Die Richter des Königs (German Edition)
erkannte, der sich halbnackt über einer fülligen, dunkelhaarigen Frau auf und ab bewegte. Beide waren so tief in Ekstase versunken, dass Amoret das Zimmer hätte betreten können, ohne von ihnen bemerkt zu werden.
Sie beobachtete das Geschehen so fasziniert, dass sie erschrak, als Breandán hinter ihr die Stiege herunterkam. Mit fragender Miene öffnete er den Mund, um etwas zu sagen, doch Amoret huschte eilig auf ihn zu und legte ihm die Finger auf die Lippen. Es gehörte zu den ersten Lektionen des Hoflebens, Liebenden gegenüber Diskretion zu üben. Man redete über sie, aber man störte sie nicht.
Breandán hatte ganz instinktiv auf ihre Aufforderung reagiert und war sofort verstummt. Sein Blick wanderte von ihr zu der angelehnten Tür, als auch er die wollüstigen Laute vernahm. Eine Weile standen sie beide unbeweglich da und lauschten. Amorets Fingerspitzen lagen noch immer auf seinen Lippen, und ihr Körper war dem seinen so nah, dass sie seinen Herzschlag durch ihre Haut dringen spürte. Sie schloss die Augen, um das erregende Gefühl auszukosten, das in ihr erwachte und ihr Blut schneller durch die Adern strömen ließ. Als sie den Kopf hob, begegnete sie Breandáns Blick, der verwundert auf ihrem Gesicht ruhte. Sie lächelte ihm zu, um ihn zu einer vertraulichen Berührung zu ermuntern. Da verhärteten sich mit einem Mal seine Züge, und er wich mit einer brüsken Bewegung vor ihr zurück. In seinen Augen lag ein Ausdruck unterdrückter Wut, gepaart mit Bitterkeit, die sich Amoret nicht erklären konnte. Im nächsten Moment hatte Breandán sich abgewandt und hastete die Treppe hinunter. Die junge Frau blieb völlig verdutzt zurück.
Neunzehntes Kapitel
A h, Dr. Fauconer, tretet ein. Seine Lordschaft bittet Euch, einen Moment in seinem Studierzimmer zu warten, bis sein Besuch gegangen ist«, sagte die Magd, die Jeremy die Haustür öffnete. Nachdem sie ihm den Weg gewiesen hatte, fügte sie pflichteifrig hinzu: »Ich bringe Euch eine Karaffe Rheinwein, Sir, oder möchtet Ihr lieber Holunderschnaps?«
Jeremy entschied sich für den Wein. Während er wartete, sah er sich interessiert in Sir Orlandos Studierzimmer um. Die Vertäfelung aus dunkler Eiche ließ es zu dieser herbstlichen Jahreszeit, in der die Sonne schon früh unterging, besonders düster erscheinen. Ein geschnitzter Fries lief als Schmuckband unter der ebenfalls mit Holz verkleideten Decke entlang. In den durch die Vertäfelung vorgegebenen Feldern hingen Familienporträts in aufwendig verzierten Goldrahmen und eine Reihe von einfachen Stichen, darunter auch eine Darstellung des Märtyrerkönigs Charles’ I. Im Kamin prasselte ein munteres Feuer, das ein tanzendes Licht- und Schattenspiel über die dunklen Wände huschen ließ. Die brennenden Holzscheite ruhten auf mit mächtigen Kugeln gekrönten Feuerböcken aus Messing, die im Widerschein der Flammen wie Gold funkelten. Der Rauchfang war mit Schnitzereien verziert, darüber hing ein Porträt des Richters in roter Amtsrobe.
Bei ihrer Rückkehr entzündete die Magd die Wachskerzen der Wandleuchter, deren Messingschilder das Licht reflektierten und so die Leuchtkraft erhöhten. In diesem Moment erklangen Schritte auf der Treppe. Trelawney geleitete seinen Gast persönlich zur Tür.
»Ich erwarte Euch also morgen zum Mittagsmahl, Mr. Holland. Danach können wir uns noch einmal über die Mitgift unterhalten«, schloss Sir Orlando, bevor er ihn verabschiedete.
Sich zufrieden die Hände reibend, betrat der Richter daraufhin das Studierzimmer und begrüßte Jeremy mit einem Lächeln der Erleichterung.
»Ich nehme an, es ist Euch endlich gelungen, Eure Nichte unter die Haube zu bringen, Mylord«, bemerkte der Jesuit amüsiert.
Trelawney schnitt eine vielsagende Grimasse. »Zum Glück besteht Mr. Holland als Puritaner bei seiner zukünftigen Gattin weder auf Liebreiz noch auf Sanftmut. Ich bin sicher, er wird sie zur Räson bringen.«
»Und was meint Eure Nichte zu der Verbindung?«
»Ich habe sie nicht um ihre Meinung gefragt, denn sie hat es mir bei früheren Gelegenheiten auch nicht gedankt. Diesmal wird sie heiraten, ob sie will oder nicht.«
»Hat sie Euch gesagt, wo sie am Tag der Prozession war?«
Ein Anflug von Ärger huschte über Trelawneys Gesicht. »Nein, nicht einmal der Stock konnte sie zum Sprechen bringen. Ich weiß nicht, woher sie diese Sturheit hat. Von ihrer Mutter bestimmt nicht. Sie steht weiterhin unter Hausarrest, doch das wird ihre Gesinnung kaum
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