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Die Riesen vom Hungerturm

Die Riesen vom Hungerturm

Titel: Die Riesen vom Hungerturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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zu den Vogelreitern geschickt?«
    »Das wird nicht mehr nötig sein«, rief da eine helle, Tarakon nur zu gut bekannte Stimme. Er fuhr herum.
    Dryhon stand im Eingang der Halle, von zwei Kriegern gestützt und übel zugerichtet. Sie brachten ihn zum König. Jene, die sich noch in der Halle befanden oder die Treppen säumten, verstummten augenblicklich.
    »Ich… konnte diesen Lumpen… entkommen«, brachte Dryhon hervor. »Ich konnte fliehen, bevor… sie ihr Lager erreichten. Malag… ist tot. Aber… Herr, was ist hier geschehen?«
    Angewidert wandte Tarakon sich ab und verließ die Halle, um seine hundert Krieger zu sammeln und zum Aufbruch zu rüsten.

5.
    Draußen dämmerte der neue Tag herauf, als Andraiuk mut- und kraftlos bei der Königin saß. Sabri lag auf ihrem zerwühlten Lager und schluchzte. Es gab nichts, womit er sie noch hätte trösten können. Selbst die Heiltränke der Magier zeigten kaum Wirkung bei ihr.
    Auf Andraiuks Wunsch hatten sie ihn mit seinem Weib alleingelassen. Andraiuk war hin und her gerissen zwischen widersprüchlichen Gefühlen. Sosehr es ihn quälte, daß er Sabris Schmerz nicht lindern konnte, sosehr quälte ihn auch das ungewisse Schicksal seines Kindes. Er fühlte sich von allen verlassen – von seinen Getreuen und von seinen Göttern. Der Gedanke daran, daß Lillil nun schon den Dämonen geopfert sein mochte, hingemordet von Menschen, die besessener in ihrem Wahn waren, als das Kind es je sein konnte, drohte ihn um den Verstand zu bringen.
    Zu allem Überfluß reute es ihn, wie er Tarakon behandelt hatte. Und immer wieder hörte er dessen Worte.
    Die Amme hatte sich von einem Söller gestürzt, als sie die Fragen der Magier nicht mehr ertragen konnte – oder etwas, das kein Trank aus ihr hatte herausbringen können. Andraiuk glaubte nicht mehr daran, daß sie die Kindesräuber freiwillig eingelassen hatte. Vielmehr stellte er sich nun immer häufiger die Frage, ob sie nicht das Opfer des Kindes geworden war. Er versuchte, diese Gedanken weit von sich zu weisen. Doch wer sonst als ein Geschöpf, dessen überweltliche Kräfte er selbst in Lillils Augen gesehen hatte, sollte ihr die Kraft gegeben haben, einen Dolch bis in Muracs Herz zu stoßen?
    Gewiß, es war eine Klinge, wie sie niemals in Ayland geschmiedet worden war. Doch schien ihm die zu den Vogelreitern weisende Spur als zu offensichtlich. Fast war es so, als sollte er glauben, Shadrons Männer seien in den Palast eingedrungen und hätten die schändliche Tat vollbracht.
    Woher sollten sie um die geheimen Wege wissen?
    Hinzu kam, daß Shadron selbst im Palast weilte. Der Inshaler war nur in Begleitung zweier unbewaffneter Krieger gekommen, um Andraiuk seine Bestürzung über die Entführung der beiden Magier zu versichern. Als Beweis dafür, daß die Vogelreiter, die dies hinter seinem Rücken getan und wider seinen Befehl, jegliche Feindseligkeiten zu unterlassen, ihre Strafe gefunden hatten, hatte er ihm ihre Köpfe gebracht.
    Was sollte er noch glauben?
    Wem konnte er noch Vertrauen schenken? Tarakon, dem er Abbitte leisten wollte, war im Zorn von ihm geschieden und befand sich auf dem Weg zur Düsterzone.
    War Dryhon eines solch unglaublichen Verrats fähig?
    Wenn nur Alamog endlich zurückkehrte oder zumindest ein Lebenszeichen schickte!
    Als wollten die schlechten Nachrichten nicht abreißen, war kurz nach Shadron ein Bote von Yavus eingetroffen und hatte berichtet, daß jener Luxon, der von den Verteidigern der Ewigen Stadt schon als neuer Shallad ausgerufen worden war, auf den auch Andraiuk seine stillen Hoffnungen gesetzt hatte, auf dem Richtplatz von Hadam sein Ende gefunden hatte. Vorher jedoch bekannte er sich des Betruges schuldig und bestätigte Hadamur als echten Shallad. Damit aber schien das Ende von Ayland als selbständigem Reich nun endgültig besiegelt. Der Bote hatte Yavus’ Rat überbracht, daß Andraiuk nun zum Wohle seines Volkes und Reiches die Bedingungen Shadrons annehmen sollte.
    Shadron selbst ließ Andraiuk wissen, daß er gleiche Nachricht aus Hadam erhalten hatte. Noch hielt er sich zurück. Der König aber glaubte zu wissen, daß er bald schon als neuer Herr auftreten und ihm seine Bedingungen für die Vermählung der Reiche stellen würde.
    Andraiuk legte den Kopf in die Hände. Sein ganzes Leben zog in diesen Momenten an seinem geistigen Auge vorbei. Wieder sah er sich als junger Herrscher, der viele Schlachten geschlagen und immer wieder die eroberungslüsternen Nachbarn

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