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Die Richter des Königs (German Edition)

Die Richter des Königs (German Edition)

Titel: Die Richter des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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wie eine Tochter gewesen.
    Sie war zur Hälfte Französin und hatte auch ein wenig italienisches Blut in den Adern, so dass sie vom Schönheitsideal ihrer Zeit, zu dem blondes Haar, helle Haut und blaue Augen gehörten, nicht weiter hätte entfernt sein können. Mit ihren schwarzen Haaren und Augen und einer Haut, die nach der leisesten Berührung eines Sonnenstrahls ein cremiges Goldbraun annahm, war sie dunkel wie eine Stuart. Bei ihrem ersten Zusammentreffen hatte Charles, der sich selbst aufgrund seiner südländischen Erscheinung hässlich fand, das kleine braune Mädchen bedauert, sie aber zugleich als Leidensgenossin ins Herz geschlossen.
    »Es tut mir Leid, so unangemeldet in Eure Garderobe zu platzen«, entschuldigte sich Jeremy, während er eine schwarze Haarsträhne auf das Brenneisen wickelte, bis eine perfekt gedrehte Locke entstand. »Ich wollte Euch nur mitteilen, dass ich fortan nicht mehr in der ›Pfauenschenke‹ zu erreichen bin, sondern bei Meister Ridgeway, einem Chirurgen in der Paternoster Row innerhalb der Stadtmauern. Wenn Ihr nicht so hartnäckig darauf bestehen würdet, mich zum Beichtvater zu haben, sondern mit einem der Kapuziner der Königin-Mutter vorlieb nähmet, könntet Ihr Euch sehr viel Mühe ersparen. Wollt Ihr es Euch nicht noch einmal überlegen, Madame?«
    »Nein, mein Freund, Ihr kennt meine Antwort«, erwiderte Amoret sanft. »Ich vertraue niemandem so sehr wie Euch. Außerdem, wer sollte für Euren Lebensunterhalt aufkommen, wenn nicht ich? Als Missionar erhaltet Ihr nur wenig Unterstützung von Eurem Orden, der in diesem Land verboten ist. Auch wenn die hiesigen Jesuiten dennoch über gewisse Einkünfte verfügen, so würden diese ohne die Zuschüsse des katholischen Adels und der Gesandtschaften kaum ausreichen.«
    »Ich brauche nicht viel zum Leben, Madame.«
    »Oh, ich weiß, Ihr seid ein Asket. Ihr würdet über Euren Büchern verhungern, nur weil Ihr zu essen vergesst. Aber bitte bedenkt auch, dass Ihr ohne mich Euren Schutzbefohlenen nicht mehr auf dieselbe Weise helfen könntet wie bisher.« Sie wandte den Kopf zu ihm. In ihre schwarzen Augen trat ein lebhaftes Funkeln. »Der König ist großzügig. Er hat jedem, der ihm damals auf seiner Flucht geholfen hat, eine Pension zuerkannt. Jedem, nur Euch nicht, obwohl Ihr Euer Leben riskiert habt. Er kann Euch nicht belohnen, weil es einen Riesenskandal geben würde, wenn jemals ans Licht käme, dass er einen Jesuiten, einen dieser ›ruchlosen Söldner des Papstes‹, unterstützt. Aber der König weiß, dass Ihr mein Beichtvater seid und dass ich Euch Geld gebe, das ich ihm verdanke, und sein Gewissen ist beruhigt.«
    »Haltet Euer kleines Köpfchen still, Törin, sonst ruiniert Ihr Euren Kopfputz«, spöttelte Jeremy, der ihre Starrsinnigkeit kannte. »Immerhin habt Ihr es von jetzt an leichter, mich unauffällig zu besuchen, wenn Ihr es wünscht. Meister Ridgeways Werkstatt ist gleich neben den Läden der Seidenwarenhändler, in denen Ihr einkaufen geht.«
    »Was ist dieser Meister Ridgeway für ein Mensch?«, fragte Amoret.
    »Ein arger Schürzenjäger! Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, weshalb er sich einen Priester ins Haus holt, der ihm nur seine Schäferstündchen verleiden wird. Aber er ist sehr erpicht darauf, sich meine medizinischen Kenntnisse anzueignen.«
    »Ist er vertrauenswürdig?«
    »Ja, ich kenne ihn aus dem Bürgerkrieg. Er ist ein alter Freund.«
    »Ihr seid zu gutgläubig!«, warnte Amoret. »Seid Ihr sicher, dass er Euch in einer Krise nicht verraten wird?«
    Amoret versuchte, sich ihre Sorge nicht anmerken zu lassen, die sie nie ganz ablegen konnte. Auch wenn sich seit der Thronbesteigung des Königs vieles verbessert hatte und Charles die Lage der Katholiken seines Reiches erleichtern wollte, war es ihm bisher dennoch nicht gelungen, das Parlament zu einer Gesetzesänderung zu bewegen, die ihnen die freie Ausübung ihres Glaubens gestattete.
    Jeremy, der Amorets Haar an ihrem Hinterkopf zu einem Knoten gewunden hatte, legte beruhigend seine Hand auf ihre durch den Ausschnitt des Hemdes entblößte Schulter und sagte leise: »Ihr wisst doch, dass ich vorsichtig bin. Also sorgt Euch nicht um mich.« Er nahm die mit Perlen besetzten Haarnadeln von der Platte des Toilettentischs und befestigte damit den Knoten, der in derselben Farbe schimmerte wie das Ebenholz des kostbaren Möbels.
    »Wie geht es jetzt dem Richter?«, fragte Amoret nach einer Weile.
    Jeremy hatte ihr bei ihrem letzten

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