Die Riesin Arachna
Waschen eiskalt sein. Man würde kein Essen kochen und schon gar nicht die über Nacht ausgekühlten Gemächer heizen.
DIE KRIEGSERKLÄRUNG
Am nächsten Morgen erwachte Karena von einer Kälte, die sich sogar unter ihr dickes Federbett geschlichen hatte. Sie gähnte, streckte sich und stand fröstelnd auf. Ihre Tochter war nicht da, war nach einem Streit wieder einmal davongelaufen. Sollte sie, der Hunger würde das widerborstige Biest schon heimtreiben.
Nach alter Gewohnheit machte Karena ein paar Kniebeugen vor dem Bett, hüpfte ein paarmal auf und ab, um dann, ohne viel Federlesens, ins Badebecken zu springen. Es befand sich direkt im Schlafzimmer und war wunderbar zum Planschen geeignet. Der laute Knall, der ihrem Sprung folgte, hörte sich allerdings an, als sei ein großer Luftballon geplatzt. Karena war voller Wucht auf den Steinboden des Beckens geklatscht, in dem sich diesmal kein Wasser befand! Daß man es nicht gefüllt hatte, war noch nie passiert.
»Was habt ihr da gemacht, ihr elenden Wichte!« tobte sie. »Na wartet, ihr Halunken, das werdet ihr mir büßen! Wehe, wenn ich die Schuldigen erwische! Ich werde sie nicht nur in die Staubschlucht werfen lassen, ich werde…«
Sie erstickte fast vor Zorn, und ihr fiel nicht gleich ein, wie sie diese Taugenichtse noch bestrafen könnte.
»He, Wache!« rief sie schließlich und klatschte dreimal laut in die Hände. »Bringt sofort die Wassergießer zu mir, die für mein Bad zuständig sind. Ich will sie lehren, das Becken nicht zu füllen!«
Doch auch nachdem sie ihren Befehl dreimal wiederholt hatte, ließ sich niemand von den Dienern blicken. Nur das Echo hallte vielfach aus allen Ecken des ausgestorbenen Schlosses zurück.
»Sieh an«, grollte die Hexe, »diese Gauner machen heute anscheinend blau. Da reißen ja ganz neue Sitten ein.«
Karena sprang aus dem Becken und hastete, nur im Nachthemd, durchs ganze Schloß. Sie sauste von ihrem Schlafzimmer im obersten Stockwerk zum Speisesaal und von da bis hinunter in den Keller. »Tatsächlich«, murmelte sie, nun schon ziemlich verblüfft, »keine Zwergenseele!« Sie hatte sich im Laufe der Jahrhunderte total daran gewöhnt, daß man ihr beim Baden und Ankleiden half, ihr Essen und Trinken vorsetzte.
Dann rannte sie auf den Vorplatz, doch auch hier lag alles wie ausgestorben da. Weder Menschen noch Tiere weit und breit! Wie sich herausstellte, hatte der Schloßjäger Arkado sogar die Haustiere in die Steppe hinausgescheucht.
Das Küchenpersonal aber hatte sämtliche Lebensmittelvorräte in geheimen Gewölben versteckt, von denen Karena nicht die geringste Ahnung hatte. Der Zugang zu diesen Gewölben war so meisterhaft getarnt, daß ihn keiner entdeckte, es sei denn, er wüßte Bescheid.
Die Zwerge selbst, die im Schloß dienten, waren in ihre Siedlungen zurückgekehrt. Sie hatten ihre graue Kluft abgelegt und die Kleider ihres Stammes angezogen. Da die Riesin ihre winzigen Untergebenen sowieso nicht auseinanderhalten konnte, würde sie nie jemanden dort finden. Zumal die Taureker ehrliche und stolze Leute waren, die selbst unter Androhung der Todesstrafe keinen der Ihren verraten würden!
Karena überlegte kurz und kehrte dann entschlossen ins Schlafzimmer zurück. Sie ging zu ihrem Bett, vor dem ein hübscher Teppich lag. Es war ein Vorleger, der ihr auf angenehme Art die Füße wärmte, wenn sie
barfuß aus dem Bett stieg, der aber noch eine andere Eigenschaft besaß. Er vermochte sie über weite Entfernungen zu tragen, denn es war ihr Fliegender Teppich.
Die Hexe nahm in der Mitte Platz und befahl ihm, sie zur Siedlung an der Steinmühle zu bringen.
Schon von weitem war sie unangenehm von der ungewohnten Stille berührt, die hier herrschte. Weder das Dröhnen der Maschinen im Steinbruch war zu hören noch das Quietschen der Mühlräder.
Aber auch die Siedlung selbst wirkte wie ausgestorben. Sie lag still und verlassen da, nur über dem Haus des Ältesten Kastao wehte, laut flatternd, die große gelbe Fahne der Tau im Wind, die lediglich bei bedeutenden oder festlichen Anlässen gehißt wurde.
»Zur Wassermühle!« befahl Karena, und der Teppich schwenkte gehorsam zur zweiten Siedlung ab.
Dort erwartete sie das gleiche Bild: ein regloses Mühlrad, leere, ausgetrocknete Wasserrohre, und über dem Haus des Ältesten Antreno die blaue Fahne der Reker.
»Na wartet, meine Täubchen«, zischte die Hexe unheilvoll, »diese Bummelei wird euch teuer zu stehen kommen! Von nun an laß ich euch noch
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