Die Richter des Königs (German Edition)
ihm sah, begann er sich endlich wieder zu rühren. Der Jesuit brachte ihm eine warme Mahlzeit, erlaubte ihm aber nicht, das Bett zu verlassen.
»Je weniger Ihr Euch bewegt, desto weniger Narben werdet Ihr zurückbehalten«, belehrte er den jungen Mann. »Ihr habt bereits genug an Eurem Körper. Wie oft seid Ihr in Eurem Leben schon verwundet worden?«
»Ich war fast zehn Jahre lang Söldner«, antwortete Breandán zynisch.
»Auch ich war im Krieg, mein Sohn. Ich weiß, wie schrecklich es ist. Ihr habt großes Glück, dass Ihr noch lebt und dass Ihr noch alle Gliedmaßen besitzt. Zahllose Männer verlieren Arme und Beine und werden zu Krüppeln.«
»Ja, vielen meiner irischen Kameraden ist es so ergangen. Die Spanier versprachen ihnen eine Pension, aber die meisten sahen nie etwas davon. Sie mussten betteln gehen und verhungerten auf den Straßen. Ich hatte Angst, dass es mir ebenso ergehen könnte. Deshalb entschied ich mich, das Heer zu verlassen, solange ich noch gesund genug war, um andere Arbeit zu finden. Aber es ist schwer, sich über Wasser zu halten, wenn man nur Handlangerdienste verrichtet und nicht weiß, ob man am nächsten Tag noch Lohn bekommt.«
»Solange Ihr bei Meister Ridgeway seid, braucht Ihr Euch darum keine Sorgen zu machen«, sagte Jeremy aufmunternd, als er die Ernüchterung aus Breandáns Stimme heraushörte. »Er kann Euch keinen Lohn zahlen, aber Ihr habt ein Bett und genug zu essen, solange Ihr wollt.«
Doch seine Worte schienen den jungen Mann eher zu bedrücken als aufzuheitern. »Das ist mehr, als ich jemals hatte. Pater, ich verstehe nicht, warum Ihr mir helft. Das, was Ihr für mich getan habt, muss Euch ein Vermögen gekostet haben! Wie soll ich das je wieder gutmachen?«
»Indem Ihr ein gottesfürchtiges Leben führt und Meister Ridgeway keine Schande macht!«, erwiderte Jeremy ernst. »Haltet Euch in Zukunft aus Schwierigkeiten heraus und fangt nicht gleich mit jedem Streit an. Die meisten landen aus eigener Schuld am Galgen. Und auch Ihr wart nicht völlig unschuldig an Eurem Unglück. Richter Trelawney hat Euch vor dem Strick gerettet, aber das nächste Mal könnte es anders ausgehen.«
Breandán stimmte ihm zu, wenn auch nicht mit der Inbrunst, die Jeremy sich gewünscht hätte. Es war etwas Rätselhaftes an dem jungen Mann, etwas Undurchschaubares, das der Priester nicht deuten konnte. Hinter seinem verschlossenen Gesicht gärte eine versteckte Wut, eine tiefe Bitterkeit, die ihm jegliche Lebensfreude nahm. Breandán war dem Wundarzt dankbar, dass er ihn so großzügig aufgenommen hatte, doch das Gefühl, in seiner Schuld zu stehen, schien ihn zu verunsichern und ihn noch unzugänglicher zu machen. Er ließ es nicht zu, dass man ihm zu nahe kam. Jeremy hatte im Newgate schon mehrmals versucht, ihn zur Beichte zu bewegen, um einen Einblick in seine Seele zu erhalten, doch bisher hatte der Ire dies abgelehnt. Seine letzte Beichte sei so lange her, dass es Stunden dauern würde, all die Sünden aufzuzählen, die er seitdem begangen habe. Jeremy sah ein, dass es besser war, Breandáns Weigerung zu akzeptieren und nicht weiter in ihn zu dringen. So beschränkte er sich die nächsten Tage darauf, die sich schließenden Wunden des Iren regelmäßig mit Salbe zu bestreichen und ihm einen Absud aus verschiedenen Kräutern zu trinken zu geben, damit er schneller wieder zu Kräften kam.
Erst als das dünne Narbengewebe, das sich auf Breandáns Rücken bildete, fest und unempfindlich genug geworden war, gestattete Jeremy ihm, aufzustehen.
»Ich habe Euch Kleider besorgt, die Euch passen müssten«, sagte er und reichte ihm nacheinander ein weißes Leinenhemd, eine braune Kniehose aus Barchent, weiße Strümpfe und schwarze Schuhe.
»Wie viele Jahre wart Ihr eigentlich beim französischen Heer?«, fragte Jeremy auf Französisch, um Breandán auf die Probe zu stellen.
Der junge Mann durchschaute das Manöver und antwortete in derselben Sprache: »Lange genug, um zu lernen, wie man mit einem Franzosen über die verschiedensten Dinge plaudert.«
»Und welche Erfahrungen habt Ihr auf der Iberischen Halbinsel gemacht?«, fuhr Jeremy ins Spanische wechselnd fort.
Breandán tat es ihm nach und erwiderte: »Es ist mir immer leicht gefallen, Sprachen zu lernen, Padre. Es machte mir Freude, zuzuhören und mir die fremden Worte einzuprägen.«
»Eure Sprachbegabung ist beeindruckend, mein Sohn. Sie verdient es, gefördert zu werden. Kommt mit.«
Jeremy winkte dem Iren, ihm zu folgen,
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