Stadt errichten, suchen sie einen ›magnetischen Knotenpunkt‹. Doch seit der Renaissance glauben die Finger, alles nur mit ihrem Verstand bewerkstelligen zu können und die Natur nicht mehr befragen zu müssen, bevor sie etwas unternehmen.
Die Finger versuchen nicht mehr, sich der Erde anzupassen, sie wollen, daß die Erde sich ihnen anpaßt, denkt die Prinzessin.
73. ENZYKLOPÄDIE
Strategie der Manipulation: Die Bevölkerung läßt sich in drei Gruppen einteilen. Es gibt Menschen, die sich vorwiegend der visuellen Sprache bedienen, jene, die sich vorwiegend der auditiven Sprache bedienen, und jene, die sich vorwiegend der Körpersprache bedienen. Die Visuellen sagen ganz spontan:
»Du siehst«, denn sie sprechen nur in Bildern. Sie beschreiben alles mit Farben: »Das ist hell, das ist durchsichtig, das ist verschwommen«, und sie verwenden mit Vorliebe Ausdrücke wie: »Ein rosiges Leben«, »blaumachen« etc.
Die Auditiven sagen ganz spontan: »Du hörst«. Sie lieben sonore Wörter, die an Geräusche und Musik erinnern: »Taubes Ohr«, »Glockenton«, und ihre Lieblingsadjektive sind:
»Melodisch«, »schrill«, »hochtönend« etc.
Die Sensitiven sagen ganz spontan: »Du spürst«. Sie lieben Ausdrücke wie: »Viel am Hals haben«, »zum Anbeißen« und Adjektive wie »kalt«, »heiß« etc.
Die Zugehörigkeit zu einer dieser Gruppen kann man an der Art erkennen, wie ein Gesprächspartner seine Augen bewegt.
Wenn er auf die Bitte hin, sich an etwas zu erinnern, die Augen nach oben richtet, ist er ein visueller Typ. Richtet er seinen Blick seitwärts, so ist er ein auditiver Typ, und senkt er die Augen, ist er ein sensitiver Typ.
Wenn man das weiß, kann man seinen Gesprächspartner beeinflussen, indem man sich seines jeweiligen Lieblingswortschatzes bedient. Ist das erst einmal geschafft, ist es möglich, ihn durch gezielten Körperkontakt zusätzlich zu manipulieren. Dazu muß man einen Druck auf irgendeine Körperpartie ausüben, während man eine wichtige Botschaft übermittelt. Sagt man beispielsweise: »Ich verlasse mich darauf, daß du diese Arbeit gut machst« und übt gleichzeitig einen leichten Druck auf den Unterarm aus, wird der andere sich von nun an immer stimuliert fühlen, wenn dieser Druck wiederholt wird. Das ist eine Form des sensorischen Erinnerungsvermögens.
Aber Vorsicht! Das kann durchaus auch zu unerwünschten Resultaten führen. Ein Psychotherapeut, der seinem Patienten bei der Begrüßung auf die Schulter klopft und ihn bemitleidet:
»Na, mein armer Freund, es geht Ihnen also noch nicht besser«, kann vorzügliche Therapiearbeit leisten, und trotzdem wird der Patient sofort wieder Trübsal blasen, wenn der Therapeut ihm beim Abschied erneut auf die Schulter klopft.
EDMOND WELLS,
Enzyklopädie des relativen und absoluten Wissens, Band III
74. SCHWEINE UND PHILOSOPHEN
Der Fahrer war sehr gesprächig. Er mußte sich, allein in seinem Taxi, zu Tode gelangweilt haben, denn nun redete er ununterbrochen auf das junge Mädchen ein. Nach fünf Minuten wußte Julie über sein ganzes Leben Bescheid, das natürlich besonders uninteressant war.
Weil sie hartnäckig schwieg, erzählte er ihr einen Witz:
»Drei Ameisen gehen in Paris auf den Champs-Elysées spazieren, und plötzlich hält neben ihnen ein Rolls Royce, in dem eine Grille sitzt, die ein teures Kostüm mit Pelzbesatz und Pailetten trägt. Sie öffnet das Autofenster und ruft: ›Hallo, Freunde!‹ Die Ameisen betrachten erstaunt die Grille, die Kaviar ißt und Champagner trinkt. ›Hallo‹, antworten sie, ›dir scheint es ja sehr gut zu gehen.‹ – ›O ja, das Showbusiness bringt heutzutage ganz schön was ein. Ich bin ein Star. Möchtet ihr auch ein bißchen Kaviar?‹ – ›Äh … nein, danke‹, murmeln die Ameisen. Die Grille schließt das Fenster und befiehlt ihrem Chauffeur weiterzufahren. Die drei Ameisen sehen einander verblüfft an, und schließlich spricht eine aus, was alle denken:
›Da sieht man mal wieder, was
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