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Die Richter des Königs (German Edition)

Die Richter des Königs (German Edition)

Titel: Die Richter des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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wisst, es wäre mir lieber, Euch verheiratet zu sehen, besonders angesichts Eures Zustands, aber ich würde Euch nicht gegen Euren Willen zwingen, meine kleine Freundin. Ihr wart immer mein Talisman. Damals auf meiner Flucht vor Cromwells Häschern habt Ihr Euch mit Euren zehn Jahren so leidenschaftlich zu Eurem König bekannt und habt um ihn geweint, als man das Gerücht aufbrachte, ich sei tot, dass Ihr mir neuen Mut gegeben habt. Übrigens, wie geht es Eurem Jesuiten? Ich erinnere mich noch genau, wie er damals, als er noch Feldscher in meinem Heer war, meine völlig zerschundenen Füße behandelt hat … und wie er für Euch und sich selbst einen Geleitbrief fälschte, um aus England zu fliehen. Ein interessanter Mann! Seid Ihr am Ende gar in ihn verliebt, meine Arme?«
    »Nein«, lächelte Amoret. »Es ist wahr, ich liebe ihn sehr, aber auf andere Art. Er ist der beste Freund, den ich je hatte.«
    Auf dem Weg in ihre Gemächer dachte Amoret an dieses Gespräch mit dem König zurück. Sie war erleichtert, dass er nicht weiter darauf bestand, sie zu verheiraten. Seine Freundschaft machte sie frei und unabhängig, denn da sie keine näheren Verwandten in England hatte, war Charles der Einzige, der über ihr Leben bestimmen konnte.
    In ihren Gemächern angekommen, rief Amoret nach ihrer Zofe und trug ihr auf, ihr graues Bürgersfrauenkleid herauszulegen und ihren Schmuck wegzuschließen. Nachdem Amoret sich in ihren Mantel gehüllt und die Maske zur Hand genommen hatte, nickte sie ihrem Diener zu, der ebenso unauffällig gekleidet war, und verließ den Whitehall-Palast durch den Küchentrakt. Man würde sie für eine Dienerin halten, die für eine der Hofdamen eine Besorgung erledigte. Sie machte einen kleinen Umweg zur Anlegestelle von Westminster und nahm ein Boot nach Blackfriars – immer noch die bequemste Methode, um sich in London fortzubewegen.
    Alan war gerade dabei, die bei einem Unfall gequetschte Hand eines Böttchers zu behandeln, als Lady St. Clair in seiner Tür erschien. Erstaunt, sie so bald wieder in seinem Haus zu sehen, begrüßte er sie, ohne jedoch in seiner Arbeit innezuhalten, und fügte hinzu: »Mr. Fauconer ist nicht da. Aber geht nur hinauf, Ihr kennt ja den Weg.«
    Amoret dankte ihm mit einem Lächeln. Seit ihrem ersten Zusammenstoß, als sie ihn auf die Probe hatte stellen wollen, verstanden sie sich ausgesprochen gut. Sie mochte den Wundarzt, denn er war charmant und geistreich. Wenn sie auf Pater Blackshaw warten musste, unterhielt er sie stets mit witzigen Anekdoten. Es störte sie auch nicht, dass er sie zwar höflich, aber ohne jegliche Servilität behandelte. Er gehörte zu den selbstbewussten Londoner Bürgern, die dem Adel aufgrund seiner Dekadenz nur wenig Respekt entgegenbrachten, und er fürchtete sich auch nicht, dies deutlich zu zeigen.
    Nachdem Amoret ihren Diener wie gewöhnlich in die Küche geschickt hatte, stieg sie die knarrende Treppe in den zweiten Stock hinauf und betrat ohne anzuklopfen Pater Blackshaws Kammer, in dem Glauben, es sei niemand da. Überrascht blieb sie stehen, als ihr Blick den blauen Augen des jungen Iren begegnete. Er saß am Tisch und hatte sich bei ihrem Auftauchen verdutzt umgedreht.
    Amoret nahm die Maske vom Gesicht und legte sie mitsamt dem Mantel auf das Bett.
    »Ich bin erleichtert, Euch wieder auf den Beinen zu sehen, Mr. Mac Mathúna«, sagte sie freundlich, während sie an seine Seite trat.
    Unwillkürlich drehte Breandán das Blatt Papier um, auf dem er das Alphabet geübt hatte. Er wollte seine unbeholfenen Kritzeleien vor ihr verbergen. Jeremy ließ ihn in seiner Kammer lernen, wenn er unterwegs war, und der junge Mann gab sich alle Mühe, die Schriftzeichen leserlich zu Papier zu bringen. Doch eine Feder zu führen war etwas völlig Neues für ihn und so ungewohnt für seine Finger, dass er bereits nach kurzer Zeit daran verzweifelte. Er hatte wenig Geduld mit sich und empfand es als ermüdend, stundenlang auf einem Stuhl stillzusitzen und sich auf seine Schreibübungen zu konzentrieren. Und als er nun den neugierigen Blick der jungen Frau auf sich gerichtet sah, spürte er seinen Ehrgeiz endgültig schwinden und legte entmutigt die Feder auf den Tisch.
    Amoret bemerkte, dass er sich seit ihrer ersten Begegnung erstaunlich gut erholt hatte. Sein Gesicht war nicht mehr bleich und ausgemergelt, sondern hatte eine frische, rosige Tönung angenommen. Seine Wangen waren fülliger geworden, die Haut wirkte weicher und glatter, und

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