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Die Richter des Königs (German Edition)

Die Richter des Königs (German Edition)

Titel: Die Richter des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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Kurz darauf kehrte Malory mit dem Boten zurück. Es war Breandán, der dem Kammerdiener nur widerwillig und mit sichtlichem Unbehagen über die Schwelle folgte. Ohne den Richter anzusehen, grüßte er einsilbig und wandte sich sofort an Jeremy, der ihm erwartungsvoll entgegensah. »Meister Ridgeway ist auf dem Weg zu Mistress Blenkinsop und bittet Euch, so schnell wie möglich zu ihm zu stoßen. Die Hebamme hat ihn rufen lassen. Das Kind scheint gesund, aber mit der Mutter stimmt etwas nicht.«
    »Dann lasst uns keine Zeit verlieren«, sagte Jeremy und verabschiedete sich von Trelawney.
    Unterwegs bedachte Breandán den Jesuiten mit einem Blick, der Verwunderung und Neugierde verriet. »Ist es nicht gefährlich für Euch, so vertrauten Umgang mit einem Richter des Königs zu pflegen? Er könnte herausfinden, dass Ihr Priester seid.«
    »Er weiß es bereits.«
    »Fürchtet Ihr nicht, dass er Euch schaden könnte?«
    »Nein. Er ist zwar ein pflichtbewusster Mann, aber auch ein aufrichtiger Freund. Ihr wisst doch, dass die Gesetze in erster Linie zur Abschreckung geschaffen wurden und nicht, um buchstabengetreu befolgt zu werden, zumindest solange die Umstände dies zulassen.«
    »Und wenn die Umstände sich ändern?«
    »Dann wird sich zeigen, wie viel seine Freundschaft wert ist.«
    Vor dem Haus des Schusters Blenkinsop entließ Jeremy den Iren und schickte ihn zur Paternoster Row zurück. Es herrschte eine düstere Stille, die nur von den erstickten Schluchzern eines Mannes unterbrochen wurde. Beim Eintreten sah Jeremy den Schuster auf einem Schemel sitzen, das Gesicht hinter seinen tränennassen Händen verborgen. Ein kleines Mädchen von etwa acht Jahren stand stumm an seiner Seite und streichelte tröstend seine Schulter. Betroffen sah der Jesuit sich um, und da ihn niemand beachtete, erklomm er die Stiege ins Obergeschoss. An der Tür zur Schlafkammer traf er auf Alan.
    »Ich komme zu spät«, seufzte Jeremy. »Es tut mir Leid.«
    Doch sein Freund schüttelte energisch den Kopf. »Nein, macht Euch keine Vorwürfe! Ihr hättet ihr nicht mehr helfen können.«
    Zu beiden Seiten des Bettes saßen Frauen, Freundinnen und Verwandte der Mutter, die ihr bei der Geburt beigestanden hatten. Es herrschte eine unerträgliche Hitze, da alle Fenster geschlossen waren und ein starkes Feuer im Kamin brannte, wie es üblich war. Die Luft war stickig und roch nach Schweiß und Blut, so dass man kaum atmen konnte. In einer Ecke des Zimmers stand ein Gebärstuhl mit Armstützen und einem ausgeschnittenen Sitz. Er gehörte der Hebamme, die gerade das Kind in eine Holzwiege legte, nachdem sie es mit einem in Wein getauchten Schwamm gewaschen hatte.
    Die Mutter lag unter einer schweren Decke, ihr Gesicht war eingefallen und weiß wie Schnee, als sei kein einziger Tropfen Blut in ihrem Körper zurückgeblieben. Und so war es auch. Als Jeremy die Decke zurückschlug, sah er, dass sich eine breite Blutlache um die Tote ausgebreitet hatte. Der Jesuit wurde abwechselnd rot und blass, als Zorn und Entsetzen in ihm stritten. »Schickt die Frauen hinaus!«, befahl er Alan.
    Die Anwesenden gehorchten schweigend. Nur die Hebamme blieb zurück, um ihre Utensilien einzupacken.
    In einer Schüssel neben dem Bett befand sich die Nachgeburt. Ohne sich um das Blut zu kümmern, das ihm über Hände und Arme rann, untersuchte Jeremy zunächst die Plazenta und dann die tote Frau. Schließlich richtete er sich mit einem tiefen Seufzen auf, zu erschüttert, um ein Wort zu sprechen. Erst als die Hebamme neben ihn trat, um ihre Amulette und Tiegel einzusammeln, erwachte er aus seiner Betäubung. Mit einer brüsken Bewegung packte er ihren Arm und hielt ihre Hand ins Licht. »Dummes, übereifriges Weib!«, fuhr er sie an. »Anstatt der Natur ihren Lauf zu lassen, musstest du mit deinen schmutzigen Fingernägeln nachhelfen und die Plazenta mit Gewalt herauszerren! Deiner gottlosen Ungeduld wegen ist die arme Frau verblutet!«
    »Aber es ist so üblich, Sir«, verteidigte sich die Hebamme. »Hätte ich die Plazenta nicht geholt, hätte sie den Körper der Mutter vergiftet. Und ich muss noch zu einer anderen Kindbetterin.«
    »Die du ebenso misshandeln wirst, wenn das Kind nicht schnell genug kommt. Gott stehe ihr bei!«
    Alan klopfte seinem Freund begütigend auf die Schulter. »Kommt! Wir können hier nichts mehr tun.«
    Beim Verlassen des Hauses sahen sie, wie sich die Nachbarn des Schusters um den völlig verzweifelten Mann und seine Kinder bemühten. Er

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