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Die Richter des Königs (German Edition)

Die Richter des Königs (German Edition)

Titel: Die Richter des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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hatte seine Frau verloren, aber wenigstens musste er das Unglück nicht allein durchstehen.

 Zwanzigstes Kapitel 
    D ie Tür zur Chirurgenstube wurde aufgestoßen, und zwei Gestalten wankten über die Schwelle. Alan registrierte sofort das Blut auf der Stirn des Mannes, erst dann erkannte er seine Begleiterin, die ihn mit sichtlicher Mühe stützte. Betroffen eilte er ihnen entgegen.
    »Mylady, was ist denn passiert?«, rief er, während er ihr den Verletzten abnahm.
    »Wir gingen nicht weit von hier an einem Haus entlang, da wurde mein Diener von einem Dachziegel getroffen«, berichtete Amoret. »Der starke Wind muss ihn wohl gelockert haben.«
    »Ja, dieses stürmische Wetter ist nicht nur unangenehm, sondern mitunter auch gefährlich. Aber Ihr seid hoffentlich unverletzt?« Alan warf ihr einen prüfenden Blick zu, nachdem er den Diener auf einem Stuhl abgesetzt hatte.
    »Mir ist nichts geschehen«, erwiderte Amoret. Sie beobachtete den Wundarzt, der sich anschickte, die Kopfwunde mit Wein zu säubern. Dies erwies sich als schwierig, da der Verletzte wie ein Betrunkener auf dem Stuhl hin und her schwankte. Plötzlich verdrehte er die Augen und sackte in sich zusammen.
    »Er ist ohnmächtig geworden. Wenn nur der Schädel nicht gebrochen ist!«, bemerkte Alan mit deutlicher Besorgnis.
    Inzwischen hatten sich Jeremy und der Geselle in der chirurgischen Offizin eingefunden. Mit vereinten Kräften hoben sie den Diener auf den Operationstisch.
    »Ist es schlimm?«, fragte Amoret.
    »Kann ich noch nicht sagen«, antwortete Alan vorsichtig. »Der Knochen scheint nicht verletzt zu sein. Wir müssen warten, bis er wieder zu sich kommt.«
    »Ihr könnt ihn Meister Ridgeway überlassen, Madam«, versicherte Jeremy.
    Amoret folgte ihm in den zweiten Stock. Wie gewöhnlich saß Breandán Mac Mathúna in der Kammer des Priesters am Tisch und lernte. Als der Ire sie eintreten sah, erhob er sich unaufgefordert und verließ den Raum. Amoret warf ihm einen versonnenen Blick nach. »Er macht gute Fortschritte, nicht wahr, Pater?«
    »O ja, und er ist erstaunlich fleißig. Bald wird er Englisch und Französisch fließend lesen und schreiben können.«
    Amoret betrachtete neugierig die seltsamen Buchstaben, die Breandán vor ihrer Ankunft zu Papier gebracht hatte. »Ist das Gälisch?«
    »Ja, ich habe mir das irische Alphabet von einem meiner Ordensbrüder beibringen lassen. Aber die Schreibweise der Wörter ist sehr schwer zu lernen.«
    Nachdem Jeremy ihre Beichte angehört und ihr die Absolution erteilt hatte, musterte er sie eine Weile schweigend. Amoret meinte, einen Ausdruck von Sorge in seinen grauen Augen zu erkennen.
    »Wie geht es Euch, Madam?«, fragte er schließlich.
    Sie begriff, dass er auf ihre Schwangerschaft anspielte, und zuckte gleichmütig mit den Schultern. »Morgens überkommt mich zuweilen Übelkeit, aber das geht schnell vorbei. Ansonsten fühle ich mich gut.«
    »Ich würde Euch gerne untersuchen, wenn Ihr erlaubt.«
    Überrascht sah sie ihn an. Es war nicht üblich, dass Männer sich mit Frauenheilkunde abgaben. Allein den Hebammen kam die Aufgabe zu, einer Schwangeren vor und nach der Niederkunft mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Doch sie bezweifelte nicht, dass Pater Blackshaw einen guten Grund für seine Bitte hatte.
    »Wenn Ihr es wünscht. Ihr wisst doch, dass ich Euch vertraue.«
    Ohne Zögern begann sie, die Verschnürungen ihres Mieders zu lösen. Jeremy forderte sie auf, sich bis aufs Hemd zu entkleiden, und untersuchte sie dann sorgfältig. Während Amoret die resoluten Bewegungen seiner Finger verfolgte, fragte sie sich, woher wohl diese plötzliche Sorge um ihr Wohlbefinden kam. Irgendetwas bedrückte ihn.
    Als er endlich zufrieden war, half er ihr wieder in ihr Kleid, zog die Schnürbänder aber so locker zusammen, dass sie protestierte.
    »Es ist nicht gut für das Kind, wenn Ihr Euch so fest schnürt!«, sagte er streng.
    »Was ist nur mit Euch, Pater? Ihr seht aus, als hättet Ihr etwas Schreckliches erlebt.«
    Er zögerte einen Moment, weil er fürchtete, erneut die Fassung zu verlieren, wenn er davon sprach. Doch dann nickte er und berichtete: »Vor ein paar Tagen musste ich mit ansehen, wie die Unwissenheit einer Hebamme einer Frau den Tod brachte. Mylady, bitte versprecht mir, dass Ihr mich oder Meister Ridgeway rufen lasst, wenn Eure Zeit kommt. Auch wenn man Anstoß daran nehmen wird, dass Euch ein Mann bei der Entbindung beisteht.«
    Seine Fürsorglichkeit rührte sie. »Ich

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